Geheimbünde: Freimaurer und Illuminaten, Opus Dei und Schwarze Hand (German Edition)
auf den Kanälen der wichtigsten TV-Stationen , außerdem auf You Tube und den Startseiten aller führenden Social-Media-Plattformen. Ein Geheimbund, der sich «Orden der Rosenkreuzer» nennt, gibt bekannt, über unbegrenzte finanzielle Mittel und das Knowhow zu verfügen, die Menschheit vor dem Untergang zu retten. Sein Erschaffer, Christian Rosencreutz, sei als Jugendlicher von einer geheimen Elite in die Mysterien einer bislang unbekannten Wissensquelle eingeweiht worden. Der Gelehrte habe seine ungeheuren Fähigkeiten bereits vor längerem den Weltmächten und der UNO zur Verfügung stellen wollen, sei aber ignoriert worden. Daraufhin habe er sich entschlossen, in den Untergrund zu gehen und ein paar Auserwählte um sich zu scharen, mit denen er sein Wissen teilte. Rosencreutz sei extrem hochbetagt an einem unbekannten Ort gestorben. Per Zufall habe die dritte Generation der Bruderschaft nun sein Grab entdeckt – mit seinem Leichnam darin, der unheimlicherweise nicht das geringste Anzeichen biologischen Verfalls aufzeigt. Angesichts des drohenden Weltuntergangs habe man beschlossen, der Menschheit eine letzte Chance zu geben. Die Rosenkreuzer erklärten sich bereit, die fähigsten Wissenschaftler zu erwählen, mit ihnen die Welt zu retten und die menschliche Zivilisation auf eine neue, weitaus höhere Stufe ihrer Existenz zu heben. Die Medien überschlagen sich angesichts dieser Nachricht. In Presse, Fernsehen, Internet und Radio gibt es kein anderes Thema mehr: Wann endlich offenbart sich der Geheimbund der Wissenden? Wersind seine Köpfe? Werden die Rosenkreuzer die Welt wirklich retten können? Oder ist das alles nur Lug und Trug?
So oder ähnlich müssen die Leser den Inhalt der «Fama Fraternitatis» im 17. Jahrhundert empfunden haben. Was damals zusätzlich für Aufsehen gesorgt haben mag: Mit den Rosenkreuzern betritt vor 400 Jahren eine Organisationsform die Bühne der neuzeitlichen Geschichte Europas, die so neu ist, dass es dafür nicht einmal einen Namen gibt: ein Geheimbund. Allein schon die Tatsache, dass eine Gruppe von Menschen es wagt, sich der Kontrolle der Obrigkeit zu entziehen, muss damals vielen ungeheuerlich vorgekommen sein. Zumal dieser geheime Bruderbund sich herausnimmt, zwischen 1614 und 1616, am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges also, zwei weitere Schriften zu veröffentlichen: «Confessio Fraternitatis» und «Chymische Hochzeit».
Jede weitere Schrift befeuert den Hype erneut – und er hält bis heute an. Es gibt Millionen Menschen weltweit, die sich als Rosenkreuzerbezeichnen oder sich mit einer rosenkreuzerischen Lehre beschäftigen – und das, obwohl wissenschaftlich schon lange kein Zweifel daran besteht, dass es nie einen Christian Rosencreutz gab. Doch die Rosenkreuzer sind das Chamäleon unter den Geheimbünden. Mehrmals in seiner Geschichte verschwindet der Geheimbund, um dann in gänzlich gewandelter Gestalt mit völlig anderer Philosophie und Organisationsstruktur wieder aufzutauchen – immer unter dem Zeichen der Rose und des Kreuzes. Was gibt dem Rosenkreuzertum die Kraft, alle Wechselfälle der Geschichte zu überstehen? Verbirgt sich hinter dem Symbol tatsächlich «ein westlicher Einweihungsweg»? «Vom 20. Jahrhundert an werden alle Religionen im Rosenkreuzermysterium vereinigt sein», schreibt Rudolf Steiner, der Begründer der Anthroposophie. Bringt die Geschichte des Christian Rosencreutz eine geheime Saite im abendländischen Menschen zum Schwingen?
Das von Rudolf Steiner inspirierte «Goetheanum» bezeichnet der Begründer der Anthroposophie als ersten oberirdischen Rosenkreuzertempel.
Kann ein Geheimbund eine neue Welt erschaffen?
Wer die Rosenkreuzer-Bücher geschrieben hat, ist bis heute nicht ganz geklärt. Ebenso wenig ist ihre Entstehungszeit gesichert. Fest steht, dass ein gewisser Johann Valentin Andreae mit ihnen in Verbindung steht. Er ist es, der 1614 die «Fama Fraternitatis» publiziert. Zum Zeitpunkt des Erscheinens keine 30 Jahre alt, steht er in Verbindung mit einem Kreis Tübinger Gelehrter, in etwa so jung wie er und ebenfalls protestantische Theologen. Als erwiesen gilt, dass Andreae die dritte Schrift der Rosenkreuzer, die «Chymische Hochzeit», schreibt. Möglicherweise sind die anderen beiden Bücher gemeinsam von jenem Kreis Tübinger Theologen verfasst worden. Nicht ausgeschlossen, dass sich der oder die Autoren auf ältere wesensgleicheSchriften beziehen und sie in ihrem «rosenkreuzerischen» Sinne umschreiben.
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