Geheimprojekt Styx

Materialabteilung hier“, sagte eine ruhige männliche Stimme.
    Materialabteilung, dachte Hendricks, die sind doch in Katar. Was wollen die denn von mir?
    An die Transportbox, die er zusammen mit Nadia Sanchez im Dschungel des Kongos geborgen hatte, bei dem Nahas Angula, der einheimische Fährtenleser, sein Leben durch eine Sprengfalle gelassen hatte, dachte er im Moment nicht.
    „Was gibt's?“
    „Wir haben den Verwendungszweck für die Reste der Transportbox in Erfahrung gebracht. Diese Art von Boxen wird von Unternehmen verwendet, die Proben von Viren oder Bakterien sicher transportieren wollen. Sie sind absolut resistent gegen äußere Einflüsse und hermetisch abgeriegelt. Wenn Sie einen Ebola-Erreger transportieren wollen, dann nehmen Sie diese Art von Boxen. Diese Boxen halten sogar den stärksten Feuern stand.“
    Die Information brauchte einige Sekundenbruchteile länger als sonst, bis sie sich durch die Nebenschwaden des Alkohols gekämpft hatte. Dann allerdings realisierte Hendricks, was diese Information ihm sagte und er setzte sich ein Bild zusammen, das zwar an sich völlig abwegig war, aber eben deshalb so wahrscheinlich erschien.
    Das Dorf, welches sich laut Santiago Gorro dort befunden hatte, war als Testobjekt verwendet worden, anschließend hatte man die Spuren via Phosphor vernichtet. Warum die Box dann aber nicht auch vernichtet worden war, verstand Hendricks allerdings nicht so recht.
    Vielleicht war sie zu sperrig, um zu transportiert zu werden. Oder die Kerle haben sich einfach einen Fehler erlaubt.
    „Vielen Dank für die Information, Mister Clark“, erwiderte Hendricks und legte anschließend auf. Er sah Boratto an, dessen Blick neutral war, aber eine gewisse Neugierde ausstrahlte. „Die Box wird für Proben verwendet. Virenproben. Bakterienproben. Solche Dinge.“
    „Und das sagt uns was genau?“
    „Dass wir es mit Typen zu tun haben, die mit biologischen Sachen experimentieren.“
    „Hmm. Wenn man das mit den Geschehnissen der letzten Tage paart...“ Boratto sog die Luft scharf ein. „Wem sind wir da auf die Füße getreten, Mike? Den Amerikanern? Den Russen?“
    „Keine Ahnung. Vielleicht ist das auch eine private Firma. Fakt ist aber, dass wir inzwischen so weit in deren schmutziger Wäsche gewühlt haben, dass es nicht mehr zurückgeht.“
    „Ich hatte eh nicht vor, mir jetzt ein feines Leben in der Südsee zu machen.“ Boratto sah an Hendricks vorbei aus dem Fenster. „Eines verstehe ich aber nicht so recht. Warum brennen die mit Phosphor mitten im Kongo ein Dorf nieder? Was haben die da getestet?“
    Hendricks dachte kurz nach. Seiner Ansicht nach war die Antwort klar, doch ob er damit richtig lag oder nicht, wusste er nicht.
    Noch nicht.
    „Irgendeinen Virus oder sonstigen Erreger vermutlich. Wenn sich so ein Ding problemlos mitten im Kongo, unter abenteuerlichen Bedingungen im Dschungel und mit nicht existenten Wasserleitungen ausbreitet, was wird es dann erst machen, wenn man es in London freisetzt? Oder New York? Und abgebrannt haben sie das Dorf vermutlich, um Spuren zu verwischen und ein eventuelles verfrühtes Freisetzen des Erregers zu verhindern.“
    Borattos Gesicht wurde hart. „Ich will jetzt jemanden umbringen.“
    Typisch Art, dachte Hendricks, kommt sofort zum Geschäftlichen, ohne lange zu warten.
    „Abwarten. Wir müssen vorher nach Hongkong, um dort die Asian Dream abzufangen. Und vielleicht bekommen wir denn da Antworten auf unsere Fragen.“
    „Hongkong“, murmelte Boratto. „Bin noch nie da gewesen.“
    „Ich mal für zwei Tage, aber von einem Konferenzraum zum nächsten gehetzt. Das zählt also nicht wirklich.“
    „Also machen wir einen Blindflug. Ich hasse Blindflüge.“ Boratto brummte sich etwas in den imaginären Bart. „Na, was soll's. Ist nicht das erste Mal.“
    „Ganz genau.“ Hendricks stürzte den Inhalt der Kaffeetasse hinunter und verzog das Gesicht. Er dachte darüber nach, wie sie in Hongkong vorgehen würden. Da er die Mega-Stadt nicht kannte, hatte er, wenn er es ehrlich betrachtete, keine Idee.
    Wir müssen früher da hin, dachte er, und zwar sofort.
    „Art, ruf die Crew der Gulfstream an, wir fliegen sofort nach Hongkong.“
    „Bitte was?!“ Boratto sah Hendricks fassungslos an.
    „Aufklärung, ich will wissen, was da los ist. Und die Asian Dream kommt in drei Tagen da an.“
    „Fuck, Mike, ich hasse sowas.“ Boratto wandte sich zum Gehen, drehte dann aber doch noch den Kopf. „Mike, wir nehmen aber doch die