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Gegner des Systems

Gegner des Systems

Titel: Gegner des Systems Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Jon Watkins
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sie waren so angelegt, daß sie bei den Schuldigen Panik auslösten.
    Welsh versuchte, seine Gefühle enger in den Griff zu bekommen. Wenn sie ihm erst einmal die Drogen verabreicht hatten, würde das viel weniger leicht werden. Die Männer, die jetzt vor ihm aufragten, weil er auf allen vieren am Boden hockte, würden ihm dann haushoch vorkommen, und das bedrohliche Ballett, das sie ihm vorführten, würde zum Schreckenstanz werden, der ihm die Kontrolle über sich selbst aus der Hand riß. Welsh weigerte sich, das mitzumachen. Falls Eve tot war, würde er bei einem Fluchtversuch erschossen werden. So konnte er vielleicht wenigstens ein paar von ihnen mitnehmen.
    Die Stimme hinter ihm fing wieder an zu sprechen. Irgend etwas an ihr kam ihm bekannt vor, eine Eigenart der Stimmlage, die er nicht leiden konnte und die er schon nicht hatte leiden können, als er sie in anderem Zusammenhang gehört hatte, aber er konnte sich nicht daran erinnern, wer so sprach. „Wir haben schon gedacht, Sie würden nie kommen. Wir hatten vom Universitätsgebäude aus Begleitung für Sie angefordert, aber Sie haben sie allem Anschein nach verpaßt.“ Die Art, wie die Stimme ,Universität’ aussprach, gab ihm beinahe den Hinweis, den er brauchte.
    „Da haben Sie ja anscheinend ganz schön was angerichtet, Professor.“ Die seltsame Mischung von Verachtung und Ehrfurcht in dem Wort »Professor’ klärte das Rätsel. Die Stimme gehörte DeCorum.
    Vor sechs Jahren wäre es sehr einfach gewesen, dies hier zu vermeiden. Es wäre Welsh ein leichtes gewesen, DeCorum aus dem Fortgeschrittenenstudium hinauszuwerfen. Welsh hatte ihn beim Abschreiben erwischt, aber DeCorum hatte auf seiner Unschuld bestanden. Nur Welsh und ein paar andere mit einer langen Erfahrung in diesem Beruf hätten gemerkt, daß der junge Mann log, und obwohl Welsh nicht besonders glücklich darüber war, einen so vorbildlichen Lügner hervorgebracht zu haben, wußte er doch, daß die Beherrschung der Techniken, die notwendig sind, um glaubwürdig zu erscheinen, die Fähigkeiten des jungen Mannes besser belegten, als das irgendein Prüfungsbogen vermocht hätte.
    Nach einer halben Stunde gab DeCorum kühl zu, daß er gelogen hatte, und führte dann für sich an, die Konzepte von Professor Welsh gut genug anwenden zu können und damit seine Kenntnisse unter Beweis gestellt zu haben. Obwohl Welsh wußte, daß DeCorum ein weiteres kompetentes Werkzeug in der Hand der Rehabilitationstruppe werden würde, mußte er doch zustimmen.
    Es war jetzt ebenso klar wie an jenem Tag, als er DeCorum, dem fortgeschrittenen Studenten, gegenübergestanden hatte, daß DeCorum ihn als Mensch haßte, auf der anderen Seite aber den Respekt nicht unterdrücken konnte, den er der Position gegenüber empfand, in der Welsh sich befand. Es handelte sich um den Konflikt des Soldaten, der die Uniform verehrte, aber den Mann in ihr haßte. Es war ein Konflikt, den DeCorum offensichtlich noch nicht gelöst hatte, aber das zeigte sich für niemanden außer Welsh. Es war auf jeden Fall eine Einstellung, die die Regierung in den meisten Situationen sehr zu schätzen wußte. Und das galt selbst dann, wenn sie in der Lage gewesen wäre, den Konflikt zu bemerken, der in der vorliegenden Situation dadurch heraufbeschworen wurde.
    Selbst wenn ihre Beziehungen in der Vergangenheit in einer Atmosphäre von Freundschaft statt potentieller Feindschaft angesiedelt gewesen wären, hätte das an DeCorums Handlungen nichts geändert. DeCorum war ein Mensch, der Befehlen einfach deshalb gehorchte, weil es Befehle waren. Wenn er ihre Gültigkeit in Frage stellen sollte, so geschah das nicht an der Oberfläche. Und selbst wenn sie gegen Prinzipien verstießen, denen er zur Zeit anhing, so würde er sie trotzdem ausführen. Zu seinem Glück würde ihm aber alles gefallen, was er auf Befehl Welsh antun mußte.
    Es würde ihm als der Gipfel seines Status vorkommen, dazu ausgewählt zu werden, seinen alten Professor zu verhören. Es handelte sich hier um mehr als die Schadenfreude des Schülers, endlich höher als der Lehrer zu stehen. Die Tatsache, daß sie ihn ausgewählt hatten, obwohl alle ehemaligen Studenten von Welsh der Säuberung unterzogen wurden, zeigte ihm die Sicherheit seiner Stellung in der Regierung. Sicher genoß er als Sicherheitsoffizier in der Rehabilitationstruppe bereits eine große Vertrauensstellung, aber da war die ständige Bedrohung durch eifersüchtige Mitoffiziere, die ihn ungerechtfertigterweise

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