Geheime Versuchung
schwarzen Hundekopf. »Luzy weiß, wo ihr Futtervorrat versteckt ist. Und frisches Wasser stelle ich überall hin.«
»Tim«, drängte Sara, »das ist jetzt wirklich wichtig. Kannst du beweisen, wo du die letzten Tage gewesen bist?«
Er sah sie erstaunlich klar an. »Hab mich in einer Ecke von Sals 24-Stunden-Bar versteckt. Die Streichhölzer liegen auf dem Tisch.«
Deacon rief in der Bar an und ließ sich Tims Geschichte bestätigen. Zwar vernahm Sara die Nachricht mit Erleichterung, dennoch wusste sie, dass die Sache noch nicht ausgestanden war. »Ellie, kannst du dich darum kümmern, dass Tim wieder ausnüchtert und dass sein Bluterguss versorgt wird? Deacon und ich haben noch etwas zu erledigen.«
»Mir geht es gut«, murmelte Tim und versuchte aufzustehen. Im nächsten Augenblick saß er auch schon wieder auf dem Hosenboden. »Oder vielleicht auch nicht.«
Elena nickte. »Kein Ding. Braucht ihr Hilfe?«
»Bleib in der Nähe. Wenn wir Rückendeckung brauchen, rufen wir dich«, sagte Deacon.
»Alles klar.« Während er ihr den Rücken zudrehte, um zu telefonieren, verdrehte Elena die Augen vor Verzückung und hielt beide Daumen hoch.
Es war unmöglich, nicht zu lachen, doch als Sara kurz darauf mit Deacon am Motorrad stand, war sie wieder ganz ernst. »Es muss Marco sein. Wenn nicht, dann haben wir ein echtes Problem.« Denn in diesem Fall hätten sie es mit einem verrückten Unbekannten zu tun.
»Ich habe eben noch mal Rücksprache mit Simon gehalten. Shah hat die Stadt vor zwei Stunden verlassen, sollte es also noch einen weiteren Mord …« Er schüttelte den Kopf. »Darauf können wir nicht warten. Höchste Zeit, mit harten Bandagen zu kämpfen.«
»Meinst du, du kannst Marco knacken?«
Deacons Gesicht war zu einer Maske erstarrt. »Ja.«
Eigentlich hätte ihr das Angst machen sollen. Tat es aber nicht. Denn auch sie konnte knallhart sein. »Na, dann los.« Sie stieg aufs Motorrad und setzte den Helm auf, den Deacon ihr hinhielt. »Nachdem das hier vorbei ist, möchte ich in einem richtig großen Badezimmer duschen.«
»Ich besorge uns ein Penthouse.«
»Was veranlasst dich zu der Annahme, dass wir es teilen?«
»Hoffen darf man ja wohl.«
Sie schlossen das Tor hinter sich und brausten davon. Die ganze Zeit dachte sie darüber nach, wie gerne sie mit ihm zusammensein würde. Gab es vielleicht doch eine Möglichkeit? Aber im Grunde wusste sie, dass es hoffnungslos war. Sie konnte sich Deacon kaum im schwarzen Anzug bei einem offiziellen Empfang vorstellen. Als Gildedirektor musste man politisch klug manövrieren. Eine mächtige Institution wie die Gilde löste Unbehagen in der Stadt aus, doch dieses Unbehagen ließ sich mit etwas taktischem Geschick in Respekt und letztendlich sogar Entgegenkommen ummünzen.
Einst hatte die Gilde beschlossen, im Geheimen zu operieren. Es hatte mit einer Serie von Brandanschlägen geendet, bei denen viele Gildeeinrichtungen bis auf die Grundmauern niederbrannten und eine verheerende Zahl von Jägern ihr Leben verloren. Niemand wollte das noch mal erleben.
Plötzlich wurde ihr bewusst, dass Deacon das Tempo gedrosselt hatte. Sie reckte den Hals, um über seine Schulter hinwegzusehen. »Das darf doch nicht wahr sein.« Sie riss sich den Helm vom Kopf und stellte sich auf die Fußrasten, wobei sie sich an Deacons Schultern festhielt. »Sie hatten sich ergeben«, rief sie dem Vampir zu, der mitten auf der Straße stand. »Diesmal werden wir Sie töten.«
7
»Mylady, Sie missverstehen die Situation.« Ernst blickte er sie an. »Ich bedarf der Dienste der Gilde.«
Sara war ganz und gar nicht danach zumute, jemandem zu helfen, der vor noch gar nicht allzu langer Zeit versucht hatte, ihren Kopf vom Rumpf zu trennen, aber schließlich war sie eine Jägerin der Gilde. »Ist jemand vertragsbrüchig geworden?«
»Nein. Einer Ihrer Jäger hat einen von uns gekidnappt. Wir wären Ihnen sehr verbunden, wenn Sie für seine Befreiung sorgen könnten.«
Sie drückte Deacons Schulter. Das konnte kein Zufall sein. Sie setzte sich wieder, und Deacon brachte die Maschine am Straßenrand zum Stehen. »Reden Sie«, befahlen sie beide gleichzeitig.
Der Vampir kam zu ihnen herüber. »Silas war mit einem Jäger zusammen. Vor zwei Wochen haben sie sich dann klammheimlich getrennt.«
Um diese Zeit hatten die Morde begonnen.
»Der Name des Jägers ist Marco Giardes.« Er machte eine hilflose Handbewegung. »Ich weiß nicht, was zwischen den beiden vorgefallen ist, aber vor ein paar
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