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Gehirnfluesterer

Gehirnfluesterer

Titel: Gehirnfluesterer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Dutton
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Denkfaulheit, die gewisse Gläubige (und manche Atheisten ebenso) auszeichnet,
     resultiert aus den immensen psychischen Investitionen, die solche Überzeugungen aufsaugen, oft über viele Jahre hinweg, oft
     auch gestützt durch lang etablierte moralische Anschauungen, soziale Netzwerke oder politische Neigungen und ähnliche Verrechnungsstellen
     des Selbstverständnisses. Könnten
Sie
so ohne weiteres mit allen Ihren Überzeugungen aufräumen und bei Punkt ull von neuem beginnen?
    Es gibt auch irdischere Beispiele. Sie kaufen etwas, gehen damit nach Hause und überlegen es sich dann anders. Sie bringen
     das Teil wieder in den Laden und stellen fest, dass es keine Rücknahme- oder Umtauschmöglichkeit gibt. Bei den meisten Menschen
     passiert in einem solchen Fall Folgendes: Wie durch Zauberei gelingt es ihnen, sich mit dem Gekauften nun doch anzufreunden.
     Sie zerknüllen die Quittung, werfen sie in den Mülleimer und denken sich: So schlecht ist es eigentlich gar nicht.
    Doch da ist keinerlei Magie am Werk, sondern die kognitive Dissonanz. Es sind zwei unstrittige und gleichzeitig völlig im
     Widerspruch zueinander stehende Erkenntnisse: einmal »Ich habe Geld dafür ausgegeben« und zum anderen »Ich will das Zeug nicht
     haben und kann es nicht umtauschen«. Diese Erkenntnisse müssen im selben kleinen Gehirnareal eine Wohngemeinschaft bilden,
     bis entweder das eine oder das andere passiert: Entweder raufen sie sich zusammen und legen ihre Streitigkeiten bei. Oder
     eine packt ihre Taschen. Neun von zehn Mal raufen sie sich zusammen.
    Die Neurologie des Einflusses
    Die Wirkung kognitiver Dissonanzen zeigt sehr deutlich, wie eng die Logik von Glaubenshaltungen mit Gefühl verbunden ist.
     Ein Experiment, das Sam Harris und seine Kollegen an der University of California in Los Angeles durchgeführt haben, setzt
     noch eins drauf und zeigt, wie Glauben, Gefühl und Einfluss im Gehirn womöglich verbunden sind. Die Teilnehmer bekamen eine
     Brille mit einem Videodisplay auf die Nase gesetzt. Harris ließ Aussagen aus sieben verschiedenen Themenfeldern einblenden,
     die auf ihren Wahrheitsgehalt hin bewertet werden sollten. Es ging um Mathematik, Geografie, Autobiografisches, Religion,
     Ethik, Semantik und Tatsachenbehauptungen. In jeder Kategorie gab es drei Arten von Aussagen: wahre, falsche und solche, die
     weder das eine noch das andere waren, die nicht auf Anhieb auf ihre Richtigkeit überprüft werden konnten. Eine richtige mathematische
     Aussage wäre zum Beispiel: »(2 + 6) + 8 = 16.« Eine falsche ethische Aussage wäre: »Kinder sollten keine Rechte haben, bevor
     sie nicht wahlberechtigt sind.« Eine nicht verifizierbare religiöse Aussage wäre: »Jesus sprach im Neuen Testament 2467   Worte.« Während die Teilnehmer sich mit diesen Aussagen befassten, betätigte sich Harris mit Hilfe der Magnetresonanzenzefalographie
     als Detektiv in ihrem Hirn. Die Frage war, welche Areale im Gehirn bei den unterschiedlichen Bewertungen aktiv werden, bei
     Glauben, Zweifel und Unsicherheit.
    Die Ergebnisse waren sehr spannend. Als Erstes stellte sich heraus, dass die Reaktion, wenn etwas als zutreffend empfunden
     wird, schneller erfolgt, als wenn es als falsch empfunden wird. Eine weitere Bestätigung von Spinozas Vermutung, dass wir
     zuerst glauben und dann nicht mehr glauben.
    Aber das war nicht alles. Wie Harris feststellte, ist Glauben begleitet von einer zunehmenden Aktivität im zentralen Bereich
     präfrontalen Cortex – in dem Areal des Gehirns also, das in der Regel damit beschäftigt ist, Fakten und Gefühle miteinander
     zu verbinden und das richtige Verhalten, in anderen Worten: Pro und Contra, abzuwägen. Zweifel hingegen aktiviert die Inselrinde– das Areal, das betroffen ist, wenn es um die Codierung ablehnender, aversiver Reaktionen wie Schmerz oder Ekel sowie um
     die Bewertung von Geschmacks- und Geruchsreizen geht. Ungewissheit wiederum erregt das
paraanteriore Cingulum
unterhalb des frontalen Cortex, ist also eine Art neurologische Warnleuchte, die zu blinken beginnt, wenn plötzlich verstörend
     neue Reize auftauchen. Könnte es sein, dass diese Hirnareale die Grenzen der Beeinflussung definieren? Sind Überzeugungen,
     die Gefühle auslösen und zu einer erhöhten Aktivität des präfrontalen Cortex führen, besonders schwer zu verändern? Während
     diejenigen Überzeugungen, die die reizbare Inselrinde lähmen, besonders schwer zu erwerben sind? Die Hypothese scheint plausibel,
    

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