Gefangene der Welten
dieser Welt jemanden geben konnte, der die Prophezeiung und die ganze Geschichte über die Auserwählte ebenso unglaubwürdig fand, wie sie es tat, weckte auf der Stelle ihr Interesse. Corin lachte leise. „Aber natürlich! Ich habe selten etwas Einfältigeres gehört.“
Leises Wiehern hinderte Sydney an einer Erwiderung. Sie traten auf eine Baumgruppe zu und Sydney entdeckte drei eher unscheinbar aussehende Pferde, die aufmerksam ihre Ohren in ihre Richtung drehten. „Madame, ich schlage vor, Ihr reitet mit mir, während Euer Freund sich mit Pete das zweite Pferd teilen kann.“ Er sah kurz zu Natalia.
„Natalia kann das dritte Pferd für sich nehmen.“
Wieder runzelte Sydney besorgt die Stirn. „Warum reite ich nicht mit ihr auf dem Pferd?“, fragte sie.
Corin sah sie an und umschlang ihre Hände; Bedauern spiegelte sich in seinem Blick. „Ich bedaure, Madame, doch dies ist nicht möglich.“ Er seufzte traurig. „Wahrlich! Dies muss eine außerordentlich unangenehme Situation für Euch sein! Ich fürchte, das bedauernswerte Geschöpf kann nur ein geringes Gewicht verkraften. Zwei Personen zugleich würden wohl den Rücken des schönen Tieres ruinieren.“
Ein zurückhaltendes Lächeln huschte über seine Züge. „Ich war mir sicher, Ihr würdet es verstehen, Madame.“
Seine Argumentation klang schlüssig. Sydney hatte keine Ahnung von Pferden. Sie wusste nicht, wie viel ein Pferderücken auszuhalten vermochte – oder wie viel gegebenenfalls nicht. Also nickte sie und akzeptierte diese Regelung, wenngleich es ihr zuwider war, mit diesem unangenehmen Mann auf einem Pferd sitzen zu müssen. Sie mochte ihn nicht. Auch wenn sie nicht sicher den Grund ihrer Abneigung benennen konnte. Vielleicht lag es an seiner aufdringlichen Nähe oder vielleicht war es auch die Art, wie er sie ansah. Es lag etwas in seinen Augen… Sydney schluckte.
Ein wenig bedauerte sie, dass sie sich darauf eingelassen hatte, doch nun war es zu spät. Ihr Blick glitt zu Natalia herüber – und verharrte eine Sekunde länger.
Natalia und Jack standen dicht beieinander. Sie unterhielten sich und ihre Köpfe waren einander zugeneigt. Ihre Hand lag vertrauensvoll auf seinem Arm und mit einem Mal erkannte Sydney, dass da mehr im Spiel war.
Natalia hatte Jack nicht wegen ihr befreit.
Sie hatte es für sich getan. Ärger kroch in Sydney hoch. Noch während sie die beiden betrachtete, hob Jack den Kopf und erwiderte ihren Blick. Las sie Überraschung in seinen Augen?
Sydney wandte sich ab. Gedankenverloren wartete sie darauf, dass die Pferde bereit waren. Es überraschte sie, dass es ihr längst nicht so viel ausmachte, Jack mit Natalia zu sehen, als sie es erwartet hätte.
Liebte sie ihn denn? Sie war verliebt gewesen, doch Liebe war das nicht. Es hätte Liebe entstehen können, überlegte sie weiter, aber ihre Entführung hatte jede Möglichkeit der gemeinsamen Weiterentwicklung zunichte gemacht.
Hatte die Entführung tatsächlich derart viel verändern können?
Sie dachte an Damian. Groß, stark und durch und durch männlich. Egal, wie sehr sie es drehte und wendete, Damian verursachte ihr die gleichen Schmetterlinge im Bauch, wie der Gedanke an Jack es einst tat. Innere Unruhe erfasste sie beim Gedanken an die Hochzeit mit der darauffolgenden Nacht. Sie hatte es genossen. Aber wäre dies auch der Fall gewesen, hätte sie nicht den Alkohol im Blut gehabt?
Der Kuss in der Bibliothek kam ihr in den Sinn.
Das war kein Kuss gewesen, mit dem man Macht demonstrierte. Es war spontan, unerwartet und bar jedes Drängens gewesen – und endlich verstand sie es.
Das Funkeln in Damians Augen, als das Sonnenlicht sich darin reflektierte, ließ ihr Herz schneller schlagen. Die Berührung seiner Hände versetzte ihren Körper in Aufruhr. Doch es waren sein Lächeln und der Klang seines Lachens, kombiniert damit, wie er sie ansah, die ihr den Atem raubten. Als er ihr die Geschichte über den Wandteppich in der großen Halle erzählt hatte, hatte sie derart lachen müssen, dass sie einen Moment lang glatt vergaß, dass er sie entführt hatte.
Überrascht angesichts der plötzlichen Erkenntnis, hielt Sydney sich eine Hand vor dem Mund. Sie fürchtete, einen Laut von sich zu geben, der den anderen ihr Gefühlschaos deutlich machen würde.
Mit einem Mal war ihr klar, was sie empfand – sowohl für Damian, als auch für Jack.
„Wir sind bereit, Madame.“, riss Corin sie aus ihren Gedanken.
Sie starrte ihn an; die Unruhe deutlich in
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