Geist Auf Abwegen-Parkinson, Asperger und Co
Sanatorien, psychiatrische Anstalten und Laboratorien in ganz Deutschland führen sollten, war vor allem sein Aufenthalt in Frankfurt am Main wichtig für das neurotopographische Werk, mit dem sein Name verbunden ist. Ab 1900 arbeitete Brodmann eineinhalb Jahre in der Städtischen Anstalt für Irre und Epileptische, wo er Alzheimers neu-ropathologische Untersuchungen kennen lernt. Im Herbst 1901 machte Alzheimer seine ersten Notizen über Auguste D. - doch zu diesem Zeitpunkt war Brodmann bereits wieder weitergezogen. Als Brodmann in Frankfurt ankam, arbeitete Franz Nissl schon seit einigen Jahren nicht mehr dort, aber er hatte unterschiedliche Färbetechniken in Alzheimers Labor eingeführt. Alzheimer und Nissl nutzten die >Nissl-Färbung< bei der Pathologie von Nervenzellen wie Demenz oder Sklerose, doch auch für Forscher im Bereich der topographischen Anatomie war sie ein unentbehrliches Instrument.
Vogt hatte 1898 ein neurologisches Privatinstitut gegründet, die Neurologische Zentralstation. 1901 bat er Brodmann, nach Berlin zu kommen. Er hatte einen großen Auftrag für ihn: die Erstellung einer Topographie der gesamten Hirnrinde. An diesem Projekt konnte Brodmann von 1901 bis 1909 ohne Unterbrechung arbeiten. Zwischenberichte wurden als sieben Mitteilungen in neurologischen Fachzeitschriften veröffentlicht. 1909 erschien im Leipziger Verlag Barth die Synthese von fast zehn Jahren geduldigen und gewissenhaften Kartierens, der Atlas maior des Cortex, oder mit dem Gesamttitel: Vergleichende Lokalisationslehre der Großhirnrinde in ihren Prinzipien dargestellt auf Grund des Zellenbaues . n
BRODMANNS TOPOGRAPHIE
Brodmann präsentierte eine »vergleichende« Lokalisationslehre -vergleichend, weil er die Topographie des menschlichen Gehirns inmitten der der Säugetiere im Allgemeinen zu erfassen versuchte. Dem menschlichen Gehirn ist zwar ein gesonderter Teil gewidmet, doch Brodmann war davon überzeugt, dass die Topographie des menschlichen Gehirns viele Übereinstimmungen mit den Gehirnen von Affen, Kängurus, Murmeltieren oder Igeln aufwies. Beim ersten Durchblättern des Atlasses fallen dem Betrachter vor allem die vielen unterschiedlichen Tiere auf. Manche, wie z. B. Katzen, Hunde, Kaninchen oder Ratten, waren leicht zu beschaffen gewesen, doch Brodmann hatte auch Gehirne des Orang-Utans, des Kapuzineraffen, Löwen, Braunbären, Tigers, Seehundes und Elefanten untersucht. Der Eindruck, in der Lokalisationslehre ziehe ein halber Zoo an einem vorüber, entsteht nicht von ungefähr. Im Vorwort dankt Brodmann zwei Zoologen des Berliner Zoologischen Gartens, und tatsächlich war ein beträchtlicher Teil der Tiere nach ihrem Ableben in Vogts Neurologische Zentralstation gewandert, wo Brodmann die Gehirne aus den Schädeln löste, in Scheiben schnitt, präparierte, einfärbte, unter das Mikroskop legte, fotografierte und beschrieb. Ganz gleich, um was für Tiere es sich zu Lebzeiten gehandelt hatte, ob sie gekrochen, geschlichen, gesprungen, geflogen oder geschwommen waren, ob sie gebrüllt, trompetet oder gebellt hatten, ihre Gehirne endeten reglos und still, eingeklemmt zwischen Glasplättchen, in einer Schublade von Brodmanns Gehirnarchiv.
Zwischen dem Moment, in dem das Gehirn beispielsweise einer Meerkatze zur Verfügung stand, und der Veröffentlichung ihrer Gehirnkarte als Figur 90 in der Lokalisationslehre lag eine lange Abfolge technischer Eingriffe. Allein schon das Schneiden der Präparate war ein kompliziertes Unterfangen. Brodmann wollte sie fotografieren, was bei den schwachen Lichtverhältnissen im Mikroskop eine nahezu transparente Schnittdicke von höchstens 10 Mikrometern (0,01 mm) erforderte. In den ersten Jahren entwickelten Brodmann und Vogt unterschiedliche Mikrotome und Präparationstechniken, die sie diesem Ziel näher bringen sollten. 12 Brodmann verwendete zwei Mikrotome. Bei dem einen, das für die gröberen Arbeiten gedacht war, handelte es sich um >eine Art Guillotine<, mit der man millimeterdicke Scheiben schneiden konnte, die anschließend in ein Paraffinbad gelegt
wurden. Wenn das Paraffin absorbiert und die Scheibe somit gehärtet war, konnte man mit dem >Doppelschnittmikrotom< ein Präparat mit einer Dicke zwischen 5 und 10 Mikrometern schneiden.
Beide Geräte hatte der Feinmechaniker Becker aus Göttingen nach den Anweisungen aus Vogts Laboratorium gebaut. Das Doppelschnittmikrotom war ausgesprochen fortschrittlich: Das Messer
Das Doppelschnittmikrotom, das Brodmann zum
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