Geheimnisvoll und unwiderstehlich
ich richtig gehört – du willst heute noch nach Italien fliegen?“, fragte Hal dann empört. „Das kann doch wohl nicht wahr sein.“
„Doch, leider“, entgegnete Poppy niedergeschlagen. „Kannst du dich an das rothaarige Mädchen erinnern, mit dem ich in Marrakesch gearbeitet habe? Du meintest immer, sie habe einen unheimlich schlechten modischen Geschmack.“
„Die junge Frau, die mich in den Pool gestoßen hat, nachdem ich ihr gesagt habe, wie mager sie in ihrem Bikini aussieht?“
Poppy nickte. „Genau die. In drei Wochen heiratet sie einen unglaublich reichen italienischen Adeligen, und Langdon Events wird die Hochzeit ausrichten.“
„Wirklich? Seit wann machen wir das denn?“
„Hochzeiten sind eine sehr lukrative Einkommensquelle“, verteidigte sich seine Schwester. „Allerdings dachte ich, ich hätte genügend Zeit, um mich zuerst um die Wohltätigkeitsveranstaltung und dann um diese Hochzeit zu kümmern. Aber Maddy macht mich wahnsinnig! Sie hat den Termin schon zweimal verschoben, und gerade hat sie mir erklärt, dass ihre Schwiegermutter die Hochzeit plötzlich nach Paris verlegen will.“ Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. „Das muss ich unbedingt verhindern. Aber es bedeutet, dass ich mich persönlich darum kümmern muss. So etwas kann man nicht übers Telefon erledigen.“
Sie sah ihren Bruder auffordernd an. „Jetzt muss ich natürlich jemanden finden, der mich hier ein paar Tage vertreten und das Event vorbereiten kann. Schließlich steht hier der gute Ruf unserer Firma auf dem Spiel!“
Hal lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme.
„Und wer könnte das schon sein außer mir? Du glaubst doch wohl nicht, dass du mich so leicht herumkriegen kannst, oder? Wie ich dich kenne, hast du die Sache von langer Hand geplant. Wahrscheinlich ist diese Hochzeit überhaupt der Grund dafür, dass du mich von meinem Krankenbett herzitiert hast, oder?“
Poppy sah ihren Bruder an und lächelte. „Wie kannst du so etwas nur von mir denken? Wie dem auch sei, ich habe das Gefühl, du bist genau im richtigen Moment hier aufgetaucht, Bruderherz. Herzlichen Glückwunsch – ab jetzt bist du der offizielle Veranstalter der Benefizgala für körperbehinderte Bergsteiger. Ist das nicht fantastisch?“
2. KAPITEL
Mimi breitete die Decke aus blütenweißen Leinen über dem Frühstückstisch aus, an dem sie so oft mit ihren Eltern gesessen hatte.
Während sie mit den Fingern über den feinen Stoff strich, musste sie an einen warmen Sommerabend denken, als beide noch gelebt hatten. Nach einem opulenten italienischen Essen hatten sie gemeinsam eine Kollektion Tischleinen mit Blumen und Zitronenfaltern entworfen, damit man selbst im kalten grauen Londoner Winter an den Sommer erinnert werden würde.
Mimi hatte damals angeboten, die Tischdecke zu besticken. Es war eine willkommene Abwechslung zu ihrem Designstudium an der Universität. Am Ende hatte ihre Mutter nachgegeben, weil sie im Laden so stark beschäftigt waren, dass sie sich nur um die Servietten kümmern konnte.
Vier Servietten hatte sie bereits bestickt, als der Anruf von ihrer Familie aus Mailand gekommen war. Sie hatten darauf bestanden, dass ihre Mutter sofort nach Italien kommen sollte. Und danach? Danach hatte es keinen Grund mehr gegeben, mit dem Projekt weiterzumachen. Die Freude war aus ihrem Leben verschwunden.
Trotzdem erschien es Mimi außerordentlich passend, diese Tischdecke anlässlich des Geburtstags ihrer Mutter aus dem Schrank zu holen. In einem jener seltenen Momente, in denen ihre Mutter geistig noch völlig klar war, hatte Mimi ihr versprochen, jedes Jahr ihren Geburtstag zu feiern. Und noch etwas anderes hatte sie ihr versprochen: nämlich jede Möglichkeit zu nutzen, um zu beweisen, dass sie eine professionelle Modedesignerin war, die sich auch ohne den Namen Fiorini auf dem harten Modemarkt durchsetzen konnte.
All diese Versprechen hatte sie ihrer Mutter gern gegeben, und sie hatte auch den festen Vorsatz gehabt, sie zu halten.
Damals jedenfalls.
Aber jetzt, da sie ganz allein war, war es sehr viel schwieriger.
Ermattet schloss Mimi die Augen. Plötzlich spürte sie, wie müde sie war. Am liebsten hätte sie sich noch ein oder zwei Stunden hingelegt, um den Anforderungen ihres Arbeitstages gewachsen zu sein.
Sie war es gewöhnt, bis spät in die Nacht zu arbeiten. Aber weil ihr an dem Erfolg der Show so viel gelegen war, war es inzwischen fast die Regel, bis um zwei oder drei Uhr morgens
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