Geheimnisse des Himmels
weiter darauf eingehen wollen, doch dann fügte er hinzu.
„Green beherrscht nicht nur die Drachenkünste, seine Whyburnmagie übersteigt vieles was ich bisher gesehen habe.“
Kaine verstummte. Die Stille brachte Kaithlyn dazu die Geschichte erneut Revue passieren zu lassen. Anthony Green. Dierraider. Die übelste Sorte Verbrecher, die es gab. Nun konnte sie sich eine Vorstellung davon machen, was Menschen taten, um sich diesen Titel zu verdienen. Sie hatte ja keine Ahnung gehabt.
„Kaithlyn“, begann Melora eindringlich.
„Erzähl uns bitte, was passiert ist.“
Mr Roberts, der die ganze Zeit über geschwiegen hatte, sah bestürzt aus. Kaithlyn holte tief Luft und erzählte, was geschehen war, nachdem sie Melora zurückgelassen hatte. Sie erzählte von der Suche nach Harlow und von Greens Erscheinen.
„Was wollte er von dir?“, fragte Kaine angespannt.
„Ich weiß es nicht.“
Kaithlyn war ehrlich.
„Hat er etwas gesagt?“
Kaine sah sie misstrauisch an, als zweifelte er an ihrer Ehrlichkeit. Als Kaithlyn zögerte, zog Kaine die Augenbrauen zusammen, sodass sie eine einzige flache Linie bildeten und sein Gesicht wieder zu der ungeselligen, Furcht einflößenden Maske erstarrte.
„Er war verwundert darüber, dass ich nicht wusste, wen ich vor mir hatte.“
Verwundert war untertrieben. Entzürnt traf es eher, dachte sie.
„Aber-“, begann Kaine, doch Melora zischte und gebot ihm zu schweigen. Kaithlyn hatte nicht erwartet, dass er wirklich verstummen würde. Genau, wie in jener Situation, als Fye ihm befahl zu verschwinden. Er schien, wenn auch widerstrebend zu wissen, das es manchmal ratsam war auf andere zu hören, ob man sie nun mochte oder nicht. Sehr rational. Mit Sicherheit hatte es auch mit der Geschichte zu tun, die sich unausgesprochen in den Gesichtern der drei abspiegelte, so bald sie einander an sahen oder miteinander sprachen. Kaithlyn fühlte sich jedes Mal, wie eine Ausgestoßene; wie jemand, der als Einziger nicht von einem weltbewegendem Geheimnis wusste, das alle anderen teilten. Es geht dich nichts an , rief sie sich ins Gedächtnis. Es geht dich einfach nichts an . Aber die Neugier war stark und die Tatsache, dass die drei so viel von ihrem neuen Leben mitbekamen als blicken sie in ein offenes Buch, verstärkte das Bedürfnis ihrerseits auch mehr über die Melora, Fye und Kaine zu erfahren.
„Was ist passiert, nachdem wir uns verloren haben?“, fragte Kaithlyn die nicht wollte, dass Stille eintrat. Mr Roberts ging nun nervös hin und her. Er mischte sich nicht in ihr Gespräch ein, beobachtete sie aber mit wachsenden Unbehagen.
„Als du um die Ecke gebogen warst und ich dich aus den Augen verloren habe, bin ich eine Weile die Wege weiter gegangen. Ich hatte bereits ein ungutes Gefühl gehabt, als wir uns dem Labyrinth näherten, weißt du noch?“, sagte Melora.
„Ja.“
Kaithlyn sah schuldbewusst weg.
„Dann kam die Kälte. Ich spürte dieses Stechen in der Lunge und wusste sofort, dass dies ein Lähmzauber war. Aber bevor ich irgendetwas dagegen tun konnte, wurde ich mit einem anderen Zauber belegt. Ich konnte nichts mehr tun, mich nicht mehr bewegen oder einen
Gegenzauber sprechen. Kaine hat mich gefunden“ fuhr Melora fort, wobei der letzte Satz besonders bitter klang.
„Ich habe einen Schrei gehört“, fügte Kaine hinzu.
„Ich war auch im Garten. Ich habe Melora zum Ausgang gebracht. Fyes Rabe hat mir den Weg gezeigt. Er tauchte plötzlich auf und flog über das Labyrinth. Ich dachte mir schon das etwas nicht stimmen würde.“
„Fye“, murmelte Melora leise. Mr Roberts schien der Ohnmacht nahe. Schweißperlen rannen ihm von der Stirn und er spähte aus dem Fenster.
„Sie kämpfen immer noch da draußen“, bemerkte Kaithlyn, die sich neben Mr Roberts ans Fenster gestellt hatte.
„Sie machen sich auch Sorgen, nicht wahr?“, sagte Kaithlyn verständnisvoll. Er nickte.
„Ich glaube nicht, dass ihm etwas zugestoßen ist, aber…“
Kaithlyn ging zurück an Harlows Bett. Harlow atmete leise und Kaithlyn legte ihr vorsichtig die Hand auf den Rücken. An manchen Stellen ihres Fells war noch getrocknetes Blut zu sehen. Kaithlyn schämte sich.
„Es ist meine Schuld.“
Sie strich Harlow übers Gesicht.
„Was hat er dir nur angetan?“
Sie kämpfte wieder mit den Tränen.
„Wie hast du es nur geschafft dich weiter zu bewegen?“, nuschelte Kaine undeutlich.
„Sogar Melora war völlig hilflos.“
Bei diesen Worten stieg Melora Zornesröte
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