Gegensätze ziehen sich aus
sagte er, und ich sagte: »Nein, ich doch auch nicht!«
Ich fragte Gitti und Marie-Antoinette, ob sie das gute Stückvielleicht aus Versehen eingesteckt hätten oder sich daran erinnern könnten, es gesehen zu haben.
Es stellte sich heraus, dass weder Gitti noch Marie-Antoinette wussten, dass es so etwas wie MP3-Player überhaupt gab.
Ich zeigte ihnen meinen, und sie staunten, als ich ihnen die Kopfhörer an die Ohren hielt.
»So ein winzig kleines Teil, und so laute Musik!«, rief Gitti. »Ganz ohne Kassette! Ja, ist das denn die Möglichkeit!«
Marie-Antoinette konnte sich »an ein kleines rosa Dings« erinnern, das so ähnlich ausgesehen hatte.
»Das Mädchen mit den roten Haaren hat es immer gehabt«, sagte sie.
»Aha«, sagte ich. »Vielen Dank, du hast mir sehr geholfen.«
Die Frage war nur, was wir jetzt tun sollten.
»Weißt du, das kann ganz schön schwierig werden«, sagte ich zu Nelly. »Wie wäre es denn, wenn wir so tun, als hättest du ihn verloren, und dir einen neuen kaufen?«
»Spinnst du? Erstens ist das viel zu teuer, und zweitens ist es nicht okay, Coralie damit davonkommen zu lassen. Und drittens will ich meinen I-Pod wiederhaben! Ich habe Wochen gebraucht, um das ganze Zeug da draufzuladen! Lauter Lieblingslieder! Jetzt sei nicht so feige, Mama!«
Da Mimi ja mit Trudi in Mailand war, sprach ich mit Ronnie. Ich musste sowieso zu ihm, um die Frage der Fußleisten für den Laden mit ihm zu klären. Das Olivenholzparkett hatten wir zwar ungeheuer günstig bekommen, aber die dazu passenden Leisten hätten ein Vermögen gekostet. Deshalb schlug Ronnie vor, Geld zu sparen, indem man schlichte Kiefernleisten verwendete und in der jeweiligen Wandfarbe strich.
»Man könnte sie auch vergolden«, sagte er. »Gold sieht zu demOlivenholz ziemlich gut aus. Und es passt auch zu dem Ladennamen.«
Schlichte Kiefernholzleisten gab es in nicht weniger als zwölf verschiedenen Ausführungen. Ich tat so, als könne ich sie alle voneinander unterscheiden, und versuchte, das Thema auf meine Geburtstagsfeier zu lenken.
»Wir können Nellys I-Pod nirgendwo finden«, sagte ich schließlich vorsichtig.
»Ach, wie dumm«, sagte Ronnie.
»Jemand muss ihn am Sonntag eingesteckt haben«, sagte ich. »Vielleicht aus Versehen.«
»Ja?« Ronnie sah mich abwartend an, aber seine freundlichen blauen Augen waren zu Eiskristallen gefroren. Er ahnte bereits, was ich als Nächstes sagen würde.
»Meinst du, du könntest Coralie mal fragen, ob sie ihn vielleicht hat?«, fragte ich dennoch.
»Coralie? Nie im Leben!« Ronnie schüttelte empört den Kopf. »Das ist doch jetzt mal wieder typisch. Das Haus war voller Leute, jeder könnte das Ding eingesteckt haben, mal abgesehen davon, dass deine Tochter es auch einfach verloren haben könnte. Aber du verdächtigst natürlich Coralie, weil Kinder aus ihrem Milieu ja grundsätzlich kriminell sind ...«
»Ronnie, bitte reg dich nicht auf. Ich will wirklich niemanden zu Unrecht verdächtigen, aber Coralie hat die ganze Zeit mit dem Teil gespielt ...«
»Das heißt aber doch nicht, dass sie es deshalb gleich geklaut haben muss. Ich muss sagen, ich bin schwer von dir enttäuscht.« Er wandte sich wieder dem Katalog des Holzgroßhändlers zu. »Also, dann nehmen wir die unbehandelten Zehnmillimeterleisten, und über die Farbe könnt ihr ja dann gemeinsam entscheiden.«
»Ronnie ...«
»Bitte - lass uns nicht mehr darüber reden. Ich werde auch Mimi nichts davon sagen. Du kennst sie ja. Sie regt sich noch viel mehr auf als ich, und ich möchte eure Freundschaft nicht gefährden.«
»In Ordnung«, murmelte ich und bereute sehr, das Thema überhaupt angesprochen zu haben.
Niedergeschlagen ging ich nach Hause. »Ich kaufe dir einen neuen I-Pod«, sagte ich zu Nelly. »Tun wir doch einfach so, als hättest du Coralie deinen alten geschenkt.«
»Mama! Das ist nicht fair. Ich würde meinen I-Pod niemandem schenken, nicht mal, wenn derjenige ganz lieb darum bitten würde. Und schon gar nicht lasse ich ihn mir einfach so klauen! Wenn du nichts unternimmst, dass rufe ich Papa an, und der ordnet dann eine Hausdurchsuchung bei dieser Coralie an.«
»Ja, ja, träum weiter!«
»Dann frage ich eben Kevin, ob er eine Idee hat«, sagte Nelly.
* * *
Dienstagmittag hatte ich das Pech, im Kindergarten Frau Hittler zu begegnen. Sie holte ihren Sohn Fritz ab, der ebenfalls ihre Himmelfahrtsnase geerbt hatte.
»Gut, dass ich Sie hier treffe, Frau Bauer«, sagte sie. »Ich habe zwei
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