Geheimnis um einen roten Schuh
Gestern hätte ich Pfefferminz nicht einmal riechen können. Heute habe ich schon Appetit auf ein ordentliches Mittagessen.”
„Du siehst aber noch so blaß aus. Bleib jetzt ein Weilchen ruhig liegen. Du hättest noch nicht aufstehen dürfen.”
„Nun fang du nicht auch noch an zu predigen! Allerdings fühle ich mich wirklich etwas matt. Aber nun erzähle, was es Neues gibt.”
Während Betti erzählte, lag Dicki ganz still und hörte zu. Das Verkleiden hatte ihn mehr angestrengt, als er erwartet hatte, und er war plötzlich sehr müde. Mit einer Grippe war offenbar nicht zu spaßen, selbst wenn man kein Fieber mehr hatte.
„Gina und Rolf sind heute aufgestanden”, sagte Betti.
„Wenn das Wetter schön ist, dürfen sie morgen zum erstenmal ausgehen. Sie langweilen sich entsetzlich.”
„Und wie geht es Flipp?” fragte Dicki.
„Viel besser! Aber er ist furchtbar kratzbürstig. Hoffentlich kriegst du nicht auch so schlechte Laune wie er! Ach ja, das habe ich fast vergessen – auf dem Weg hierher habe ich Herrn Grimm getroffen.”
„Ah, der große Grimm!” Dicki richtete sich ein wenig auf. „Was macht er denn?”
„Er fiel vom Rad und setzte sich auf die Straße”, erzählte Betti kichernd.
„Und gesagt hat er nichts?”
„O doch! Er sagte, er wäre froh, daß der dicke Dietrich seine Nase einmal nicht in seine Angelegenheiten stecken könne. Es wäre ein Glück, daß du im Bett liegen müßtest und ihm nicht in die Quere kommen könntest. Bald finge die Schule wieder an, und so würdest du ihn nicht mehr ärgern.”
„Das denkt er sich!” Dicki richtete sich gerade auf.
„Morgen stehe ich auf, und übermorgen gehe ich raus. Wegda soll nur auf der Hut sein. Sobald ich ganz gesund bin, wird etwas geschehen.”
„Was wird geschehen?” fragte Betti erregt. „Meinst du, es wird ein Geheimnis geben?”
„Ja, ein Geheimnis, und wenn ich mir eins ausdenken müßte! Wegda soll nur nicht denken, daß er einmal in den Ferien Ruhe vor uns hat. Wenn wir alle wieder auf sind, spielen wir ihm einen Streich. Ah, schon der Gedanke daran macht mich gesund!”
„Was für einen Streich denn?” fragte Betti. „Zu schade, daß es diesmal kein richtiges Geheimnis gibt! Aber wir müssen ja bald wieder zur Schule und hätten gar keine Zeit mehr, es aufzuklären.”
„Dafür werden wir eben Spaß mit Wegda haben. Warte nur, ich werde mir schon etwas Schönes ausdenken.”
Davon war Betti überzeugt. Dicki hatte immer die herrlichsten Ideen. Jetzt ließ er sich aufs Bett zurückfallen und schloß die Augen.
„Fehlt dir etwas?” fragte Betti besorgt.
„Nein, mir ist nur gerade etwas eingefallen. Du weißt doch, wie einem manchmal Einfälle kommen – ganz plötzlich wie ein Blitz, ohne daß man nachzudenken braucht.”
„Bei mir ist das nicht so. Ich muß immer scharf nachdenken, bis mir was einfällt, und dann ist es meistens doch nichts Gutes. Du bist ein Genie, Dicki.”
„Das will ich nicht gerade sagen”, meinte Dicki bescheiden, „aber ich kann wirklich mancherlei. Denk doch nur daran, wie fabelhaft ich alle unsere Geheimnisse aufgeklärt habe und …”
Ein paar Minuten lang brüstete sich Dicki ungehemmt seiner Heldentaten und Betti hörte andächtig zu. Beide waren sehr glücklich dabei.
„Wieviel ist die Uhr?” fragte Dicki plötzlich. „Es müßte doch schon Tischzeit sein. Ich sterbe vor Hunger.”
„Ich glaube, deine Mutter kommt gerade mit dem Essen herauf.” Betti stand auf und öffnete die Tür.
Wirklich trat gleich darauf Frau Kronstein mit einem Tablett ins Zimmer, auf dem zwei dampfende Suppenteller standen.
„Ach, Mutter, schon wieder Suppe?” rief Dicki enttäuscht. „Wann bekomme ich endlich etwas Vernünftiges zu essen? Von Suppe allein werde ich nicht satt.”
„Gestern wolltest du nicht einmal einen Löffel Suppe essen”, entgegnete seine Mutter und stellte das Tablett auf den Nachttisch. „Keine Bange, nachher gibt es noch Hühnchen und Pudding.”
„Das klingt schon besser. Ich esse bestimmt zwei Portionen Pudding.”
Frau Kronstein lachte. „Du übertreibst immer alles, Dietrich. Aber der Doktor hat gesagt, du darfst alles essen, worauf du Appetit hast. Betti, bring bitte das Tablett nach unten, wenn ihr mit der Suppe fertig seid. Laß dir aber nichts von Dietrich wegessen!”
Am Nachmittag
Schweigend aßen Betti und Dicki die heiße wohlschmeckende Suppe. Als von unten gedämpftes Hundegebell heraufdrang, runzelte Dicki die Stirn und
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