Gefuehlschaos inklusive
Sternenkonstellationen oder einzelne Sterne erklärte.
„Schau mal, da ist Sirius ... ganz im Süden, siehst du ... da hinten, sieh doch mal hin. Er ist der Hauptstern im Sternbild „Großer Hund“ und gleichzeitig der hellste Stern, der von der Erde aus beobachtet werden kann. Er ist nur 8,7 Lichtjahre von uns entfernt. Toll nicht? Und siehst du dieses Sternbild da? − Da ... das ist der Orion. So leicht rechts von Sirius, etwas höher, der mit den drei gleich hellen Gürtelsternen in der Mitte. Hast du’s entdeckt? Kannst du’s sehen?“
„Ja, ja, sehr interessant. Komm etwas schneller, mir ist kalt, ich möchte zurück.“
Ich weiß nicht mehr genau, wann ich es endgültig aufgab, aber es dauerte eine Weile, bis ich einsah, dass ihn die Himmelskunde nicht wirklich interessierte.
Trennt er sich etwa deshalb von mir?
Ich schlüpfe in meine Puschen, gehe ins Bad und beäuge argwöhnisch mein tränenverschmiertes Gesicht. Wie hässlich man mit einem verheulten Gesicht doch aussieht. Ich bin erst zweiunddreißig und fühle mich, als stünde ich kurz vor der Rente. Vielleicht bin ich ihm nicht mehr hübsch genug. Zwei Kilo habe ich zugelegt. Eines in jedem Jahr. Ich bin zu dick. Und meine Haare! Braune, strähnige Spaghettis bis zu den Hüften. Schon mein ganzes Leben trage ich meine Haare lang. Niemals wäre ich auf die Idee gekommen, mir eine andere Frisur zuzulegen. Ich hätte mich auch von mir getrennt, wenn ich mit mir zusammen gewesen wäre. Ja, ich kann Ullrich sogar verstehen.
Wieder kullern ein paar Tränen hinab. Aber abgesehen von der kleinen Tatsache, dass ich um den Kopf immer gleich aussehe, bin ich doch ganz ansehnlich. Na ja, die Männer liegen mir nicht unbedingt reihenweise zu Füßen, aber den einen oder anderen bewundernden Blick schnappe ich mitunter im Vorbeigehen auf.
Ullrich mochte es nicht, wenn andere Männer mit mir flirteten. Nicht, weil er eifersüchtig gewesen wäre. Er sah nur immerzu in mir eine drohende Konkurrenz. Er glaubte, neben mir seinen Glanz zu verlieren.
Nicht, dass er mir das so direkt gesagt hätte, aber als Frau spürt man solche Dinge. Wir Frauen haben dieses gewisse Fingerspitzengefühl, Einfühlungsvermögen, den sechsten Sinn. All diese guten Eigenschaften, die den meisten Männern fehlen.
Somit entging mir nicht, dass er immer diesen übersteigerten Drang hatte, in allem besser zu sein als ich. Anfänglich bemerkte ich das gar nicht. Wenn ich ihn mit einem üppigen 3-Gänge-Menü verwöhnte, einfach nur, um ihm eine Freude zu bereiten, kredenzte er mir am nächsten Tag ein 4-Gänge-Menü, das meines in Aufwand und Umfang bei Weitem übertraf.
Ich müsste lange überlegen, bis mir ein Kompliment einfallen würde, das mir Ullrich ohne vorherige Androhung der Todesstrafe freiwillig gemacht hätte. Daher liebe ich diese bewundernden Blicke anderer Männer. Sie sind eine Art Ersatz für den fehlenden Zuspruch.
Wenn wir irgendwo gemeinsam auftauchten, übertrug sich nach einiger Zeit die Aufmerksamkeit der Anwesenden unvermeidlich auf mich. Denn Ullrich saß wie eine Schlaftablette neben mir und übergab mir gleichgültig das Wort, was zur Folge hatte, dass ihn am Ende kein Mensch mehr bemerkte. Meist neigte er dann zu übertriebenen Gähnattacken und trommelte ununterbrochen mit den Fingern auf dem Tisch herum. Da seine bockigen Gesten zusehends meine Nerven strapazierten, gab ich, früher als mir lieb war, das Signal zum Aufbruch. Er konnte einem alles vermiesen. Wieso hab ich mich eigentlich nicht vom ihm getrennt? Das hätte ich wenigstens verstehen können.
Ich arbeite in einem Versicherungsunternehmen als Chef-Assistentin. Kurz nachdem wir uns kennengelernt hatten, wurde mir in meiner Firma dieser Posten angeboten. Ullrich war mit einer Sachbearbeiterin als Freundin zufrieden. Er gehört zu dieser Gattung Mann, die mit der Emanzipation der Frau nicht viel anfangen kann. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte ich meinen Beruf an den Nagel gehängt und wäre seine ganz persönliche, billige Haushälterin geworden. Stattdessen wurde ich zur Chefsekretärin ernannt. Stolz erzählte ich Ullrich von meinem kaum zu fassenden Glück. Seine Antwort kam zögerlich und unwirsch. „Schön. Aber du warst doch mit deinem Sachbearbeiterposten zufrieden. Muss das denn sein?“
„Stell dir vor, ich werde bald viel mehr Geld verdienen als bisher. Ich muss natürlich mehr arbeiten, das ist schon klar, aber es ist eine große Chance für mich. Ist das nicht
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