GEHEIMNISSE DER NACHT
und ihr ganzer Lebensstil war eine Lüge gewesen.
Das Haus und alles was darin war, musste verkauft werden, um einen Teil ihrer Schulden decken zu können. Morgan hatte ihr Studium abgebrochen, die Gebühren waren bereits Monate im Verzug. Und anscheinend waren ihre Freunde genau so falsch, wie David es immer prophezeit hatte, denn als die Wahrheit erst einmal herausgekommen war, hatten sie Morgan zurückgelassen wie ihre Garderobe vom letzten Jahr, und diejenigen, die Morgan immer unterwürfig erschienen waren, amüsierten sich heimlich über ihre problematische Situation. Während ihrer letzten Tage auf dem Campus hatte sie an jedem schwarzen Brett Ausschnitte aus der Klatschpresse gefunden, die lauthals das geheime, von Drogen überschattete Leben des berühmten Paars, das scheinbar alles besaß, verkündeten. Der Albtraum hinter dem Märchen und das arme kleine reiche Mädchen, das übrig blieb, um die Scherben zusammenzufegen, wurden dabei nicht ausgelassen.
Sie war gedemütigt aus L.A. geflohen, ohne Ziel und ohne dass ihr etwas blieb außer dem, was sie noch hatte einpacken können. In Davids Auffahrt war sie nur mit ihrem Maserati – Gott sei Dank auf ihren Namen registriert – eingebogen und dem Zeug, was sie in einen winzigen Kofferraum hatte quetschen können. Er war ihre letzte Hoffnung, obwohl sie fast befürchtet hatte, auch er würde sich angewidert von ihr abwenden, wie alle anderen auch.
Aber das tat er nicht. Er half ihr dabei, das Auto zu verkaufen, es gegen einen bescheidenen Gebrauchtwagen einzutauschen und das restliche Geld einzustecken. Als sie dann ein Versteck brauchte, wo sie sich ihre Wunden lecken konnte, durfte sie sein Haus in Maine benutzen, mietfrei, solange sie es brauchte.
Doch es sollte nicht für lange sein, hatte sie sich vorgenommen. Sie wollte ja schon immer eine berühmte Drehbuchautorin werden. Nun würde alles ein wenig früher als geplant beginnen. David war Filmproduzent. Er würde ihr dabei helfen, die richtigen Leute kennenzulernen, und ihr Drehbuch vielleicht sogar selbst produzieren. Er hatte versprochen, ihr eine Chance zu geben und alles in seiner Macht Stehende zu unternehmen.
Alles was sie brauchte … war eine Geschichte.
„Morgan?“ Davids Stimme riss sie grob von dem Pfad, den ihre Gedanken gewandert waren. „Hast du mich gehört? Ich habe gefragt, wie du mit dem Drehbuch vorankommst?“
Blinzelnd starrte sie den leeren Bildschirm an. Der Cursor bewegte sich sozusagen im leeren Raum. „Toll. Großartig. Es geht super voran.“ So super, dass sie sich entschieden hatte, lieber dieses uralte Wrack von einem Haus zu inspizieren, statt weiter auf den leeren Bildschirm zu starren. Die einzige Taste auf ihrer Tastatur, die ständig in Bewegung war, war „Löschen“. Sie hatte nur Müll hervorgebracht, seit sie angekommen war. Müll.
„Weißt du, es ist ganz normal, wenn du Schwierigkeiten mit dem Anfang hast“, beruhigte David sie. „Zwing dich zu nichts. Du hast eine Menge durchgemacht. Dein Verstand braucht Zeit, das alles zu verarbeiten.“
Morgan zuckte mit den Schultern. „Daran liegt es nicht“, erwiderte sie.
„Nein?“
„Natürlich nicht. Es ist sechs Monate her. Ich bin vollkommen darüber hinweg.“
„Vollkommen darüber hinweg, deine Eltern zu verlieren, dein Vermögen, dein Heim, deine Ausbildung und das, was du für deine Identität gehalten hast?“ Er schnalzte mit der Zunge. „Das glaube ich kaum.“
„Na ja, bin ich aber. Und um dir die Wahrheit zu sagen, herauszufinden, adoptiert zu sein, hat eine Menge Dinge erklärt. Ich meine, du weißt ja, meine Eltern haben sich nie viel … um mich gekümmert.“
„Das lag am Kokain, Schatz. Nicht an der Adoption. Nicht an dir.“
Sie räusperte sich, als ihre Kehle trocken wurde, und gab sich in Gedanken einen Tritt. „Und was den Rest angeht … ich hole mir alles zurück, David. Alles, was ich verloren habe. Und noch mehr.“
Sie hörte das Lächeln in seiner Stimme. „Daran zweifle ich kein bisschen.“
„Ich auch nicht.“ Ihr Blick ruhte auf dem leeren Bildschirm. Die Zweifel, die sie zu leugnen versuchte, erstickten sie fast. Verdammt, warum konnte das Schreiben eines Blockbuster-Drehbuchs nicht so einfach sein, wie sie immer gedacht hatte? Bei so vielen Filmen war sie völlig sicher gewesen, ihr könne im Schlaf etwas Besseres gelingen.
„Also, wann kann ich mit dem Drehbuch rechnen?“, hakte David nach.
Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und
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