Geheimnisvoll und unwiderstehlich
blank polierte Messingschild neben der Eingangstür des eleganten Stadthauses, in dem Langdon Events im zweiten Stock ihr Büro hatten.
Eine steile Steintreppe führte hinauf zum Eingang, was Hal mit Missfallen registrierte. Aber er dachte gar nicht daran, die Rampe für Behinderte zu benutzen, auch wenn Poppy ihn deswegen wahrscheinlich einen Sturkopf nennen würde.
Gerade als er das Gebäude betreten wollte, öffneten sich die Glastüren, und eine hübsche junge Frau trat heraus. Ohne ihm Beachtung zu schenken, eilte sie an ihm vorbei und überquerte mit schnellen Schritten die Straße.
Amüsiert sah Hal ihr nach, wie sie sich zielstrebig einen Weg durch die Menge der Touristen bahnte, die hier in Covent Garden natürlich besonders häufig anzutreffen waren.
Eine Frau mit einer Mission.
Sie sah weder nach rechts noch nach links. Besonders fiel Hal der geschmackvolle schwarze Hosenanzug auf, der ihre schlanke Figur betonte. Aber war er nicht ein wenig zu warm für diesen heißen Tag? Dann bog sie um die Ecke, und Hal kehrte mit einem Ruck zu seiner eigenen Mission zurück.
Zehn Minuten später trat er aus dem Fahrstuhl heraus. Sein Knöchel tat höllisch weh, das T-Shirt klebte nass am Rücken. Hal atmete ein paarmal tief durch und humpelte dann die wenigen Schritte hinüber zum Büro, wo er zuletzt vor über einem Jahr gewesen war.
Es schien sich nicht viel verändert zu haben. Als Erstes fiel ihm der riesige Schreibtisch auf, hinter dem seine Schwester saß. Richtig, sie hatten ihn damals ja gekauft, damit sie beide hier arbeiten konnten. Aber für eine Person war er eindeutig zu groß. Außerdem war er mit Bergen von Akten und Papieren bedeckt, sodass Poppy dahinter fast verschwand. Der Anblick versetzte Hal einen Stich, sein Schuldbewusstsein wurde noch größer.
Er stützte sich auf seine Krücke, und Poppy hob den Kopf. „Oh, das ging aber schnell, Mimi. Wie hast du nur …? Hal!“ Poppy stieß einen spitzen Schrei aus, dann sprang sie von ihrem Stuhl auf und warf sich ihm in die Arme. Dabei stieß sie mit dem Knie zufällig gegen sein linkes Bein.
„Au!“ Hal zuckte zusammen und umarmte sie linkisch mit einem Arm.
„Bitte entschuldige! Dein Bein – das hatte ich ja fast vergessen.“ Poppy trat einen Schritt zurück und musterte ihren Bruder von Kopf bis Fuß. „Du siehst irgendwie verändert aus. Hängt es mit deinen Haaren zusammen? Du könntest übrigens mal wieder zum Friseur gehen, finde ich. Oder ist es dein Jackett? Nein, auch nicht.“
Hal schnaubte, und Poppy lachte laut. Sie strahlte ihn an und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
„Mit diesem Plastikstiefel kannst du zwar keine Modenschau gewinnen, aber er ist hundertmal besser als der schreckliche Gipsverband. Warum hast du mir nicht Bescheid gesagt, dass du kommst? Dann hätte ich dich doch vom Flughafen abholen und bemuttern können!“
„Vom Flughafen abholen? Mit deiner Sardinenbüchse von einem Sportwagen?“
„Na ja …“ Poppy wies auf den Stuhl vor dem Schreibtisch, auf den Hal sich vorsichtig niederließ. Das Büro war so klein, dass sie über seine Beine steigen musste, um auf die andere Seite zu gelangen.
„Los, erzähl schon, großer Bruder! Wie geht’s dir? Wie war’s in Frankreich? Wie lange kannst du bleiben? Ich ertrinke nämlich gerade in Arbeit, wie du siehst. Übrigens kannst du natürlich jederzeit bei mir übernachten. Meine Mitbewohnerinnen würden sich liebend gern um dich kümmern. Na, was sagst du dazu?“
Er hob protestierend die Hände. „Moment, Moment, lass mich doch auch mal etwas sagen! Also, Frankreich ist toll, aber ich habe das Chalet vermietet und meine Sachen eingelagert. Ich bleibe auf jeden Fall so lange, bis wir Toms Gala über die Bühne gebracht haben. Und ich übernachte auch sehr gern auf deiner Couch, vielen Dank. Aber ich will bestimmt nicht, dass sich jemand um mich kümmert. Das habe ich nämlich gerade hinter mir.“
„Wow“, erwiderte Poppy beeindruckt und lehnte sich in ihrem Sitz zurück. „Wer hätte das gedacht? Du liebst dein Chalet doch über alles. Wieso hast du es dann vermietet?“
Hal musste daran denken, wie sehr sich die Mitarbeiter von Langdon Events in Frankreich bemüht hatten, ihn vor der Presse zu beschützen, die ihn nach dem schrecklichen Unfall geradezu belagert hatte. Nach fünf Monaten war ihm schließlich die Decke auf den Kopf gefallen, und ihm war klar geworden, dass nur ein Ortswechsel Heilung bringen konnte.
Wie gern hätte er Poppy alles
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