Geheimakte Proteus
Realmensch. Einer von ganz wenigen. Fast wie ein Bruder.«
Wo führt das hin?, dachte Tristan, während sich hinter Callin weitere Mimiks zusammendrängten. Er begann sich zu fragen, ob diese kampfgestählten Ex-Gladiatoren vielleicht hier unten gelegentlich ihre alten Fähigkeiten erprobten.
Sekunden später sollte seine Frage beantwortet werden.
»Aber wir haben hier jemanden, der Trev nie gekannt hat«, sagte Callin. »Und den hält deshalb auch nichts zurück.«
Er drehte sich um und brüllte über seine Schulter: »Dee! Dee, komm her!«
Die Proteaner machten eine Gasse frei, die direkt auf Tristan wies … ließen ihm freien Ausblick auf den Mimikgladiator, der auf ihn zukam.
Und der Anblick, der sich ihm bot, ließ ihn einen Schritt nach hinten treten, wo er gegen eine Wand von Mimiks prallte, die ihn wieder zurückstießen.
Der Mimik, den er hier sah, war der größte, den Tristan je zu Gesicht bekommen hatte. Er hatte gar nicht gewusst, dass es so große Mimiks überhaupt gab.
Callin trat näher an Tristan heran, als würde er seine Not genießen.
»Ich darf Dr. Dee vorstellen. Die haben ihn in dem Jahr gemacht, in dem die Masse-Vorschriften noch nicht eingeführt waren. Als Zweibeiner hat er die optimale Größe – noch größer, und sein Gewicht würde seine Beweglichkeit beeinträchtigen. In der Arena unbesiegt, bis dann die Masse-Vorschriften wieder eingeführt wurden. Die meisten übergroßen Kämpfer wie er wurden für andere Arbeiten eingesetzt. Nicht Dr. Dee. Er ist entkommen.« Callin lachte. »Wer hätte ihn auch aufhalten können?«
»Dr. Dee«, sagte Tristan. Obwohl er schwitzte, spürte er, wie ihm innerlich eiskalt wurde. Er musste sich jetzt bemühen, seine Körperfunktionen unter Kontrolle zu bekommen.
»Dr. Dee ist eine Abkürzung«, sagte Callin und grinste. »Sein voller Name ist Dr. Death.«
Callin und die übrigen Mimiks lachten, während Dr. Dee ganz langsam auf Tristan zuging. Er war sich offenkundig der Dramatik seines Auftritts bewusst und wusste auch, wie man einen Gegner einschüchtert.
Tristan erinnerte sich, solche Vids gesehen zu haben. Ein Sportvergnügen wie in der Mimikarena. Die Kämpfe waren alle arrangiert, aber die Kämpfer trugen alle exotische Namen und waren auch entsprechend kostümiert. Ganz ähnlich der Arena, nur dass dort die Körper ebenso exotisch wie die Namen und die Kostüme waren.
Tristan starrte die auf ihn zukommende Fleischmasse an.
Dr. Deaths Kopf war oben knollenförmig ausgewölbt, eine harte Stirnramme, die so aussah, als bestünde sie hauptsächlich aus Knochen mit wenig Platz für ein Gehirn. Selbst wenn sich zwei oder mehr Gegner an ihn klammerten, konnte Dr. Dee leicht mit dem Kopf zustoßen und ein oder zwei Angreifer von sich schleudern. Seine Hände waren riesige Pranken, und jeder seiner dicken Finger endete in einem langen Nagel.
Damit konnte man jemanden packen und ihn aufreißen.
Tristan spürte, wie seine Lippen trocken wurden, und hörte seinen Herzschlag in den Ohren dröhnen. Er erkannte, dass er die Kontrolle über sein Nervensystem völlig verloren hatte.
Als Dr. Dee in den Kreis trat, warf er seinen schmutzigen Umhang von sich und legte so seinen muskelbepackten Oberkörper frei. Nur mit einem Lendentuch bekleidet, das gerade bis an sein Interface reichte, stand er jetzt vor Tristan. Er ließ seine Muskelstränge spielen, streckte beide Hände über den Kopf, packte das linke Handgelenk mit der rechten Hand, sodass seine an Baumstämme erinnernden Arme zu bersten drohten. Er riss den Mund auf, sodass man spitz zugefeilte Fänge erkennen konnte, und dann atmete er mit einem keuchenden Geräusch einen Schwall Luft ein.
Er sah aus wie ein Dschinn aus einer Lampe, den man aus einem dunklen Winkel der Hölle heraufbeschworen hatte.
Tristan sah sich um, suchte nach Hilfe oder einem Ausweg. Nichts. Im Augenblick wäre ihm sogar ein Besuch der Flagge-Polizei willkommen gewesen.
»Mimiks – bereit zum Kampf!«, brüllte Callin.
Dr. Dee stieß den rechten Arm in die Luft und brüllte: »Proteus!«
Das Wort war kaum zu verstehen. Sprache war nicht die starke Seite des guten Doktors.
»Das ist nicht fair!«, sagte jemand.
Tristan sah sich um und entdeckte Eel – immer noch in seiner Echsenmasque, den Arm bandagiert –, der sich in den Kreis drängte.
»Du hast hier nichts zu sagen, Eel«, erklärte Callin. »Du bist noch nicht einmal einen Tag lang Mitglied.«
»Nun, ich werde trotzdem sprechen. Wir beide, du und
Weitere Kostenlose Bücher