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Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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Fabrikation geschrieben. Ich ordnete das Zeug nach Datum, schrieb dazu, unter welchen Umständen ich die Zettelsammlung gefunden hatte, wickelte ein Gummiband um den Packen und steckte ihn ins Backpack. Ignacio würde sich drüber freuen. Der kannte Leute. Der würde den Richtigen kennen, der mit dieser Information was anfangen konnte. Natürlich schrieb ich nicht dazu, wer ich bin und wo ich einst wohnte. Die Zettel allein würden einigen Leuten böse Nächte bringen. Viele böse Nächte.
    Die Warterei und Guckerei brachte nichts. Bis kurz nach Mitternacht lag ich unterm Manzanitabusch, spitzte die Ohren und war mutterseelenallein. Dann rächten sich die miesen Schlafgewohnheiten der letzten Wochen – ich pennte unterm Busch ein. Und schlief wie ein Säugling. Bis mir die Sonne aufs Auge brannte.
    Ich erschrak zutiefst. Aber ich war noch immer allein, am Haus hatte sich nichts getan, die Wolldecken hingen genauso traurig in der Morgensonne wie im goldenen Abendlicht, und der Garten zeigte keine Spuren, die auf eine schnelle Geldabhebung mittels Spaten gedeutet hätten. Also hockte ich mich erst mal hinter einen etwas entfernten Busch, kackte den gewohnten Morgenhaufen und putzte mit frischem Grün. Dann sammelte ich mein Zeug ein und verließ die gastliche Stätte. Ich hatte keine Lust, näher an den Wohnbehälter zu gehen und mich umzuschauen. Wozu auch?
     
    Der Kunstledersitz des Jeep war noch feucht vom Nachttau. Ich wischte ihn mit dem Ärmel meiner leichten Windjacke ab, verstaute meinen Backpack vorm Rücksitz und ließ das Auto an. Es stieß eine mächtige Wolke Wasserdampf aus, lief aber rund und brachte mich in wenigen Minuten ins Tal.
    Am Sonnabend höre ich gern Radio. Da werden die Kindsköpfe der werktäglichen Frühstückssendungen von Leuten abgelöst, die noch von Musik etwas verstehen und die Nachrichten lesen können, ohne dauernd dazwischen zu kichern. Mein Rockmoderatorkollege von KPIS sagte die Zeit an – sieben Uhr, einfach so, unkommentiert, was wohltuend ist – und las die Headlines, die früher auch mal Schlagzeilen hießen.
    Zwei Tote bei Freewayunfall in der Nähe Santa Barbaras, der Stadtrat von Pismo Beach beschloss Erhöhung der Bettensteuer, das Polytechnikum in San Luis Obispo bekennt sich zu höherem Minoritätenanteil.
    Werbung für zweistöckige Hamburger, einen Autohändler, einen pleitegehenden Teppichhändler, der schreiend verkündet: „I´m crazy, so everything must go, regardless of price“, und im Hintergrund läuft dieses Juxlied mit dem Refrain „They´re coming to take me away, ha ha.“
    Regierungswechsel in Mexiko, Aufstand in Ghana, Kopfjäger massakrieren Touristen in Borneo – keine Amerikaner unter den Toten. Seriöses Radio am Samstag.
    Der wunderschöne Morgen machte mich leichtsinnig. Ich brauste mit offenem Verdeck durch die Weinberge des Santa Maria Valley, hörte laute Musik und freute mich, dass alles so glatt lief. Über den Hügeln Vandenbergs im Westen versuchte die Besatzung eines kunterbunten Heißluftballons, das gesperrte Militärgelände zu umfliegen, was angesichts der vorherrschenden Windrichtung nicht ohne Probleme war. Der Korb des Ballons hing schief, weil sich die Passagiere auf einer Seite versammelt hatten, vermutlich im Bestreben, den Ballon zum Abdrehen zu zwingen. Sie hätten vermutlich ebenso wirksam mit Pappdeckeln wedeln können.
    Die Flamme des Gasbrenners leuchtete weithin sichtbar unter der Ballonöffnung. Zwei mattschwarze Militärhubschrauber lauerten wie Killerlibellen hinter einer Bergkuppe, bereit, wie ein böser Phönix über dem Berg aufzutauchen und die armen Ballonspezis zu Tode zu erschrecken.
     
    So früh waren nur landwirtschaftliche Fahrzeuge unterwegs. Gelegentlich klapperte ein Uraltauto mit vermummten mexikanischen Feldarbeitern vorüber; die Menschen, die auf diesen trockenen, brütend heißen Feldern ihren Unterhalt verdienen mussten, verhüllten sich gegen Staub, Sonne und Insekten. Wie sie das aushielten, war mir ein Rätsel. Sahen aus wie Beduinen.
    Hinter mir ertönte ein lang gezogener Hupton, dann zischte ein todschicker schwarzer Mercedes mit Hochgeschwindigkeit an mir vorbei. Drei Anzugträger fläzten sich in den Ledersitzen, dunkle Herren in hellem Armani, so kam es mir vor, als ich sie aus dem Augenwinkel kurz sah. Ein Paar schwarze runde Sonnenbrillengläser glotzten mich aus dem hinteren Seitenfenster gelangweilt an. Das Auto kurvte wieder auf meine Fahrspur und hob unvermittelt sein hässliches

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