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Gegenwind

Gegenwind

Titel: Gegenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul S. Kemp
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Kreisförmige Wirbel, langgezogene Schlieren und menschliche Handabdrücke zeichneten sich darin ab, außerdem hatte jemand mit dem Finger Zeichen hineingemalt. Deren Bedeutung war Jaden allerdings ein Rätsel. Es sah aus wie das Werk eines Irren.
    Die Aufzugtüren schlossen sich hinter ihm. Er atmete tief ein und aktivierte sein Komlink. »Khedryn«, flüsterte er. »Kannst du mich hören?«
    In der völligen Stille klang seine Stimme, obgleich eigentlich kaum mehr als ein Flüstern, wie das Brüllen eines Kraytdrachen. Irgendwo hinter den Wänden erklang das Tropfen von Wasser, im selben Rhythmus wie das Notsignal.
    »Khedryn, antworte.«
    Alles, was aus dem Komlink drang, war statisches Rauschen. Er war vermutlich zu tief unter der Erde. Wenn seine Sinne ihn nicht täuschten, war der Aufzug während der Fahrt über hundert Meter in die Tiefe gesaust. Mit einem innerlichen Schulterzucken stellte der Jedi das Komlink wieder auf stumm und deaktivierte sein Lichtschwert – die Beleuchtung hier kam zwar über ein schummriges, bernsteinfarbenes Flackern nicht hinaus, aber verglichen mit der Düsternis oben erschien ihm das geradezu grell.
    Seine Stiefel verursachten seltsam gedämpfte Laute, und als er auf den Boden hinabblickte, stellte er erschrocken fest, dass er über Büschel menschlichen Haares schritt. Es war überall, die bizarre Karikatur eines Teppichs. Blondes Haar, schwarzes Haar, rotes Haar, braunes Haar. Lockiges Haar, glattes Haar. Langes Haar, kurzes Haar. Es musste von Dutzenden Menschen stammen, und ganz offensichtlich war es gewaltsam ausgerissen worden, denn an einigen der Strähnen klebten noch Fetzen verwesender Kopfhaut.
    Jaden kniete sich hin, wagte aber nicht, die Hand auszustrecken und die Büschel zu berühren. Grauen überkam ihn wie ein eisiger Regenschauer. Die Decke schien plötzlich viel zu niedrig, und er hatte das Gefühl, die blutverschmierten Wände schlossen sich enger um ihn, wurden zu einem Sarg in dieser metallenen, von der Galaxis vergessenen Krypta. Sein Mund fühlte sich trocken an. Was auch immer hier unten geschehen war, es war nicht nur gewalttätig gewesen, sondern auch sadistisch. Geisteskrank.
    In der Nähe des Schreibtisches entdeckte er einen großen, braunen Fleck auf dem Boden, so, als wäre dort jemand ausgeblutet. Allerdings gab es in dem Raum keine Anzeichen von Leichen – abgesehen natürlich von den Haarbüscheln.
    Der Jedi fuhr sich mit der rauen Zunge über die Lippen, als er sich wieder erhob und zur Tür hinüberging. Obgleich sie aus demselben grauen Metall bestand wie die Wände auch, war sie nicht mit Blut beschmiert worden. Angespannt, das Schwert dicht an die Seite gepresst, drückte Jaden den kleinen, runden Knopf.
    Die Tür glitt lautlos auf. Der Geruch alten Todes, der ihm schon beim Verlassen des Aufzugs aufgefallen war, schlug ihm entgegen wie eine Faust. Es war ein süßlicher, abgestandener, kratzender Gestank, der ihm den Magen umdrehte. Voller Grauen fragte der Jedi sich, wann er wohl auf die ersten Toten stoßen würde. Dass sich hier unten Leichen befanden, stand mittlerweile wohl außer Frage.
    Vor ihm erstreckte sich ein breiter, hell erleuchteter Korridor, der sich nach links und rechts davonschwang. Der Wölbung nach zu urteilen, bildete er einen großen Kreis. In welche Richtung er sich auch wandte, letzten Endes würde er also wieder hier ankommen.
    Nach einem kurzen Zögern legte er die freie Hand auf den Griff seines Blasters und wandte sich nach links. Brand- und Schussspuren zogen sich wellenförmig über die Wände, wechselten sich ab mit Stellen, an denen Blutflecken auf dem Metall prangten. Zusammen schienen sie ein abstraktes Kunstwerk des Todes und der Zerstörung zu formen. Den Boden säumten Bruchstücke weißer, imperialer Rüstungen – Andenken an ein jahrzehntealtes Blutbad. Doch auch hier konnte er keine Leichen entdecken.
    Während er langsam den gewundenen Korridor entlangschritt, stieß er immer wieder auf Doppeltüren, die von der Innenseite des Ganges abzweigten, doch im Gegensatz zu denen im Erdgeschoss waren sie geschlossen. Um sie zu öffnen, waren einst ID-Karten und Codes nötig gewesen, doch die Lesegeräte und Tastenblöcke, die zu diesem Zweck in die Wand eingelassen waren, hatte jemand mit größter Sorgfalt zerstört. Nun hing dort nur noch ein Gewirr verbrannter, halb verschmolzener Drähte aus dem geschwärzten Metall. Obwohl es auch das Werk eines Blasters hätte sein können, war Jaden doch

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