GEHEIMNISSE DER NACHT
„Ich glaube, das sind diese furchtbaren DPIs“, überlegte sie laut. „Die müssen dahinterstecken.“
Dante warf ihr einen durchdringenden Blick zu und zuckte mit dem Kopf in Richtung des Mannes auf dem Vordersitz.
„Oh, mach dich nicht lächerlich, Liebling. Er kann mich nicht hören, wenn die Trennscheibe oben ist, und selbst wenn er es könnte, würde er kein Wort wiederholen.“
Dante sah noch einmal zu dem Mann auf dem Fahrersitz. Er war sehr blass und sehr dünn. Seine Augen wirkten hohl. Der Hals des Mannes war zwar nicht zu sehen, aber der Rollkragenpullover unter seiner dunkelblauen Jacke sprach schon Bände. Dante sah wieder zu Sarafina. „Du solltest sie nicht als Sklaven missbrauchen, Fina. Das gehört sich nicht.“
Nachlässig zuckte sie mit den Schultern. „Wenigstens bringe ich sie nicht einfach um. Es sei denn, sie verärgern mich. Hör auf, das Thema zu wechseln. Was sollen wir wegen dieser Organisation unternehmen?“
Kopfschüttelnd fragte er sich, ob er den Sterblichen aus seinem Elend erlösen sollte, wenn die Fahrt zu Ende war. Andererseits, was würde das bringen? Sarafina würde sich nur einen anderen suchen, der ihr zu Willen war. Je öfter ein Vampir von einem Sterblichen trank, ohne ihn zu töten, desto abhängiger wurde der Sterbliche, bis er kaum mehr war als ein unterwürfiger Wurm ohne Verstand, wie der Fahrer, der sich nur danach sehnte, noch einmal zu spüren, wie seine Herrin ihre Zähne in seinem Fleisch vergrub.
„Die DPI wurde vor fünf Jahren zerstört“, gab Dante zu bedenken. „Danach hat die Regierung ihre finanzielle Unterstützung zurückgezogen. Es gibt sie nicht mehr.“
„Und wer macht dann noch Jagd auf Vampire?“
Er zuckte die Schultern und wendete den Blick ab.
„Noch interessanter wäre es herauszubekommen, wer ihnen ihre Informationen gibt. Woher wissen die, wo wir uns ausruhen, wo wir jagen, wo wir leben? Sogar die DPI mit all den Recherchen hatte nicht so viele Informationen über unser Privatleben.“ Sie ließ den feuchten schwarzen Schal auf den Sitz zwischen ihnen fallen. „Genau diese Person müssen wir finden, Dante. Wer auch immer er ist, wir müssen ihn umbringen – und zwar langsam, schlage ich vor. Ich möchte gerne eine Weile dabei zusehen, wie er sich windet.“
Als sie auf einen Knopf drückte, öffnete sich die Glasscheibe zwischen den Sitzen erneut. Sie beugte sich vor. „Dein Handgelenk, mein Schatz. Deine Herrin ist hungrig.“
Mit einem matten Lächeln hob der Fahrer seinen Arm und steckte seine Hand durch die Öffnung. Den Ärmel seiner Jacke hatte er bereits zurückgerollt, und auf seinem Unterarm waren mehrere alte Einstichwunden zu erkennen. Sarafina packte seinen Unterarm mit beiden Händen, versenkte ihre Reißzähne in seinem Fleisch und saugte eine lange Zeit an ihm. Dante blickte weg, konnte aber nicht leugnen, dass sich auch in ihm der Hunger regte.
Sie hob ihren Kopf und leckte sich die roten Lippen sauber. „Möchtest du auch etwas, Dante? Mein Schatz ist ziemlich lecker.“
„Du bist grausam, Sarafina. Bring ihn um, damit es ein Ende hat.“
Als hätte er sie verletzt, hob sie die Brauen und richtete ihre Aufmerksamkeit dann wieder auf den Fahrer. Sie leckte die Blutspuren von seinem Arm und rollte behutsam seinen Ärmel hinab. „Na also, Schatz. Fahr hier bitte an den Straßenrand.“
Er nickte und brachte die Limousine zum Stehen. Dann stieg er aus, kam nach hinten und öffnete ihre Tür.
Sie waren mitten auf dem Highway. Der Verkehr, der an ihnen vorbeirauschte, war ein einziges Gemisch aus Licht und Bewegung. Sarafina stand nicht auf. Sie sprach, ohne ihn auch nur anzusehen. „Ich möchte, dass du etwas für mich tust, Schatz.“
„Alles“, flüsterte der Fahrer. Er war ein großer Mann. Dunkles Haar, von grauen Strähnen durchzogen, dünnes, scharfkantiges Gesicht und eine Hakennase.
„Ich möchte, dass du dich umdrehst und mitten auf die Fahrbahn marschierst.“
Der Fahrer starrte sie an, nicht direkt in ihre Augen, sondern irgendwo darunter.
„Sarafina …“, setzte Dante an.
„Tu es sofort“, befahl sie.
Dante schloss die Augen und fluchte leise. Der Fahrer drehte sich um und trat mitten in den entgegenkommenden Verkehr. Sein Körper wurde ungefähr hundert Meter durch die Luft geschleudert. Da saß allerdings schon Sarafina hinterm Steuer und fuhr davon.
Sie blickte nicht einmal zurück.
„Ich verstehe einfach nicht, wieso du nicht zurück nach L.A. ziehst, Morgan. Du hast
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