Gegen Vaters Willen
setzte.
„Ihr habt also rumgeknutscht, ja?”, fragte Ryan unvermittelt.
Leon wandte ihm den Kopf zu, ignorierte die Frage, runzelte die Stirn und fuhr weiter. „Wohin? Wo wohnst du eigentlich?”
„Suther Road. Ganz am Ende der Stadt! Und?”
„Was und?”, fragte Leon, den Blick stur auf die Straße gerichtet.
„Wie war’s?”
„Wie war was?”
„Gott, Blake!”, fluchte Ryan. „Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen!”
Leon lachte leise. „Es war schön. Sie küsst sehr gut. Wenn du es genauer wissen willst, dann wirst du sie selbst küssen müssen!”
Trotz der Schmerzen lachte Ryan, denn diese Vorstellung – Michelle zu küssen – war für ihn einfach nur lächerlich.
Es dauerte nicht lange und Leon hielt vor einem großen Tor.
„Kommst du klar?”, fragte er Leon, als er Ryans Fahrrad auf den Boden stellte.
„Ja, keine Sorge. Wir sehen uns morgen.”
„Halb acht? Oder früher?”
„Weiß nicht. So gehen sieben wäre nett.”
„Das ist ja mitten in der Nacht!”
Ryan hob die Augenbrauen, doch Leon zwinkerte ihm zu.
„Ich bin da!”
„Okay. Nacht!”
„Schlaf gut!”
Ryan drehte sich noch einmal um und schnitt ihm eine Grimasse, dann humpelte er über den Hof ins Haus, nachdem er mehr schlecht als recht durch das Tor geschlüpft war. Erst als sich die Tür geschlossen hatte, setzte sich Leon ins Auto. Obwohl ihn die Tatsache erschreckte, dass Ryan offenbar öfter auf Bahngleisen spazieren ging, lächelte er amüsiert. Er tat ihm unheimlich leid, doch es war einfach witzig, wie er über den Hof gehumpelt war.
D aheim bei Familie Blake
Als der folgende Morgen anbrach, hatte Ryan gerade drei Stunden geschlafen. Matt und müde quälte er sich um fünf Uhr in der Frühe aus dem Bett und konnte noch weniger auftreten als am Abend davor. Die Nerven in seinem verletzten Bein brannten und pochten, egal was er tat. Mühsam stieg er in seine alte verwaschene Jeans und zog ein schwarzes T-Shirt über den Kopf, dann hopste er umständlich die Treppe hinunter. In der Küche stand bereits seine Mutter, die das Frühstück vorbereitete.
Er begrüßte sie so beiläufig wie möglich und ließ sich auf einen der Küchenstühle fallen. Doch er konnte ihr nichts vormachen. Sie gab ihm kurz Zeit, von allein zu erzählen, was passiert war, und als nichts passierte, sprach sie ihn direkt auf das Humpeln an.
„Ist nichts weiter”, erklärte er schnell. „Ich bin mit dem Fahrrad gestürzt.” Er trank einen Schluck Kaffee und wollte gerade das Haus durch die Hintertür verlassen, als sein Vater durch diese hereinkam.
Augenblicklich zog sich eine schlechte Stimmung durch die Küche.
„Bist du endlich wach?”, fuhr er seinen Sohn ohne jeglichen weiteren Gruß an.
„Ja, wie du siehst”, fauchte Ryan im selben Tonfall zurück.
„Jon, er ist verletzt. Ryan, zeig es ihm!”, rief seine Mutter aufgebracht.
„Verletzt?” Mr. McCoy musterte seinen Sohn prüfend. „Ich kann nichts sehen.”
Ryan dachte einen Moment daran, ihn auf seine lädierte Wange hinzuweisen, doch die würde sein Vater nicht einmal sehen, wenn sie ihn anspränge.
„Sein Bein. Er humpelt”, versuchte Eileen McCoy es noch einmal, doch ihr Sohn schüttelte nur langsam den Kopf, während er seinem Vater einen verächtlichen Blick zuwarf. „Mum, lass gut sein.” Ryan trat auf die Tür zu, in der noch immer sein Vater stand. „Kann ich dann?”
Mr. McCoy trat beiseite und schaute seinem Sohn, der mit zusammengebissenen Zähnen auf den Hof trat, mit einem grimmigen Gesichtsausdruck hinterher.
„Er soll sich nicht so anstellen. Ich habe schon mit einem gebrochenen Bein auf der Weide gestanden!”, hörte er seinen Vater sagen.
„Ja, du bist ein absoluter Held!”, stieß Ryan zornig aus und seine Stimme triefte vor Sarkasmus.
Seinem Vater war nur zu gut anzusehen, dass er sich beherrschen musste, um seinem Sohn nicht zumindest eine saftige Ohrfeige zu verpassen.
Ryan ignorierte ihn und humpelte über den Hof zum Hühnerstall. Ziemlich lustlos warf er mehrere Hände voll Körner in den Stall und füllte die Tränke auf. Auf dem Weg zum Schweinestall stolperte er über den unebenen Boden und stieß mit dem Bein gegen den alten Holzzaun.
„Verfluchte Scheiße!” Tränen schossen ihm in die Augen, und mit zitternden Händen hielt er sich am Gatter fest. Notgedrungen ging er langsam weiter, während sich der Schmerz verstärkte und ihm bei jedem Schritt beinahe die Luft nahm. Dass die Schweine auch noch so
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