Gegen Vaters Willen
verfehlen.”
Ryan humpelte aus dem Zimmer, während Leon sich wieder zu seiner Mutter setzte, die ihn neugierig ansah.
„Mum, ich weiß nicht, ob du schon etwas von Jonathan McCoy gehört hast?”
„Ja, gestern im Drugstore haben sie von ihm gesprochen. Er betreibt eine Viehfarm am Rand der Stadt. Allerdings sagte Mrs. Mackins, dass er nicht sehr nett ist.”
Leon stutzte kurz. „Du hast dich mit Mrs. Mackins unterhalten?”
„Ja. Sie ist nett. Ein wenig seltsam vielleicht, aber nett.” Mrs. Blake lächelte amüsiert.
„Ja, das stimmt. Sie ist die Mutter von Michelle.”
„Das Mädchen von gestern?”
„Ja, also … zurück zu McCoy. Er ist Ryans Vater. Ryan muss auf der Farm arbeiten, und wenn er jetzt nach Hause fährt, wird er nicht zur Ruhe kommen. Sein Vater akzeptiert keine Entschuldigungen.” Leon drehte sich um und entdeckte Ryan an der Tür. „Stimmt doch, oder?”
Ryan betrat das Wohnzimmer und setzte sich. „Ja, so ist er. Leider.” Beschämt schaute er in eine andere Richtung.
„Ryan, sehen Sie mich an.”
Nur widerwillig wandte er sein Gesicht Leons Mutter zu, die ihn liebevoll anlächelte.
„Stammt Ihre Verletzung im Gesicht von dem Unfall?” Abwartend musterte sie ihn.
Ryan zögerte deutlich. Er war noch nie jemand gewesen, der über sich und sein Leben gesprochen hatte, doch Mrs. Blake strahlte etwas so Fürsorgliches aus, dass er nicht anders konnte, als den Kopf zu schütteln. Er warf einen kurzen Blick zu Leon, der bedrückt auf dem Sofa saß.
„Ich verstehe. Nun, Sie bleiben erstmal hier. Ich gehe und telefoniere kurz mit meinem Mann. Leon, sei so lieb und koche bitte Tee.”
„Ja, Mum!” Er lächelte Ryan kurz an, dann verschwanden beide aus dem Wohnzimmer.
Ryan legte den Kopf zurück und schloss die Augen. Er spürte die Tränen, die sich nach oben kämpften und atmete tief durch. Er hatte, außer von seiner Mutter, noch nie so aufopfernde Fürsorge erfahren, wie es hier von diesen fremden Menschen ausging. Er wollte hier weg, hatte das Gefühl, dass er, wenn er hier blieb, seinen Prinzipien komplett untreu werden würde. Er brauchte keine Hilfe von anderen. Er würde mit seinem Vater allein fertig werden, also stand er auf und war bereit, sich aus dem Haus zu schleichen, als Leon ihn aufhielt.
„Ich dachte mir schon, dass du dich davon machen willst.”
Ryan legte die Stirn an die Haustür und seufzte leise. „Hör mal, das ist nett, was du tust, und auch deine Mum und dein Dad, aber ich komm allein klar. Leon, ich kann das nicht annehmen, und ich gehe jetzt!”
„Du bist wirklich ein Sturkopf. Fällt es dir so schwer, Hilfe von anderen anzunehmen?” Leon schüttelte ungläubig mit dem Kopf.
„Ich … wir kennen uns doch gar nicht. Ich meine, ich habe dich gestern das erste Mal getroffen und schon sitze ich in deinem Haus, und deine Eltern tun Dinge, die man für Fremde einfach nicht tut.”
„Erspar dir deine Worte. Sie klingen unehrlich. Du sagst es nur, weil du hier raus willst.” Leon lehnte neben der Küchentür und musterte Ryan prüfend.
Der wandte sich jetzt um. „Hey, du kennst mich nicht, Blake. Pass auf, was du sagst!”
„Oh, ich verstehe. So provoziert man also Ryan McCoy. Wenn man ihn auf seine Fehler aufmerksam macht.”
„Himmel, was willst du eigentlich von mir? Ich kam auch sehr gut ohne dich klar! Besser sogar. Keiner hat mich einen Abhang hinunter gezogen. Du tust das alles doch nur, weil du ein schlechtes Gewissen hast”, fuhr er Leon an.
Der blieb ruhig an der Wand stehen, mit den Händen in den Hosentaschen und einem kleinen Lächeln im Gesicht. „Gib es auf, Ryan. Wir wollen dir nur helfen. Wenn du es wirklich nicht möchtest und du lieber mit deinem verletzten Bein auf der Weide stehen willst, im Rücken dein Vater, der dich wahrscheinlich noch zur Sau macht, weil du beim Arzt warst, dann geh. Aber komm nicht bei mir an, wenn dein Bein schlimmer wird.”
Ryan rührte sich nicht. Noch immer starrte er Leon an. Es war ihm schleierhaft, warum der ihm unbedingt helfen wollte. „Warum tust du das?”, fragte er.
Leon stieß sich von der Wand ab und ging langsam auf ihn zu. „Ich weiß nicht. Vielleicht, weil ich dich nett finde. Außerdem glaube ich, bist du nur halb so hart, wie du hier gerade tust. Du kannst dich doch kaum noch auf den Beinen halten.”
Ryan legte den Kopf in den Nacken und seufzte leise.
„Na los, komm zurück auf die Couch, bevor meine Mum mitbekommt, dass du dich einfach davonschleichen
Weitere Kostenlose Bücher