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Gefürchtet

Titel: Gefürchtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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und eine Seekapitänsmütze mit goldener Borte, obwohl sie sich über tausend Kilometer weit im Landesinneren befanden. Er war ein gedrungener Sambier mit einem Lächeln so groß wie ein Straußenei.
    Er winkte Lesniak zu. »Bitte kommen Sie an Bord.«
    Er hatte einen starken Tonga-Akzent. Seine Herzlichkeit wirkte echt. Auf sei nem Namensschild stand WALLY. Anscheinend konnte er Lesniaks Nervosität spüren. Chuck war der einzige Passagier bei dieser Fahrt auf dem Sambesi. Er hatte für einen Privatausflug zur Cocktailstunde bezahlt.
    »Nur zu. Das Boot ist wirklich solide gebaut. Ich zei ge es Ihnen. Der Motor hat dreihundertfünfzig PS und stammt von Chevrolet.«
    Captain Wally deutete Lesniaks Nervosität falsch, aber das war ihm ganz recht. Er nickte. »Made in USA. Klingt beruhigend.«

    Er ging an Bord. Das Deck schaukelte unter ihm, und das Fernglas schwang an dem Riemen um seinen Hals hin und her. Das auffrisierte Rennboot wurde Jetboot genannt, um die Touristen davon zu überzeugen, dass sie neben den gekühlten Getränken auch noch ein Extremsporterlebnis bekamen. Er tastete nach seiner Hosentasche, um sich zu vergewissern, dass das Fläschchen sicher verstaut war. Mehr an Flaschen brauchte er heute Abend nicht. Wieder fegte der Wind durchs Gras. Bald ist es so weit.
    Der erste Offizier machte die Lei nen los. Captain Wally warf den Motor an, der donnernd erwachte und Abgase ausspuckte. Er drückte den Gashebel und legte mühelos ab. Hinter dem Boot schäumte weißes Wasser.
    Der Kapitän hob sei ne Stimme über das Gurgeln des Motors. »Bitte setzen Sie sich doch in den Bug, dort ist es kühler. Und nehmen Sie sich was zu trinken.«
    Lesniak schob sich zur Spitze des Bootes und griff sich ein Bier aus der Kühlbox. Ein Bier konnte nicht schaden. War vielleicht sogar gut für die Nerven. Letzte Chance auf einen Volltrefer.
    Er musste Ruhe bewahren. Wenn er das hier hinkriegte, hatte er ausgesorgt. Dann konnte er nach Kalifornien abhauen. Von Südafrika hatte er die Schnau ze voll. Er war nur wegen der Firma nach Johannesburg gezogen, und jetzt war sein Job beim Teufel. Er schnaubte. Von wegen Job. Das war keine A rbeit, sondern e in A benteuer m it Malaria-Garantie. Auf Chira-Sayf und die ganzen leuchtenden Versprechungen konnte er pfeifen. Er hatte sich nie an Südafrika gewöhnen können, auch wenn Jo’burg aussah wie Dallas, alle Leute irgendwie Englisch redeten und er einen Porsche fuhr und ein Haus mit Dienstmädchen, Koch, Wachhunden und Überwachungskameras
auf den stacheldrahtgeschützten Mauern um seinen üppigen Garten hatte. Natürlich, er hatte gut verdient, einen Haufen Kohle im Vergleich zu dem, was ein Werkstofftechniker in den USA bekam. Bis der Chef den Stecker zog.
    Das Boot beschleunigte in der dunstigen Luft. Über dem Wasser hing fett und rot die Sonne. Lesniak öffnete sein Castle Lager, legte den Kopf zurück und trank.
    Das Bier war eiskalt. Ja, das hatte er sich verdient. Diese Erfrischung, diesen Deal. Die Flasche in seiner Tasche fühlte sich warm an.
    Warum hatte der Chef das Projekt eingestellt? Darauf gab es nur eine sinnvolle Antwort: Er wollte sich damit eine goldene Nase verdienen. Scheiß auf die Angestellten, die dafür geschuftet hatten. Die konnte man rausschmeißen. Und die fetten Bonzen schoben die Kohle ein.
    Genau, Alec Shepard hatte sich das Produkt und die Technologie unter den Nagel gerissen, um sie an irgendjemanden zu verhökern. So lief das eben bei den Reichen.
    Der Fluss war riesig - gewunden, angeschwollen, fast einen Kilometer breit. Jetzt, während die Sonne immer tiefer sank, wirkte das Wasser fast violett. Er blickte auf die Uhr. Zehn Minuten bis zum Treffen.
    Er war erst seit ei nem knappen Tag hier, nachdem er von Jo’burg nach Lusaka geflogen und von dort mit dem Bus ins Touristenzentrum Livingstone gefahren war. Die Nacht hatte er in ei ner Fünfsternelodge am Fluss verbracht, ohne die a ngebotenen F reizeitaktivitäten zu beachten: Safaris, a f-rikanische Tanzdarbietungen, Wildwasserrafting unter den Victoriafällen. Er hatte nur in seinem klimatisierten Zimmer gesessen und sich auf dem Sportsender ESPN das Basketballspiel zwischen Kentucky und UCLA angeguckt. Bei geschlossenen
Jalousien. Selbst fünfzehntausend Kilometer von Kalifornien entfernt, mitten im südlichen Afrika, konnte er die Paranoia nicht ablegen.
    Wenn man bei einem Deal den Vermittler ausbooten will, hat man am besten Augen im Hinterkopf.
    Seine Kontaktleute hatten diesen Ort

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