Geheimcode Makaze
Nutzlastraums der Zenit ab. Mit ihnen kamen weitere Männer, die Tongjus Enterkommando verstärkten.
Tongju kehrte auf die Brücke zurück und blickte durch die dicke Verglasung auf die fünfzig Meter unter ihm wogende See. Die Plattform schwankte dennoch nur leicht, da die Schwimmkörper tief im Wasser lagen und die langen Stützpfeiler die Schaukelbewegungen dämpften. Dann wandte er sich nach rechts und sah, dass die
Koguryo
, die ihre Aufgabe vorerst verrichtet hatte, von der
Odyssey
abdrehte.
»Gehen Sie auf volle Fahrt voraus«, sagte er zum Rudergänger.
Der nervöse Filipino beschleunigte und sah dann zu, wie die digitale Geschwindigkeitsanzeige langsam höher kroch.
»Zwölf Knoten, Sir. Höchstgeschwindigkeit«, rief der Rudergänger, dessen Blick ständig hin und her zuckte.
Tongju nickte zufrieden, griff dann zu dem Funkgerät über ihm und meldete sich bei Kapitän Lee auf der
Koguryo
.
»Alles läuft planmäßig. Verständigen Sie bitte Inchon, dass wir die Startrampe in unsere Gewalt gebracht haben und in etwa dreißig Stunden mit dem Countdown beginnen. Ende.«
Der Rudergänger starrte ängstlich nach vorn, als wolle er jeden Blickkontakt vermeiden. Doch Tongjus wahre Absichten überstiegen selbst seine schlimmsten Befürchtungen.
46
Es dauerte nur knapp vierundzwanzig Stunden, bis die Raketentechniker die Nutzlast der Zenit zu einer Massenvernichtungswaffe umgebaut hatten. Wie Chirurgen bei einer Herztransplantation entfernten die Ingenieure zunächst mehrere Teile der Laderaumverkleidung und nahmen sich dann das Innenleben des falschen Satelliten vor. Nur zum Schein eingebaute Komponenten, Transponder zum Beispiel und andere Kommunikationstechnologie, wurden demontiert und durch kleine elektrische Pumpen ersetzt, die das Sprühsystem antreiben sollten. Allerlei Leitungen und Anschlüsse wurden an den Solarzellenauslegern angebracht, die sich öffneten, sobald der Satellit ausgesetzt wurde, und so die tödlichen Viren in einem breiten Dunstschweif am kalifornischen Himmel verteilen konnten.
Danach überprüften die Techniker, die in weißen Schutzanzügen steckten, wie sie in sterilen Räumen getragen werden, ein letztes Mal die Sprühvorrichtung und überzeugten sich davon, dass sie tadellos funktionierte. Jetzt kam der abschließende Schritt: das Munitionieren. Vorsichtig wurden die aus Inchon gelieferten Behälter mit den gefriergetrockneten Chimäreviren in den Satelliten eingebaut und die mit Stahldraht ummantelten Leitungen der Hydriertanks an die Sprühvorrichtung angeschlossen. Wenn das computergestützte System aktiviert wurde, versetzte es die pudrige Substanz mit destilliertem Wasser und verspritzte die tödliche Mischung mittels Zerstäuber in die Atmosphäre.
Als der teuflische Cocktail verstaut war, wurde die Verkleidung des Nutzlastraums wieder angebracht, samt der Treibladung, mit der sie zum vorgesehenen Zeitpunkt abgesprengt werden konnte. Als das letzte Stück montiert war, beglückwünschten die erschöpften Techniker einander kurz und zogen sich dann in die Unterkünfte zurück. Mehr als ein paar Stunden Schlaf waren ihnen nicht vergönnt, bevor sie den Countdown einleiten mussten.
Ohne in aller Öffentlichkeit die durch einen Farbkode gekennzeichnete Alarmbereitschaft zu erhöhen, ordnete das Ministerium für Heimatschutz in aller Stille eine Verschärfung der Sicherheitsvorkehrungen für alle Häfen und Flughäfen an. Sämtliche Flugzeuge und Schiffe aus Asien wurden genau überwacht und stichprobenmäßig vor allem nach biologischen und chemischen Kampfstoffen durchsucht. Auf Vizepräsident Sandeckers Verlangen hin wurde die Küstenwache dazu angehalten, sämtliche unter japanischer oder koreanischer Flagge fahrenden Schiffe, die das amerikanische Festland anliefen, anzuhalten, an Bord zu gehen und mit Unterstützung bewaffneter Sicherheitskräfte zu durchsuchen. Alle verfügbaren Boote der Küstenwache wurden zur Westküste beordert, wo sie sich vor allem auf die Handelszentren Seattle, San Francisco und Los Angeles konzentrieren sollten.
In San Francisco stimmte Rudi Gunn den unterstützenden Einsatz der NUMA-Schiffe mit dem dortigen Kommandeur der Küstenwache ab. Als das Forschungsschiff
Blue Gill
aus Monterey eintraf, wurde es von Rudi Gunn sofort zum Postendienst zehn Meilen vor der Golden Gate Bridge geschickt. Danach begab er sich unverzüglich nach Seattle, wo er die NUMA-Kräfte vor Ort zur Überwachung der Küsten einteilte und anschließend die
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