Geheimer Krieg: Wie von Deutschland aus der Kampf gegen den Terror gesteuert wird (German Edition)
über ihn vielleicht an den Whistleblower Bradley Manning herankommen.
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Der Amerikaner Samir Suljovic brauchte Ende 2012 hingegen 17 Tage, bis er die CBP -Beamten in Wien und München überzeugen konnte, dass er zwar Muslim, aber kein Terrorist ist. Nachdem der 26 -Jährige mit der muslimischen Häkelmütze und dem Kinnbart seine Familie in Montenegro besucht hatte, wurde er vor seinem Flug zurück nach New York ohne Grund in Europa festgehalten. Ihm wurde auch nicht mitgeteilt, warum er auf der «No Fly»-Liste gelandet war.
An den Grenzen durchsuchen amerikanische Dienste Verdächtige, ohne ein Indiz oder einen Durchsuchungsbefehl zu besitzen. Ihnen reicht allein der Verdacht, ein Reisender könnte verbotene Dinge mit sich führen. Unter dem Vorwand einer Zollkontrolle versucht der amerikanische Staat so, mögliche Gefahren abzuwehren.
Die Vorfälle in Frankfurt zeigen, dass die USA ihre Auslegung des eigenen Rechts auch auf Deutschland übertragen haben. US -Polizisten nehmen Verdächtige fest, vernehmen Personen und sorgen dafür, dass einige von ihnen gar nicht erst in die USA einreisen können.
Als ein Bundestagsabgeordneter 2012 wissen wollte, aufgrund welcher Verträge amerikanische Polizisten auf deutschem Boden gegen Drogen, Waffenhandel und Terrorismus ermitteln dürfen, antwortete die Bundesregierung, dass die Cops als «ziviles Gefolge» der US -Streitkräfte in Deutschland eingesetzt werden. Ganz sicher war sich die Regierung aber nicht und ergänzte: «Die US -Regierung wurde hierzu um weitere ausführliche Informationen gebeten.»
Auf welcher rechtlichen Grundlage schalten und walten US -Agenten und Polizisten auf deutschem Boden, wie sie wollen?
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Zurück im Büro durchforsten wir lange amerikanische Botschaftsdepeschen, die US -Diplomaten an das amerikanische Außenministerium gesandt hatten – bis wir fündig werden. Die Nachricht hat den Code BERLIN 00000768 und ist vom 13 . 4 . 2007 . Darin schreibt ein US -Diplomat an das Außenministerium in Washington: «Der Vertreter des Innenministeriums stimmte am 29 . März dem US -Vorschlag zu, vier CBP -Offiziere am Frankfurter Flughafen zu stationieren.»
Der Innenministeriums-Mitarbeiter war damals Referatsleiter «Polizeiliche Grundsatz- und Einsatzangelegenheiten» bei der Bundespolizei, dem ehemaligen Bundesgrenzschutz. Heute ist der hochrangige Beamte Präsident des Bundespolizeipräsidiums.
Der US -Diplomat notierte 2007 : Der leitende Bundespolizei-Mitarbeiter betonte «die Notwendigkeit für das Einreise-Beratungsprogramm» in enger Zusammenarbeit mit der für Einreise auf dem Flughafen zuständigen Bundespolizei. Der Vertreter der Bundesregierung schlage außerdem vor, dass die US -Polizisten bei jedem «Treffer» die Bundespolizei informieren können. So könnte die Bundespolizei «ihre Entscheidung im Zusammenhang mit der Einreise [des Hochrisiko-Passagiers] überdenken, wenn erforderlich.»
Außerdem wollte der Deutsche sichergehen, dass sich die US -Polizisten auch wirklich alle Flüge in die USA vornähmen und nicht nur die der deutschen und amerikanischen Airlines. Und er wünschte auch Zugang zu den US -Datenbanken für die Bundespolizei – unter anderem, um Reisende zu checken, die gar nicht in die USA unterwegs seien.
Gern, so bot er am Ende noch an, könne er sich im Gegenzug beim Flughafen dafür einsetzen, dass die amerikanischen Polizisten einen Raum neben der deutschen Bundespolizei erhielten.
Die Zusammenarbeit funktionierte schon länger gut. Bereits in den Jahren davor hatten Bundespolizisten Daten von verdächtigen Reisenden an das Heimatschutzministerium weitergegeben. So erhielt das DHS den kopierten Pass und den Parlamentsausweis eines marokkanischen Abgeordneten, der den deutschen Grenzpolizisten 2004 auffällig vorkam, weil er eine CD mit dem Bild eines Hamas-Führers in seinem Gepäck hatte. Diese inoffizielle Kooperation blieb natürlich geheim.
Trotz der Einrichtung des neuen Büros wünschte sich der deutsche Spitzenbeamte auch weiterhin eine «informelle Beziehung» zwischen den USA und Deutschland. Im Klartext: Er wollte eine Kooperation, die leise und geheim bleibt und nicht in der Öffentlichkeit diskutiert wird.
Drei Jahre später bestätigte ein amerikanischer Diplomat aus Berlin gegenüber dem US -Außenministerium in einem Brief, dass die strategische Kooperation im Anti-Terror-Kampf zwischen dem Heimatschutzministerium und dem deutschen Innenministerium gestärkt wurde. «Deutschland
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