Gehirntraining - Ueber Die Benutzung Des Kopfes.
Vorgänge geht). Erfahrungsabhängiges Lernen hingegen ereignet sich das ganze Leben lang. Eine ähnliche Sichtweise vertritt die Psychologin Elsbeth Stern, die zwischen privilegierten und nicht privilegierten Lernprozessen unterscheidet. Auch für den erwachsenen »Hirnuser« hält das Ratgebersortiment Empfehlungen zur Hirnoptimierung bereit, nur sind es eben andere und sind sie anders begründet. Mit Verweis auf die lebenslange neuronale Plastizität des Gehirns wird er ermutigt, sein Denkorgan durch Gehirnjogging und Knobelaufgaben zu trainieren.
Besonders prominent auf diesem Gebiet ist die Autorin Vera Birkenbihl, die für sich beansprucht, den Begriff »gehirn-gerecht« bereits 1973 erfunden zu haben. Eine gehirngerechte Aufarbeitung von Lerninhalten führt laut Birkenbihl dazu, dass man den Lernstoff spontan verstehe und sofort ins Gedächtnis überführe (»Einmal gehört oder gelesen = gemerkt!«). Gehirngerecht bedeutet hier vor allem, dass etwas Spaß bereiten muss.
Bei all den Versuchen, aus der Hirnforschung Strategien zum hirngerechten Lernen und Erziehen abzuleiten, wird beharrlich ausgeblendet, dass bislang keine neurowissenschaftlichen
Erkenntnisse vorliegen, die grundsätzlich neue Sichtweisen auf Bildungs- oder Erziehungsprozesse eröffnen. Vielleicht erklärt das auch, weshalb einige der Ratgeberkonzeptionen seit nunmehr dreißig Jahren in weitgehend unveränderter Form vorliegen. Was die Hirnforschung aktuell bereitstellen kann, ist die Beschreibung neurophysiologischer Korrelate zu einigen pädagogisch relevanten Phänomenen, die man bislang lediglich auf der Verhaltensebene untersuchen konnte. Das ist zweifellos interessant - auch wenn sich daraus keine neuen pädagogischen Strategien ableiten lassen.
Abb 6
Beim virtuellen »Simsen« sind Kombinierer gefragt: Entziffern Sie die beiden SMS-Mitteilungen. Nutzen Sie dazu ausschließlich den auf diesem Handy angegebenen Buchstabenschlüssel. So ergibt einmaliges »Tippen« der Taste 6 den Buchstaben »m«, zweimal drücken »n«, dreimal drücken »o«.
Die Lösung des Rätsels finden Sie im Anhang.
Vorlage: Gesellschaft für Gehirntraining e.V.; Shutterstock/Bucic
Verändert Schönheit unser Gehirn?
Die Hirnforschung hat in der Ästhetik eine Verbündete gefunden.
Wenn wir uns mit Farben und Formen beschäftigen
und nach Idealen suchen, arbeitet das Gehirn meisterlich.
Von Semir Zeki
E s gehört zu den erklärten Zielen der Neuroästhetik, durch die Erforschung der typisch menschlichen Eigenschaften zu einem besseren Verständnis der menschlichen Natur zu gelangen. Über Sprache verfügt nur der Mensch, andere Eigenschaften wie die Fähigkeit, Wissen zu erzeugen, zu erwerben und weiterzugeben, erreichen beim Menschen ihre höchste Entwicklung. Wer allerdings heute etwas über die überwältigenden Leidenschaften in Erfahrung bringen möchte, die Menschen zu heroischen, aber auch schändlichen Taten treiben, zum Beispiel die Suche nach Schönheit, die Sehnsucht nach Liebe oder den Drang, zu lernen und sich in konstruktiver wie auch destruktiver Weise schöpferisch zu betätigen, der fände dazu
in der neurobiologischen Literatur bisher nur wenig Substanzielles.
Er griffe zu diesem Zweck eher auf die großen Klassiker der Literatur und die philosophischen Debatten der letzten zweitausend Jahre zurück oder auch, neben anderen Dingen, auf große Kunstwerke der Malerei, Bildhauerei und Musik. Deshalb habe ich vor mehr als einem Jahrzehnt die Neuroästhetik ins Leben gerufen, die das Ziel verfolgt, Erkenntnisse der Geisteswissenschaften für die Erforschung des menschlichen Gehirns zu nutzen.
Es gibt gute Gründe, weshalb die Naturwissenschaften im Allgemeinen und die Neurobiologie im Besonderen die Geisteswissenschaften bei der Erforschung des Gehirns bisher kaum genutzt oder sich nicht experimentell mit den dort aufgeworfenen Fragen befasst haben. Dieselben Gründe vermögen auch zu erklären, warum die Geisteswissenschaften sich mit Fragen auseinandersetzen können, die für die Neurobiologie von fundamentaler Bedeutung sind oder sein sollten. Sie liegen in der Tatsache, dass die Naturwissenschaften objektive, quantifizierbare Daten verlangen. Während sich die Konzentration eines Neurohormons in einem bestimmten Hirnbereich objektiv nachweisen und quantifizieren lässt, gibt es - oder gab es zumindest bis vor Kurzem - keine Möglichkeit, Aussagen wie »Ich habe große Lust auf X« oder »Ich finde dieses Gemälde
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