Geheimnisse des Himmels
sagte Fye beruhigend. Er legte ihr sanft eine Hand auf die Schulter.
„Wer auch immer für den Schutzzauber des Grundstücks verantwortlich ist, hat seinen Job nicht besonders gut erledigt. Das wird noch ein Nachspiel haben“, murmelte Fye undeutlich.
„Kaithlyn?“
Sie richtete ihre Augen auf sein Gesicht und begegnete einem Lächeln. Einem mitgenommen, erschöpften, aber zuversichtlichem Lächeln, das ihr das Herz wärmte und
ein sonderbares Gefühl in ihren Körper verteilte, wie ein heißes Getränk an einem nassen Regentag im Herbst. Zuerst wusste sie nicht was es bedeutete, aber nach einer Weile erkannte sie, dass dieses Gefühl Fye gegenüber Vertrauen bekundete. Erleichterung, ja, aber vor allem Vertrauen, das langsam wuchs. Eine kleine Pflanze, deren erste Blüte gerade erwachte. Als könne er ihre Gedanken lesen, streckte er eine Hand aus und als Kaithlyn ihre in seine legte, drückte er diese fest, als Zeichen des Verstehens. Seine warme Berührung erinnerte sie an Rose. An einen Freund, der ihr Halt gab und sie ohne Worte verstand. Der sie betrachtete, ohne sie zu verurteilen.
„Ich denke es gibt keinen günstigeren Zeitpunkt - “, sagte Fye.
„- aber Mr Karacord will unbedingt mit dir reden.“
„Geht es ihm gut? Ich meine, ist Green…“
„Eine Unterhaltung wird sicher so einiges erklären“, meinte er und richtete sich auf.
„Es geht ihm wirklich gut. Er ist ein beeindruckender Mann.“
Fye klopfte sich den Staub aus den Kleidern. Kaithlyn glaubte das Aufflackern von Schmerz in seinem Blick zu sehen, doch es war so schnell wieder verschwunden, das sie sich fragte, ob Fye entweder starke Selbstbeherrschung ausübte oder seine eigenen Wunden tatsächlich in Sekundenschnelle heilen konnte.
„Du solltest dir besser etwas anderes anziehen. Dein Anblick kann im ersten Moment sehr besorgniserregend sein“, sagte Fye trocken. Kaithlyn schenkte ihm ein mattes Grinsen. Mit einer schwungvollen Bewegung zog sie sich ihren Pullover über den Kopf; ihr T-Shirt darunter hatte nichts abbekommen.
„Da soll noch mal einer sagen, Mädchen wären nicht umkompliziert“, scherzte er.
„Ich sehe noch kurz nach Harlow.“
Kaithlyn verschwand in ihrem Zimmer.
„Ich bin gleich zurück“, flüsterte sie leise der schlafenden Harlow zu. Hintergründig hörte sie Fye leise Worte murmeln und sie wusste, dass es ein Heilzauber sein musste. Als sie zurück kam waren seine Wunden verheilt. Er setzte sich auf einen nahe gelegenen Stuhl.
„Meine Kräfte sind ziemlich aufgebraucht“, erklärte er schnaubend. Fye streifte sich sein schwarzes Haar aus dem Gesicht. Er sah sehr bleich aus.
„Magie fordert ihren Tribut“, stellte sie fest.
„Mehr denn je, wenn man versucht, die eigenen Reserven aufzufrischen.“
Also war es leichter andere zu heilen, als die eigenen Wunden zu versorgen? Das verstand sie nicht, aber es war auch nicht die Zeit für eine Lektion in Sachen Magie.
„Fye, ich will, dass ihr mitkommt. Du, Melora und Kaine.“
Mit hoch konzentrierter Miene blickte er ihr ins Gesicht.
„Mr Karacord hat darum gebeten, mir dir zu sprechen.“
„Ihr habt dasselbe Recht wie ich zu erfahren, was er zu sagen hat“, konterte Kaithlyn.
„Melora steht kurz vorm Durchdrehen und Kaines Laune wird nicht besser, wenn er nichts weiter erfährt. Außerdem hat Mrs Koirbet im Einverständnis meiner Tante beschlossen, euch an meine Seite zu stellen.“
Kaithlyn wusste nicht, was ihr Großvater preisgeben würde, aber die Tatsache, dass sie alle versucht hatten, ihr irgendwie zu helfen und Fye sogar ihr Leben gerettet hatte, brachte das Gefühl in ihr auf, das sie ihnen etwas schuldig war. Der alte Mann würde wohl kaum gehütete Familiengeheimnisse ausplaudern, oder? Die Priorität lag bei Green. Er musste ihnen mitteilen, was vorgefallen war. Kaithlyn würde ihm klar machen, dass es in ihrem Interesse lag, das ihre…Freunde – sie sträubte sich, das Wort zu benutzen – dieselben Informationen erhielten wie sie.
Wenn sie ganz ehrlich war, kam ein weiter Punkt hinzu. Sie hatte einwenig Angst den alten Mann alleine zu treffen. Zweifel. Misstrauen. Befremdung. Diese drei Aspekte füllten ihren Kopf, wie ein angeborener Instinkt. Relia hatte ihr immer eingetrichtert auf der Hut zu sein.
Fye genügten ein paar Minuten, um sich zu erholen – oder zusammen zu reißen - was Kaithlyn nur bewundern konnte.
„Lass uns gehen.“
Kaithlyn übernahm die Führung und geleitete Fye zu dem Krankenzimmer.
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