Geflüster auf Burg Schreckenstein
bringt man sie wieder zur Vernunft?“
„Hm.“ Stephan überlegte. „Wenn Bea sich was in den Kopf gesetzt hat…“ Er winkte ab. „Ich bin da immer stiften gegangen.“
„Ist ja singulär!“ jubelte Anke. „Drum hast du den Trick beim Turnier mir verraten!“
Sonja schaute nachdenklich drein. „Ich hab’ mit Ingrid gesprochen. Sie meint, wenn Bea sich etwas in den Kopf gesetzt hat, hilft nur ein Schock, damit sie wieder aufwacht. Am besten was Gruseliges. Das ist ihr absolutes Negativ-Hobby.“
„Stimmt“, bestätigte Stephan. „Da kriegt sie Gänsehaut wie Schmirgelpapier. Komischerweise. Im Grund ist sie ja keine unfaire… Giftspritze.“
„Wie ihr sie zur Vernunft bringt, ist eure Sache“, stellte Ottokar klar. „Hauptsache, es geschieht bald. Bei uns hat sie schon genug Wirbel gemacht.“
Sein Freund stimmte ihm zu. „Diese Beinah-Streiche, die dann keine sind. Das bringt Unruhe. Unser Neuer bekommt ja einen völlig falschen Eindruck, wo er doch immer in der Schulchronik nachliest, wie wir sind…“
„Wie ist er denn überhaupt, euer Florian?“ interessierte sich Sonja.
„Der? Der wird mal ein Musterritter“, lobte Ottokar.
Doktor Waldmann nickte bestätigend. „Der geborene Schreckensteiner.“
Anke lächelte. „Bei uns steht er auch hoch im Kurs. Als der Charmeknabe schlechthin.“
„Kunststück“, platzte Stephan heraus, „wenn er mit dem Fahrrad angeigt wie ein Minnesänger.“
Doktor Waldmann hob die Brauen. „Interessant! Dann gab es im zwölften Jahrhundert schon Fahrräder.“
Es hätte dem verunsicherten Florian gutgetan, wenn er gehört hätte, wie führende Ritter über ihn sprachen, wie leicht sie seinen Fahrradtransport nahmen. Ohne Raubritterfrisur kam er von Wampoldsreute zurück und hatte, nach dem Besuch bei Friseurmeister Bächle, beim Uhrmacher den Anhänger begutachten lassen. Er war aus echtem Gold.
Zum Tee kam Florian rechtzeitig. Ritter bemerkten seinen neuen Haarschnitt, sagten aber nichts. Auch Witzbold Klaus schwieg sich aus. Er saß mit Andi und Dampfwalze zusammen auf gut einem Dutzend Stühle.
„Du, Flori“, rief Andi ihm entgegen. „Wenn sich deine Trompete auch so langweilt wie meine, könnten wir heute abend ein paar lauwarme Kadenzen ablassen.“
„Einverstandenst!“ Florian nickte und setzte sich zu ihnen auf einen Stuhl, bei dem nur der untere Quersteg besetzt war. Von Dampfwalzes Fuß.
Vielleicht war das falsch. Aber man sucht ja instinktiv die Nähe dessen, der einen am meisten ablehnt. Man will Kontakt aufnehmen, ihn umstimmen. Auch wenn andere dabeisitzen oder grade dann, in freundlicher Verpackung sozusagen. Florian wollte die Spannung aus der Welt schaffen, so schnell wie möglich.
Die drei redeten über neueste Errungenschaften der Technik. Andi kannte sich erstaunlich gut aus, Klaus veralberte alles, und Dampfwalze hatte die Entwicklung längst kommen gesehen.
Immer wenn der Muskelprotz sprach, sah Florian ihn ruhig und offen an. Das führte schließlich zu der barschen Frage: „Trinkst du keinen Tee?“
„Doch.“
„Dann würde ich mir an deiner Stelle einen holen.“
„Stimmt. Soll ich dir auch noch einen Becher mitbringen? Ich hab’ sowieso was mit dir zu reden.“
Mürrisch schüttelte der Muskelprotz den Kopf. Abneigung und Neugier rangen in ihm, was sich in gequältem Karpfenblick äußerte. Schließlich stand er auf und ging wortlos weg. Doch dann kam er wieder, mit zwei Bechern Tee, und murmelte, offenbar völlig sicher, daß das, was sie zu bereden hätten, für fremde Ohren nicht geeignet sei: „Setzen wir uns da rüber!“
Daß es sich um etwas Ernstes handelte, war deutlich zu sehen: Jeder brauchte nur einen Stuhl.
Florian erinnerte sich an einen Satz, den sein Vater einmal bei Tisch zu einem Freund gesagt hatte: „Wenn du das Gefühl hast, daß dich jemand nicht mag, frag ihn um Rat!“
„Dampfwalze“, begann er, „ich möchte dich was fragen. Ich kenne mich hier noch nicht so aus, aber für mich war das Extrablatt so was wie eine Warnung. Da ist etwas nicht in Ordnung, und es hat mit Beatrix zu tun. Sehe ich das richtig?“
Der Muskelprotz zog nur seine Schultern hoch.
„Na ja, ich weiß nicht“, fuhr Florian fort, „ich habe nur das Gefühl, sie will uns irgendwie zu Gegnern machen. Nicht nur, daß sie sich hintereinander mit uns trifft — dich pumpt sie auch noch an, und mir drängt sie einen Anhänger auf!“
Mit undurchdringlichem Blick schwieg Dampfwalze weiter.
Florian zog den Anhänger aus der
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