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Geheimer Krieg: Wie von Deutschland aus der Kampf gegen den Terror gesteuert wird (German Edition)

Geheimer Krieg: Wie von Deutschland aus der Kampf gegen den Terror gesteuert wird (German Edition)

Titel: Geheimer Krieg: Wie von Deutschland aus der Kampf gegen den Terror gesteuert wird (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Fuchs , John Goetz
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Kampfstoffe gebaut habe. Und der BND hatte das geglaubt.
    Und wir lachten auch über die noch Verrückteren in den höchsten Positionen der US -Regierung, die glaubten, dass die ganze Welt darum in den Krieg gegen den Irak hatte ziehen müssen.
    Auf unseren Tellern lagen Dim Sums, kleine Teigtaschen mit Shrimps gefüllt. Zur Mittagszeit drängte sich eine große Gruppe Menschen in das winzige Restaurant. Die Sitze, die Tische und das WC , wahrscheinlich würde der Großteil der Ausstattung gegen sämtliche deutsche Gesetze und Regeln für Gaststätten verstoßen. An der Wand hing das Bild eines koreanischen Helden. Oder war es der Restaurantbesitzer?
    «Erinnert ihr euch an die Bombardierung des Hähnchenrestaurants am Ende des Krieges?»
    «Hähnchen? Hähnchenrestaurant? Irak?» Wir erinnerten uns nicht.
    «Stadtteil Mansur in Bagdad? Der Versuch, Saddam zu töten? Nur einen Tag bevor der Krieg offiziell beendet wurde?»
    Wir nickten. Journalisten nicken immer, wenn sie keine Ahnung haben.
    «Was ist damit?»
    «Die deutschen Informationen waren das Zünglein an der Waage damals.»
    «Deutsche Informationen?»
    «Yeah, ihr wisst doch, diese beiden Jungs vom BND , einer hatte immer so viel Wein getrunken. Sie saßen in der französischen Botschaft in Bagdad damals. Kommt schon, das waren die, die uns bei der Zielfindung geholfen hatten …»
    Wir schauten ihn an. In diesem Moment begriff er, dass er einen Fehler gemacht hatte. Er hätte uns das nicht erzählen sollen. Aber er hatte es getan.
    *
    «Geheime Kooperation: BND half Amerikanern im Irak-Krieg», lauteten die Schlagzeilen in der
Süddeutschen Zeitung
und im ARD -Magazin
Panorama
, als wir unsere Geschichte 2006 nach Wochen der Recherche veröffentlichten. Wir beschrieben, wie ein BND -Agent den Amerikanern direkt bei der Auskundschaftung von zwei Gebäuden in der irakischen Hauptstadt geholfen hatte. Daraufhin wurden diese Häuserkomplexe bombardiert, zwölf Menschen starben. Das war erstmals der Beweis, dass sich Deutschland doch am Krieg gegen Saddam Hussein beteiligt hatte, trotz Bundeskanzler Schröders «Nein» zu diesem Krieg im UN -Sicherheitsrat.
    Nach der Veröffentlichung reagierte die sonst in solchen Fragen sehr zurückhaltende deutsche Regierung ziemlich schrill. Das zeigte uns, dass wir einen sensiblen Punkt getroffen hatten. Wir hatten den Geheimdienst quasi
in flagranti
erwischt.
    Die Bundesregierung versuchte interessanterweise, den deutschen Kriegseinsatz mit Pazifismus zu erklären. Der Bundesnachrichtendienst habe nur «humanitäre Geheimdienstarbeit» betrieben, hieß es. Ernst Uhrlau, der damalige Präsident des BND , stritt die Rechercheergebnisse ab und ließ erklären, dass die deutschen Agenten nur in Bagdad stationiert waren, um die Thora-Rollen in einer Synagoge zu beschützen.
    Wenn ein deutscher Geheimdienstchef versucht, einen Kriegseinsatz mit dem Schutz des Judentums zu erklären, ist das ein sicheres Zeichen, noch genauer hinzuschauen. Als später die Liste mit den vom BND gelieferten militärischen Zielen veröffentlicht wurde, konnte er diese Begründung nicht mehr aufrechterhalten.
    Durch dieses Beispiel der BND -Agenten in Bagdad wurde uns erstmals klar, dass es eine Ebene der Kooperation zwischen den beiden Ländern gibt, die das Gegenteil ist von der öffentlichen Tagespolitik. Bundeskanzler Gerhard Schröder stellte sich damals öffentlich gegen diesen Krieg, während die beiden deutschen Agenten in der französischen Botschaft in Bagdad «hilfreicher für uns waren als 5000  Soldaten», wie später Spider Marks, der Leiter der US -Aufklärung während der Invasion im Irak, sagte.
    Doch diese Kooperation lief im Geheimen ab. Sie sollte vor der Bevölkerung versteckt werden.
    Unbekanntes entzieht sich der kritischen Beobachtung durch die Gesellschaft. Wo bei Ereignissen wie der illegalen Verschleppung von Verdächtigen, Spionage unter Flüchtlingen, NSA -Lauschangriffen oder der Planung internationaler Kriege die Transparenz fehlt, ist auch keine öffentliche Kontrolle möglich. Geheimnisse bedeuten Macht. Macht, die missbraucht werden kann, wenn niemand sie kontrolliert. Geheimnisse sind eine Gefahr für die Demokratie.
    *
    Kein Außenstehender, der die Bundesrepublik Deutschland in den Jahren seit 2001 beobachtet, kommt umhin, den Widerspruch zwischen der Selbstwahrnehmung der Deutschen und dem Handeln ihrer Regierung zu erkennen.
    Die Bundesbürger sehen sich gern als Friedensnation. Die Parole «Nie wieder

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