Gegen Vaters Willen
sie an die Nacht mit Ryan dachte. Mehr als einmal stellte sie ihre Entscheidung in Frage und war nicht sicher, ob es ihrer Freundschaft gut tun würde, wenn sie wirklich Sex haben würden. Doch wenn sie dann Ryan sah, möglichst noch fröhlich und ausgelassen, so wie er es fast immer war, wenn Leon in seiner Nähe war, wusste sie, dass er der Richtige war, dass sie für ihr erstes Mal nur ihn wollte. Leon schien einen positiven Einfluss auf Ryan zu haben. Er war nicht mehr so verschlossen wie all die letzten Jahre, was sicher auch daran lag, dass er total verknallt war. Und noch etwas anderes war ihr aufgefallen, womit Leon nichts zu tun hatte. Ryan kämpfte gegen seinen Vater, wo er nur konnte. Dass sie dabei oft handgreiflich wurden, war eine Sache. Doch Jonathan McCoy spürte wohl, dass Ryan sich mehr und mehr gegen ihn auflehnte. In all den letzten Jahren hatte Ryan die Abende zu Haus verbracht, aus Angst vor seinem Vater. Doch so war es jetzt nicht mehr. Er kam freitags mit ins Delaware , schmuggelte Leon in sein Zimmer und traf sich mit seinen Freunden auf den Koppeln. Michelle wusste, was das für Ryan bedeutete. Er hatte Angst. Noch immer fürchtete er sich vor seinem Vater, doch die Wut, dich sich im Laufe seines gesamten Lebens aufgestaut hatte, verlieh ihm ein immenses Selbstbewusstsein. Es war ihm jetzt egal, wenn sein Vater ihn schlug, solange er die Gelegenheit bekam, es ihm zurück zu zahlen. Leon und Michelle waren davon nicht begeistert. Sie hätten es lieber gesehen, wenn sich Ryan mit Worten verteidigen würde, anstatt sich auf die Ebene seines Vaters zu begeben, doch vermutlich hatte er keine Chance dazu.
Der Februar neigte sich dem Ende zu. Das Wetter blieb unbeständig warm, gewittrig und nass. Am Freitag des letzten Februarwochenendes saßen die drei in der Cafeteria und Michelle war ungewöhnlich still, während sich Leon und Ryan über die Informatikstunde unterhielten, die hinter ihnen lag.
„Alles okay, Mic?”, fragte Leon das Mädchen über den Tisch hinweg und legte eine Hand auf ihre.
Sie nickte nur.
Ryan betrachtete sie jetzt ebenfalls etwas genauer. „Du bist nervös, nicht wahr?”
„Nervös ist gar kein Ausdruck”, gab sie etwas kleinlaut zu. „Ich hab eine Scheiß-Angst!”
Die Jungen lächelten leicht.
„Musst du nicht haben. Ich kann dir versprechen, Ryan ist sehr zärtlich und sanft. Ich weiß es!”, flüsterte Leon ihr zu.
Michelle konnte sich ein kleines Lachen nicht verkneifen, während Ryan tatsächlich rot anlief.
„Na, wenn du das sagst! Aber ich weiß, dass es wehtun wird.” Sie drehte aufgewühlt ihre Kaffeetasse in den Händen.
Ryan sah ihr offen und ehrlich in die Augen. „Ja, das wird es vermutlich. Aber ich kann dich beruhigen, Mic. Ich bin auch nervös. Immerhin geht es zum einen um dich und zum anderen … naja, ich hatte noch nie … ähm …”
„Was? Eine Jungfrau im Bett?”, fragte Michelle leise.
Ryan nickte. „Was glaubst du, was in mir vorgeht? Ich habe mir schon zu Kindergartenzeiten geschworen, dir niemals wehzutun, und jetzt treffen wir uns, und ich weiß, ich werde dir wehtun müssen, damit es funktioniert!” Seine Stimme war ungewöhnlich leise und auch er fing jetzt an, nervös mit seiner Wasserflasche zu spielen.
Leon sah zwischen seinen Freunden hin und her. „Ihr geht das komplett falsch an. Mann, ihr trefft euch doch nicht nur, um zu … um zu vögeln!”, raunte Leon den beiden zu. Unbewusst rutschten sie immer dichter zusammen. „Ihr solltet etwas lockerer werden. Schaut euch einen Film an, trinkt eine Flasche Wein, entspannt euch und kuschelt. Der Rest kommt von allein.”
„Das kann nur jemand sagen, der nicht in dieser Situation ist”, knurrte Ryan.
„Wenn ihr euch verkrampft und stresst, wird das nichts. Dann wird es ein reines Desaster, das verspreche ich euch.” Leon stand auf, packte seine Wasserflasche in den Rucksack und nickte noch einmal zur Bestätigung. „Vertraut mir!” Damit stand er auf und lief Richtung Ausgang.
Ryan und Michelle sahen sich kurz an und folgten ihm dann schnell.
„Hey, warte mal! Das klingt, als hättest du so was auch schon getan”, sagte Michelle, nachdem sie ihn eingeholt hatten.
„Habe ich auch. Ryan, erinnerst du dich an Charleen?”
Ryan überlegte kurz, dann nickte er.
„Wir waren nicht so sehr befreundet wie ihr, was eure Nervosität noch zusätzlich steigert, aber der Rest … ja, das trifft es fast auf den Punkt!”
„Und wie ... wie war es? Also für
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