Geheimbünde: Freimaurer und Illuminaten, Opus Dei und Schwarze Hand (German Edition)
Schloss Schlesiersee in Schlesien (heute Polen, Woiwodschaft Lebus) nach erbitterten Kämpfen gegen die SS erobert, treffen sie auf eine surreale Szenerie: Der riesige Hof der Residenz ist mit Papieren übersät. Überall brennen Haufen von Dokumenten. Es sind die Bestände des Sonderarchivs des Reichsführers-SS, Heinrich Himmler: 140 000 Bände über Geheimbünde und Hexenverfolgung. Ein zentrales Element der Sammlung ist die sogenannte Schwedenkiste: 20 Bände voller Schriftstücke aus der Geschichte der Illuminaten.
Das Schicksal der Schwedenkiste gleicht einer Odyssee. Nach dem Tod Ernsts II. gelangt sie nach Stockholm. 1883 wird die Kiste mit den Tausenden Schriftstücken wieder nach Deutschland geschafft, in das Archiv der Loge «Ernst zum Kompaß» in Gotha. 1934 wird sie von der Gestapo in einer Nacht-und-Nebel-Aktion beschlagnahmt. Die Rote Armee transportiert sie nach Kriegsende von Schlesien nach Moskau in ein militärisches Geheimarchiv. 19 Bände werden 1957 an die DDR übergeben. Sie stehen heute unter dem Siegel «Freimaurer 5.2. G 39 JL Ernst zum Kompaß, Nr. 100 – 119» im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin für Forschungszwecke zur Verfügung. Doch ein Band bleibt in Moskau:Band X unterliegt bis heute strenger Geheimhaltung. Hofft die russische Führung aus seinem Inhalt noch politisches Kapital schlagen zu können? Verrät ihr Inhalt ungeahnte Dinge über politische Ereignisse des 18. Jahrhunderts? Man weiß, dass Band X unter anderem das handschriftliche Aufnahmeersuchen Goethes enthält. Sind noch andere Namen von Weltrang darunter, vielleicht sogar Namen, die bisher nie in Zusammenhang mit den Illuminaten gefallen sind?
In der Schwedenkiste befinden sich Briefe, Protokolle und Ritualbeschreibungen. Doch seltsamerweise datiert kein Dokument aus der Zeit nach 1788, obwohl der Orden nachweislich auch danach noch besteht. Waren die Dokumente vielleicht zu kompromittierend? Wurden sie vernichtet?
In den zur Verfügung stehenden Aufzeichnungen Bodes über seinen Parisaufenthalt findet sich kein Wort über Umsturzpläne. Naheliegend wäre, dass Bode sich nach Rückkehr im Alten Reich, beflügelt durch das Pariser Erfolgserlebnis, um die Zukunft der deutschen Filialen kümmert. Doch das Gegenteil ist der Fall. Zurück in Deutschland, fordert Bode die Auflösung der Illuminaten. Es ist, als wenn seine Jahre als Illuminat nur eine große biographische Schleife bilden, an deren Ende er wieder zu seinen Wurzeln zurückkehrt, zur Freimaurerei. Er will lediglich einige Elemente der bayerischen Geheimorganisation in den neuen «Bund der deutschen Freimaurerei» aufnehmen, den Bode gründen will. Er soll gänzlich ohne mystische Hochgrade auskommen. Bode stirbt 1793. Sein Bund ist bis heute nicht realisiert worden.
Ab 1790 hört der Geheimbund der Erleuchteten endgültig auf zu existieren. Die Geschichte der Illuminaten ist also kurz und wäre heute eine Fußnote der Geschichte, wenn reaktionären Kräften nicht aufgefallen wäre, wie hervorragend sich die Illuminaten zur Dämonisierung politischer Feinde eignen. Erstmals wird diese Taktik nach der Französischen Revolution angewendet, durch den Jesuit Abbé Augustin Barruel. Er macht Bodes Reise nach Paris zum Aufhänger für die Mär, Illuminaten hätten Frankreich ins Unglück der Revolution gestürzt.
Bode hingegen ist unter anderem nach Paris gereist, um seine eigene Verschwörungstheorie zu verbreiten: Man muss die Freimaurerei radikal von den Hochgraden säubern, weil diese von den Jesuiten installiert worden sind, um die Freimaurerei zu ruinieren. Vielleicht konnte Abbé Barruel solche Vorwürfe nicht auf sich beruhen lassen. Dann wären seine Vorwürfe von 1794 gewissermaßen eine Retourkutsche. Fest steht: Barruels Idee, aus den Illuminaten Profi-Revolutionäre zu machen, erweist sich bald als eine universell einsetzbare politische Mine.
Die Kolonie der Illuminaten
In der Zeit nach der Französischen Revolution werden die Illuminaten endgültig zum Beelzebub der Geschichte. Zu jener Zeit, als Bode sich der Idee eines deutschen Freimaurerbunds zuwendet, beschäftigt er sich auch mit der Verfassung der USA, die 1788 in Kraft tritt. Viele der Unterzeichner der Verfassungsurkunde sind Freimaurer. Auch wenn die Freimaurer in den USA als ein gesellschaftliches Element unter vielen akzeptiert sind, gibt es eine Gegenbewegung in den USA, die Geheimbünden feindlich gesinnt ist. Ende des 19. Jahrhunderts
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