Gefuehlschaos inklusive
gedacht, dass dieser Langweiler noch mal eine abkriegt. Man sollte diese Frau vor ihm warnen.“
Ich schnaube laut trompetend in ein Taschentuch. Um mich herum türmen sich die weißen Papierknäuel.
„Ich fühle mich hintergangen und betrogen. Das ist alles so gemein“, quake ich verheult. „Ich hasse ihn und wünsche ihm die Pest an den Hals.“
„So ist es fein, lass deinen ganzen Frust mal raus. Jetzt wird dir hoffentlich klar, was für ein Kuckucksei da in deinem Nest lag.“
„Ja, zum Kuckuck mit ihm!“
Mit einem unguten Gefühl sitze ich am nächsten Morgen wieder brav um acht Uhr im Büro. Herr Ruhland ist noch nicht da, aber ich erwarte ihn jeden Augenblick. Meine Konzentration lässt mal wieder zu wünschen übrig, denn meine Gedanken schweifen ständig ab. Schwungvoll wird meine Bürotür aufgestoßen und Herr Ruhland kommt gut gelaunt zu mir an den Schreibtisch.
„Guten Morgen, Frau Sander. Was macht Ihr Kopf?“
Der dröhnt ununterbrochen vor sich hin.
„Danke, alles okay“, antworte ich knapp.
„Und wie verlief Ihre kleine Reisebesprechung? Haben Sie alles organisiert?“
Das habe ich ja vollkommen vergessen! Nachdem ich Ullrich in der Einkaufsstraße mit dieser anderen Frau zusammen gesehen habe, bin auf der Stelle nach Hause gefahren, um mich bei Sandra auszuweinen.
„Frau Sander? Sind Sie noch auf der Erde?“
Ich zucke zusammen.
„Was haben Sie gerade gefragt?“
Verwundert kneift er seine Augen zusammen.
„Sie hatten diese Nacht wohl zu wenig Schlaf“, stellt er richtig fest.
„Ja, etwas. Aber das geht schon.“
Natürlich geht es nicht, aber das muss ich ihm ja nicht auf die Nase binden. Offenbar durchschaut er mich auch so viel zu gut.
„Schön. Ich wollte Sie nämlich darum bitten, mir heute Abend beim Essen Gesellschaft zu leisten. Lässt es Ihr Terminkalender zu?“
Die Spitze meines Bleistifts, die ich so krampfhaft auf den Notizblock drücke, bricht plötzlich ab. Wie in Trance greife ich nach dem Anspitzer und drehe den Bleistift langsam herum, während ich Herrn Ruhland in die Augen blicke.
„Gern, Herr Ruhland“, höre ich mich antworten und bin mir nicht sicher, weshalb. Eigentlich hatte ich mir fest vorgenommen, in meinem Chef nur einen Chef zu sehen, aber das gelingt mir unter diesen Umständen nicht so recht. Möglicherweise wäre es mir gelungen, wenn er nicht schon wieder eine Essenseinladung ausgesprochen hätte, aber so … Was soll ich machen? Ich kann ja schlecht ablehnen. Ich meine, wie sieht das aus? „Allerdings habe ich zuvor noch etwas Dringendes zu erledigen. Darum würde ich Sie darum bitten, schon um sechzehn Uhr gehen zu dürfen.“
Kritisch beäugt er mich.
„Also gut. Auch wenn ich Sie nur ungern entbehre. Ich sehe Sie dann heute Abend um zwanzig Uhr.“
Als er mein Büro verlässt, falle ich in meinem Stuhl zurück. Wow, was für ein Morgen!
Rache ist honigsüß
Pünktlich um sechzehn Uhr breche ich auf. Ich plane, unangemeldet bei Ullrich vorbeizufahren, unter dem Vorwand, mir noch ein paar Sachen holen zu wollen. Ich hoffe auf mehr Beweise, die Ullrichs Untreue aufdecken könnten. Am liebsten hätte ich ihn in Flagranti erwischt, um einen Grund zu haben, ihm das scheußliche Geschirr an den Kopf zu werfen, das seine Mutter uns schenkte. Noch lieber aber würde ich ihn zwingen, sein hässliches Lieblingsteekännchen vor meinen Augen zu zerscheppern und ihn fesseln, knebeln und auf der Streckbank verlängern oder ihn mit nackten Füßen über glühende Kohlen gehen lassen.
Ullrich ist nicht da, als ich die Wohnung betrete. Neugierig sehe ich mich um. Der Ring, den ich am Tag meines Auszuges auf die kleine Anrichte neben der Tür gelegt habe, ist verschwunden. Ullrich muss ihn wieder an sich genommen haben. In der Küche stehen benutzte Pfannen und Töpfe und zwei Weingläser. Offensichtlich hat er für seine Angebetete gekocht. In meiner Wohnung! Was erlaubt er sich! Kaum hat er mich vor die Tür gesetzt, schleppt er seine neue Flamme mit hierher. Wie pietätlos. Wutschnaubend packe ich alle Sachen zusammen, die ich tragen kann, unter anderem ein paar Dinge, die eigentlich Ullrich gehören. Ein Queue, das ich ihm zu seinem letzten Geburtstag geschenkt habe, und seine Lieblings-CD, ebenfalls ein Geschenk von mir, wandern in meine Tasche. Darauf hast du jetzt kein Anrecht mehr! Ich gehe zum Vitrinenschrank, in dem das hässliche Teekännchen steht, das Ullrich wie einen Schatz hütet. Andächtig nehme ich es
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