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Geheimprojekt Styx

Geheimprojekt Styx

Titel: Geheimprojekt Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Bunte
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nehmen, zu einem Grab zu gehen, um dort zu trauern.
    Hendricks wusste das und hielt es da selbst genauso. Sollte er vor Sanchez sterben, so würde er es ebenso machen. Stürze dich wieder in die Arbeit, Mike, ermahnte er sich, was in seinem Zustand nicht so ganz einfach war, das war immer deine beste Medizin.
    Und da dies so war, hatte er auch sich bewusst betrunken. Denn wenn er diesen Tag, diese Stunden hinter sich gebracht hatte, brauchte er nicht mehr zurückzuschauen. Und er fragte sich, ob er es tun würde.
    Nein, dachte er, ich habe Nad, wir werden heiraten und vielleicht setzen wir sogar Kinder in die Welt, wer weiß. Für Trauer habe ich da keinen Platz. Und es wäre einer Frau wie Nadia nicht würdig.
    „Mister Hendricks?“ Die Stimme des Trauerredners - einen Pastor oder Pfarrer hatte Howell abgelehnt, da er Atheist gewesen war - war sanft, mitfühlend und irgendwie aalglatt. Hendricks mochte sie nicht. „Wir wären dann so weit.“
    Hendricks nickte geistesabwesend und erhob sich schwer. Zwar wankte er nicht, und er ging auch geradeaus, doch wirklich wohl fühlte er sich nicht. Er zog seinen schwarzen Sommermantel enger um sich und trat hinaus in das Sonnenlicht des frühen Morgens. Sein Kopfschmerz intensivierte sich und auch der Magen meldete sich zurück.
    Auf dem Deck der kleinen Yacht stand der Kapitän, gekleidet in einen komplett schwarzen Anzug mit schwarzem Hemd und Krawatte, und aus einer dezenten Musikanlage donnerte „Dies Irae“ von Mozart, die bei Hendricks wahrlich Tage des Zorns auslösten.
    Sein Schädel drohte zu explodieren, zumindest fühlte er sich so an.
    Der Trauerredner faltete die Hände, sah schweigend zu Boden und wartete, bis Hendricks vor der Urne, die in einem schlichten Stahlgrau gehalten war, stehen blieb. Er blinzelte eine Träne aus den Augen weg und redete sich ein, dass dies vom Wind kam, doch diese Vermutung war schlicht falsch.
    „Frank Howell hinterließ folgende Worte für seinen Sohn, Michael Hendricks.“ Der Trauerredner räusperte sich. Howell war mit Sicherheit ein etwas skurriler Kunde gewesen, da er wenig von vielen Worten auf Beerdigungen gehalten hatte. Hendricks unterdrückte ein dünnes Grinsen, das ihn beschlich, als er sich vorstellte, wie Howell dem Mann vor einigen Jahren den Auftrag erteilt hatte, seine Beerdigung zu leiten.
    Ich vermisse dich, Dad, dachte er und gestattete sich diesen einen Ausflug in die Vergangenheit, und ich liebe dich, Nad.
    „Mein Sohn, sei stark auf deinem Wege, sorge für dich und deine Familie und höre stets auf dein Herz.“ Der Mann hob den Kopf, sah Hendricks an, der schweigend, den Kopf aufrecht und den Blick in die Ferne gerichtet, vor der Urne stand, welche auf einem ebenfalls schlichten Podest aus Eichenholz ruhte. Hendricks umfasste die Urne fest mit beiden Händen, trat an die Reling der Yacht heran und warf die Urne dann in das Wasser des Ärmelkanals. Er sah ihr noch nach, wie sie rasch im Meer versank, und wandte sich dann, mit festem Gesicht und ebensolcher Stimme dem Kapitän zu. „Bringen Sie uns zurück nach London.“
    „Sehr wohl, Sir.“
    Hendricks rauschte zurück unter Deck, wo er die Toilette aufsuchte, die Tür abschloss und sich über die Kloschüssel beugte. Dann erbrach er sich auch schon und der Geschmack von etwa einem Dutzend Longdrinks und Scotch breitete sich wieder in seinem Mund aus.
     
    Etwa eineinhalb Stunden später saß Hendricks auf dem Ledersessel hinter dem massiven Schreibtisch im Büro der Niederlassung in London und betrachtete mit einer in tiefe Falten gelegten Stirn den Bodensatz seiner Kaffeetasse. Schräg gegenüber von ihm stand Boratto, die Arme vor der Brust verschränkt und ein schiefes Grinsen aufgesetzt.
    „Du hast zu viel getrunken, Mike“, meinte der Brasilianer trocken und reichte Hendricks eine neue Kaffeekanne. „Entschieden zu viel.“
    „Halt die Klappe, Art“, brummte Hendricks und rieb sich die Schläfen. Immerhin war ihm nicht mehr übel, war doch der letzte Mageninhalt auf der Yacht geblieben. Die Kopfschmerzen allerdings waren immer noch da.
    „Ich mein ja nur, Boss.“
    „Klappe!“ Hendricks lehnte sich im Sessel zurück und schüttelte den Kopf. „Ich werde zu alt für solche Scheiße.“
    „Definitiv.“
    Das Klingeln des iPhones auf dem Schreibtisch lenkte Hendricks ab und er nahm den Anruf entgegen, wobei er Boratto mit einer Geste bedeutete, ihm neuen Kaffee einzuschenken.
    „Hendricks.“
    „Mister Hendricks, Clark von der

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