Gegen Vaters Willen
sich.
„Also, Ryan, was ist wirklich passiert?”, fragte Dr. Blake.
Ryan musterte ihn prüfend. „Ich … ich weiß nicht, was Sie meinen. Leon hat doch alles erzählt, oder?”
„Ja, das hat er. Woher kommt die Verletzung in Ihrem Gesicht?”
„Ist nicht so wichtig. Vielleicht bin ich gehen eine Wurzel gestoßen.”
„Sie vergessen, dass ich Arzt bin. Ich denke nicht, dass es von einer Wurzel kommt. Wer hat Sie geschlagen? Haben Sie sich geprügelt? Ist die Verletzung daher?”
Ryan atmete tief durch und stand auf.
„Danke, aber ich denke, ich komme klar.” Er wollte gerade nach seiner Hose greifen, als der Arzt seine Hand drauf legte und seinen Patienten aufforderte, sich wieder zu setzen.
Der schaute Leons Vater unschlüssig an, gehorchte aber und sah zu, wie der Doktor den Verband abwickelte.
Erschrocken starrte er auf die Wunde. Verkrustetes Blut und jede Menge Schmutz hatten für eine ordentliche Entzündung gesorgt. Doch was ihn mehr erschreckte, war der dunkelrote Streifen, der von der Wunde an seinem Bein hinaufführte. Den hatte er am Morgen nicht bemerkt.
„Na, das sieht ja nicht so prickelnd aus, was?”, murmelte Dr. Blake. „Also, eigentlich hätte es genäht werden müssen, doch dafür ist es nun zu spät. Ich werde es jetzt erstmal gründlich reinigen. Das wird mit Sicherheit wehtun”, warnte er den jungen Mann vor.
Ryan starrte ihn unruhig an und war drauf und dran, wieder aufzuspringen. Mit zitternden Händen griff er nach seiner Jeans.
„Warten Sie. Ryan, haben Sie Angst?” Dr. Blake musterte ihn prüfend, sah die Scheißtropfen, die sich auf der Stirn seines Patienten gebildet hatten.
„Was? Angst? Nein ... ich … also, ich denke nicht …”
„Okay, Sie haben Angst. Da können Sie sich mit meinem Sohn zusammen tun, der ist auch nicht unbedingt der Meister im Schmerzen aushalten. Bleiben Sie sitzen.” Dr. Blake trat auf seinen Schreibtisch zu und betätigte eine Taste der Gegensprechanlage. „Jonie, schicken Sie bitte Leon zu mir rein”, bat er die Krankenschwester.
Nur wenige Sekunden später ging die Tür auf. „Was ist los?”, fragte Leon.
Sein Vater erklärte, dass er die Wunde reinigen müsse und befürchte, dass Ryan ihm von der Liege springen würde, wenn ihm niemand Mut zusprechen würde.
„Vielleicht lässt du dir einfach kurz von ihm die Hand zerquetschen.”
Leon hob die Augenbrauen und grinste. „Klar, warum nicht? Wer braucht schon Hände?” Er stellte sich ans Kopfende. „Na los, gib mir deine Hand. Es ist leichter, wenn du etwas hast, was du zerquetschen kannst”, behauptete er todernst.
Ryan runzelte die Stirn und nickte dann mit panischem Gesichtsausdruck. Er legte sich hin und schloss die Augen.
„Dad, was ist das für ein roter Strich?”
„Das sind die Lymphbahnen, die sich entzündet haben.”
„Also eine Blutvergiftung?”, presste Ryan nervös hervor.
„Nein, soweit ist es noch nicht. Es ist eine Lymphangitis. Wären Sie nicht hergekommen, hätte es allerdings zu einer Blutvergiftung kommen können. Aber das hier ist auch schon ernst genug. Legen Sie sich zurück und versuchen Sie, sich zu entspannen.”
Leon griff nach Ryans Händen und lächelte ihn an. „Hast es gleich geschafft!”
Dr. Blake goss Desinfektionslösung in eine Nierenschale, tränkte eine weiße Mullkompresse damit und begann, die tiefe Schnittverletzung gewissenhaft zu säubern.
Ryan stöhnte leise auf, denn ihm kam es vor, als würde der Arzt mit einer Fackel sein Bein in Flammen setzen. „Scheiße …”, flüsterte er immer wieder.
Beide Jungen bissen die Zähne zusammen, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Ryan hielt sogar den Atem an.
„Ganz ruhig, Ryan. Sie zittern. Es ist gleich vorbei”, redete Dr. Blake während der Behandlung beruhigend auf seinen Patienten ein.
Ryan versuchte, sich zu entspannen und öffnete die Augen. Was er sah, ließ ihm erneut den Atem stocken. Leon sah ihn mit seinen blauen Augen beruhigend an.
„Gleich vorbei”, sagte der leise.
„Oh Mann, ich hab wirklich was bei dir gut”, knurrte Ryan.
Leon lachte. „Alles was du willst.” Er zwinkerte ihm zu, dann runzelte er die Stirn.
„Sie hätten gestern schon zu mir kommen sollen!”
„Siehst du? Habe ich dir das gesagt? Aber nein, du wolltest ja den Helden spielen.”
„Ich bin gern der Held.”
Dr. Blake legte den letzten, jetzt leicht roten Tupfer beiseite, stand auf, bat Ryan jedoch, noch liegen zu bleiben. Er ging zu einem Schrank, holte
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