Geier (German Edition)
Ich schaute nach, was unsere Konten machen. Als die auf dem Bildschirm erschienen, watschelte die Bedienung mit meinem Fisch heran. Also schaltete ich den Computer auf Schlafmode, damit nicht jeder sehen konnte, was der Schirm zeigte, und haute rein.
Ein sagenhafter Fisch! Also wirklich. Ganz zart gegrillt, nicht mit dunkelbraunen Striemen und verbrannt stinkend, sondern hell und luftig. Mit etwas Zitrone und Pfeffer, ganz wenig Bearnaise und zwei winzigen, kugelrunden neuen Kartöffelchen. In der Schale daneben Poi, diese hawaiianische Matsche, die ich auf den Tod nicht leiden kann. Und frisches Weißbrot, Baguette auf französische Art, vom Dorfbäcker.
Als Appetitanreger hauchzart geschnittene Mahi-Mahi-Filets. Mit der Rasierklinge geschnitten – fast durchsichtige, briefmarkendicke Scheiben. So liebe ich den Fisch. Und fünf Kilometer von hier steht das Atomkraftwerk Diablo Canyon in einer Bucht und pumpt sein Kühlwasser zurück in den Pazifik. Man darf nicht daran denken. Weiß der Geier was die Hawaiianer alles mit ihrem Teil des Stillen Ozeans machen. Und ich esse hier Mahi-Mahi. Roh.
38 Autojagd
Im Fisherman´s Hut sind sie immer sehr freundlich. Im Winter sowieso, weil sie dann die Einheimischen besonders schätzen, die als einzige dort essen. Im touristisch erschlossenen Frühjahr, Sommer und Herbst sind sie sehr verbindlich, wenn man sich setzt und bestellt. Dann dauert es noch mal zehn Minuten, und sobald die Gabel auf den leeren Teller fällt, steht die Bedienung mit der Rechnung da. Wer dann nicht sofort aufhüpft, verschwindet vom Bedienungsradar. Keinen nachgefüllten Kaffee mehr, keine Frage, ob man denn noch etwas möchte, niemand kommt zum Abräumen. Denn die wollen ihre Tische alle dreißig Minuten frisch besetzen, und wer länger bleibt, betrügt die Kellnerin um ihren Lohn. Daher rät es sich, die Rechnung als Aufforderung zum Abhauen zu verstehen.
Was ich auch tat. Ich setzte mich auf eine Bank im Hafen, schaute den Möwen beim Fressen und Scheißen zu und warf meinen Laptop wieder an. Die Konten sahen gut aus, die ersten Habenzinsen waren schon draufgebucht – ein paar Dollar erst, aber immerhin ein Zuwachs – und ich überwies mal aus reinem Interesse am Vorgang zehntausend Dollarchen von einem aufs andere Konto. Die überweisende Bank schrieb mir sofort eine automatisierte Mail mit der Information, die ich brauchen würde, um die Reise meines Geldes verfolgen zu können. Die Empfangsbank ließ mich wenige Minuten später wissen, dass Geld gekommen sei. Mit Trara, Fanfarenstoß und bunten Bildchen! You Have Money!
I will have a whole shitload of money in a couple of days. Wartet´s nur ab. Mit bunten Bildchen oder ohne, mit Fanfare aus den Minilautsprechern oder nicht, Kohle wird eingehen. Und verfügbar sein. Halleluja!
Das Telefon-Symbol hüpfte auf der Internet-Benutzeroberfläche hin und her, winzige Blitzchen symbolisierten Geklingele, also griff ich die Kopfhörer aus der Laptop-Tragetasche. Das Mithören klappte vorzüglich. Ich loggte mich in das Gespräch ein, als es fast schon beendet war.
„....Also werden wir kaum rausfinden, wer es war. Aber die Alarmanlage hat dauernd gebellt, und Rogelio hat sie ausgeschaltet, weil er meinte, die reagiert wieder auf Rehe, wie kürzlich schon mal.“
Sieh mal einer an!
„Und wozu habe ich das Scheißding gekauft? Um so einen Idioten wie Rogelio sie ausschalten zu lassen, wenn es ihm gerade in den Kram passt?“ Da war einer stocksauer. Doch nicht etwa Moreno? Ich kannte seine Stimme ja vom Tonband, das Rick aufgenommen hatte, und diese hörte sich ähnlich an. Aufgeregter, natürlich, aber könnte durchaus Moreno sein.
„Ich will, dass die Bude nicht mehr alleingelassen wird. Wenn ihr herkommen müsst, dann ruft entweder einen der Jungs an, dass der so lange drinbleibt, oder es kommt nur einer von euch. Aber auf keinen Fall mehr leerstehen lassen. Das ist ja die reinste Einladung, Mensch!“ Der wurde immer lauter – ich sah richtig seinen roten Kopf. Sein Gesprächspartner machte kleinlaute Geräusche, aber nichts Konkretes. Ich staunte über ihre Blödheit. Müssen doch wissen, dass Abhören heutzutage ein Kinderspiel ist.
„Morgen treffe ich mich mit meinen Bullen. Ich schicke sie mal rüber – Montag oder Dienstag kommen die bei euch vorbei und gehen noch mal von oben bis unten durchs Haus. Die werden schon rausfinden, wer da herumschnüffelt. Hoffentlich nicht dieser lästige Radioscheißer, den sie
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