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Gehirnfluesterer

Gehirnfluesterer

Titel: Gehirnfluesterer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Dutton
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gegenüber den »wahren Gläubigen«, anders überlegt. Die Zerstörung der
     Erde war ausgesetzt und die gesamte Erdbevölkerung verschont worden. Wie Festinger feststellte, gab es für die Anhänger überhaupt
     nur diese eine Möglichkeit der Erklärung. Die Alternative, dass überhaupt keine fliegenden Untertassen existierten und es
     auch nie einen Masterplan zur Auslöschung der Welt gegeben hatte, sei undenkbar gewesen. Die Anhänger hatten zur Vorbereitung
     ihrer Flucht Jobs, Wohnungen und Angehörige hinter sich gelassen. Das alles konnte nicht umsonst gewesen sein.
    Festingers Deutung von Keechs gescheiterter Wahrsagung löste eine Lawine von Untersuchungen zur Dynamik kognitiver Dissonanzen
     aus. Die Leitstudie, die Festinger 1959 selbst durchführte, trug viel dazu bei, die Dinge in Bewegung zu bringen. Die Studie
     umfasste drei Hauptbestandteile: die obligatorischen Kohorten von Studenten, eine Reihe bedeutungsloser und geisttötend langweiliger
     Aufgaben und eine faustdicke Lüge. Die Studenten mussten die Aufgaben lösen und sollten dann mit der Behauptung, die Aufgaben
     seien wirklich »interessant« gewesen, neue »Teilnehmer« gewinnen (die de facto von der Versuchsleitung eingeweiht waren).
     Wie immer wurden die Studenten auch dieses Mal in zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine erhielt einen Dollar für ihre Doppelzüngigkeit,
     die andere dagegen zwanzig Dollar. Festinger wollte feststellen, ob die unterschiedliche Entlohnung Einfluss darauf hatte,
     wie die Studenten persönlich die Aufgaben bewerteten. Das Ergebnis entsprach den Erwartungen. Wie nach der Theorie der kognitiven
     Dissonanz vorausgesagt – und entgegen dem Common Sense – äußerten die Studenten, die nur einen Dollar erhielten, weniger Zweifel
     daran, dass die Aufgaben interessant waren, als die besser entlohnten Teilnehmer.
    Unglaublich!
    Und was war der Grund?
    Es war, so Festinger, ganz einfach: Die Ein-Dollar-Gruppe empfand eine größere Unstimmigkeit (kognitive Dissonanz) alsdie Zwanzig-Dollar-Gruppe, denn sie hatte für ihr Handeln eine geringere Rechtfertigung. Für nur einen Dollar sollten sie
     anderen wider jeden Anstand erklären, dass diese stupiden Aufgaben interessant seien. Eine andere, äußere Rechtfertigung gab
     es nicht, lediglich diesen Dollar. Um das vor sich selbst zu rechtfertigen, blieb ihnen nichts anderes übrig, als das Ganze
     zu verinnerlichen, zu internalisieren, und irgendwie sich selbst zu überzeugen, dass diese Aufgaben, die sie gelöst hatten,
     tatsächlich interessant waren.
    Die Teilnehmer der Zwanzig-Dollar-Gruppe dagegen gingen davon aus, dass sie eine
externe
Rechtfertigung für ihr Verhalten hatten: das Geld, das sie einstrichen. Ob ihnen der Job nun gefiel oder nicht, war da nicht
     so wichtig.
    Warum wir Dinge lieben, die wir hassen (besonders, wenn wir nichts dafür bekommen)
    Wer Menschen beeinflussen will, sollte vor allem die kognitive Dissonanz im Auge behalten. Insbesondere, wenn für die Betroffenen
     viel auf dem Spiel steht. Festingers Studie, die inzwischen als klassisch gilt, hat zum ersten Mal einen Beweis für ein Phänomen
     geliefert, das wir heute in der Forschung als selbstverständlich voraussetzen: In unserem Gehirn wirken Gravitationskräfte,
     die die Bahnen von Überzeugungen und Verhalten in psychischem Gleichklang und Gleichlauf halten. Manchmal sind diese Kräfte
     so stark und die Flucht aus der Realität dermaßen angenehm, dass die Vernunft in einem Schwarzen Loch verschwindet.
    Studien im Bereich der Tabakwerbung etwa haben gezeigt, dass nicht nur die Arterien von Rauchern verhärten, sondern – angesichts
     von Gesundheitskampagnen – auch die Gewohnheit selbst. Man stelle sich das Dilemma vor, in das ein Raucher gerät, wenn er
     auf ein Plakat stößt, das vor den Gefahren des Rauchens warnt. Die Parolen »Ich rauche gern« und »Rauchen tötet« werden sich
     niemals vereinbaren lassen; es gibt keinen Raum, indem sie koexistieren könnten. So muss eine von ihnen verdrängt werden und anderswo ihr Unterkommen finden. Oder sie müssen
     lernen, sich irgendwie gemeinsam durchzuschummeln. Raucher wiederum müssen sich auf die Vorteile ihrer Angewohnheit kaprizieren:
     »Es hilft zu entspannen«, »Alle meine Freunde rauchen« oder Ähnliches. Und gleichzeitig werden sie die Gefahren herunterspielen:
     »Nicht alle Experten sind sich einig«, »Das betrifft nur ältere Menschen« etc.
    Das Gleiche gilt für religiöse Überzeugungen. Die

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