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Geheimnisse einer Sommernacht

Geheimnisse einer Sommernacht

Titel: Geheimnisse einer Sommernacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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    Annabelles Vater war vor sechs Jahren an einer Herzerkrankung gestorben, und seitdem waren die finanziellen Ressourcen der Familie auf ein Nichts geschrumpft. So gut es ging, hatten sie versucht, ihre immer hoffnungslosere Lage geheim zu halten, hatten so getan, als beschäftigten sie noch ein halbes Dutzend Hausangestellte und nicht nur eine überarbeitete Küchenfrau und einen alternden Diener. Sie hatten ihre fadenscheinigen Kleider aufgetrennt, gewendet und neu zusammengenäht. Sie hatten die Edelsteine aus ihrem Schmuck verkauft und die fehlenden Steine durch eine farbige Paste ersetzt. Annabelle war die ständigen Täuschungsmanöver von Herzen leid, da sowieso jeder zu wissen schien, dass die Familie kurz vor dem Ruin stand. Seit Kurzem erhielt Annabelle sogar diskrete Angebote von verheirateten Männern. Mit bedeutungsvollen Blicken erklärten sie ihr, dass sie nur um Hilfe bitten müsse, man würde sie ihr selbstverständlich sofort gewähren. Annabelle wusste sehr genau, welche Gegenleistung für solche Hilfe erwartet wurde. Sie war sich sicher, dass sie, wenn nötig, auch das Zeug für eine erstklassige Mätresse besaß.
    „Wie sähe denn der ideale Ehemann für Sie aus, Miss Peyton?“, wollte Lillian Bowman wissen.
    „Ach, egal. Irgendein Adliger“, erwiderte Annabelle leichthin.
    „Irgendein Adliger?“, fragte Lillian skeptisch. „Soll er denn nicht gut aussehen?“
    Annabelle zuckte mit den Schultern. „Wäre angenehm, muss aber nicht sein.“
    „Und was ist mit Leidenschaft?“, wollte Daisy wissen.
    „Absolut nicht erwünscht!“
    „Intelligenz?“, erkundigte sich Evangeline.
    Anabelle zuckte wieder mit den Schultern. „Verhandelbar.“
    „Charme?“, fragte Lillian wieder.
    „Auch verhandelbar.“
    „Große Wünsche haben Sie ja nicht“, stellte Lillian trocken fest. „Also ich würde schon einige Bedingungen stellen. Mein Traummann müsste dunkelhaarig und attraktiv sein, außerdem ein exzellenter Tänzer … und er sollte niemals um Erlaubnis fragen, bevor er mich küsst.“
    „Ich will nur einen Mann heiraten, der alle Werke von Shakespeare gelesen hat“, erklärte Daisy. „Es müsste ein ruhiger, romantischer Mann sein. Vielleicht einer mit Brille. Er sollte Poesie und die Natur lieben, und vor allem sollte er nicht allzu viele Erfahrungen mit Frauen haben.“
    Die ältere Schwester blickte genervt zur Decke. „Ganz offensichtlich werden wir zwei uns nicht um denselben Mann streiten.“
    Annabelle sah zu Evangeline Jenner. „Und welcher Mann würde zu Ihnen passen, Miss Jenner?“
    „Evie“, sagte sie leise und errötete dabei so sehr, dass fast kein Unterschied mehr zwischen ihrer Haut und den feuerroten Haaren zu erkennen war. Sie schien zu überlegen, ob und wie sie antworten sollte, denn normalerweise war sie extrem schüchtern und zurückhaltend. „Ich glaube …, ich möchte jemanden …, der nett ist …“ Sie lächelte verschämt. „Ach, ich weiß nicht. Einfach jemanden, der mich l…liebt. Mich richtig l…liebt.“
    Evies Antwort rührte Annabelle. Liebe, dachte sie melancholisch. Auf Liebe zu hoffen hatte sie sich nie erlaubt.
    Liebe war absolut nebensächlich, wenn die Heirat eine Frage des Überlebens war. Dennoch legte sie ihre Hand auf die des jungen Mädchens. „Ich hoffe, Sie werden Ihren Traummann finden“, sagte sie. „Vielleicht müssen Sie ja gar nicht so lange warten.“
    „Erst sollen Sie Ihren Traummann finden.“ Evie lächelte verschämt. „Ich wünschte, ich könnte Ihnen irgendwie helfen.“
    „Wie es aussieht, brauchen wir vier alle in irgendeiner Form Hilfe“, meinte Lillian, während sie Annabelle nachdenklich musterte. „Hmm … Ich könnte Ihnen einen Vorschlag machen.“
    „Welchen?“, fragte Annabelle verwundert. Sie wusste nicht recht, ob sie amüsiert oder beleidigt sein sollte.
    „In wenigen Wochen ist diese Saison zu Ende. Ihre letzte, wie ich annehme“, begann Lillian. „Um es auf den Punkt zu bringen: Ende Juni schwinden Ihre Hoffnungen rapide, einen Mann zu heiraten, der Ihnen gesellschaftlich gleichgestellt ist.“
    Annabelle nickte traurig.
    „Dann schlage ich vor …“ Lillian schwieg plötzlich.
    Annabelle folgte ihrem Blick, sah die dunkle Gestalt, die sich näherte, und stöhnte innerlich.
    Mr. Hunt war der Störenfried – ein Mann, mit dem keine von den vieren etwas zu tun haben wollte.
    „Um ehrlich zu sein“, sagte Annabelle leise, „mein idealer Ehemann sollte das absolute Gegenteil

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