Geisterhauch (German Edition)
gesagt, ich rufe ihn wieder an, sobald ich etwas weiß.« Sie biss sich auf die Unterlippe. »Er war nicht sehr glücklich darüber.«
»Kann ich mir denken. Es gibt nicht viele Gründe, aus denen eine Frau verschwinden will.«
Sie sah mich gedankenverloren an, dann holte sie so scharf Luft, dass sie husten musste. »Nein, nein, du verstehst das falsch. Sie ist sehr glücklich mit ihrem Mann. Warren betet den Boden an, auf dem sie steht.«
»Cookie, bist du sicher? Ich meine –«
»Ganz sicher. Glaub mir, wenn es in dieser Beziehung Übergriffe gibt, dann höchstens auf Warrens Bankkonto. Er ist derartig in sie vernarrt, du würdest es nicht glauben. Und in die Kinder.«
»Sie haben Kinder?«
»Ja, zwei.« Sie klang plötzlich mutlos.
Ich beschloss, auf mögliche Übergriffe nicht weiter einzugehen, bis ich mehr wusste. »Er hat also keine Ahnung, wo sie stecken könnte?«
»Nicht die geringste.«
»Und sie hat dir nicht erzählt, was los war und warum sie verschwinden wollte?«
»Nein, aber sie hatte Angst.«
»Na, hoffentlich wissen wir bald mehr.« Ich ließ den Motor an und fuhr zu diesem Chocolate Coffee Café, das Cookie nicht gehörte. Leider, leider. Denn Schokolade und Kaffee? Zusammen? Wem diese Kombination eingefallen war, hätte den Nobelpreis verdient. Oder wenigstens ein Reader’s-Digest-Abo .
Nachdem ich auf den Parkplatz eingebogen war, fuhr ich in eine dunkle Ecke, damit wir ein paar Minuten beobachten konnten, ohne selbst gesehen zu werden. Ich war mir nicht sicher, wie Mimi meine Anwesenheit aufnehmen würde, nachdem sie Cookie geschrieben hatte, dass sie allein kommen sollte. Derweil listete ich in Gedanken auf, wer hinter ihr her sein könnte, und nach dem Wenigen, das ich wusste, stand ihr Mann für mich an oberster Stelle. Die Statistik sprach klar dafür.
»Wie wär’s, wenn du hier wartest?«, sagte Cookie und griff nach dem Türhebel.
»Schlecht, weil im Büro eine Menge Papierkram liegt, der sich nicht von selbst erledigt, Kindchen. Ich kann im Moment nicht riskieren, dich zu verlieren.«
Darauf sah sie mich an. »Keine Sorge, Charley, sie wird mich nicht plötzlich angreifen. Ich meine, ich bin nicht du. Auf mich werden nicht ständig Mordanschläge verübt.«
»Ach was.« Ich versuchte, gekränkt auszusehen. »Aber wer hinter Mimi her ist, möchte das vielleicht ändern. Ich komme mit. Tut mir leid, Cookie.« Ich stieg aus und warf ihr die Schlüssel zu, damit sie abschließen konnte. Nachdem wir noch einmal aufmerksam über den fast leeren Parkplatz gespäht hatten, schlenderten wir in das Café. Ich war nur ein kleines bisschen verlegen wegen der Häschenpantoffeln.
»Siehst du sie?« Ich wusste nicht, wie Mimi aussah.
Cookie blickte sich um. Drinnen waren bloß zwei Leute, ein Mann und eine Frau. In Anbetracht der Uhrzeit wunderte mich das nicht. Der Mann trug einen Fedora und einen Trenchcoat und sah aus wie ein Filmstar aus den Vierzigern. Die Frau sah aus wie eine Nutte, die eine harte Nacht hinter sich hatte. Aber die beiden waren unwichtig, da lange tot. Der Mann nahm sofort von mir Notiz, die Frau überhaupt nicht.
»Natürlich nicht«, antwortete Cookie. »Es ist ja niemand hier. Aber wo kann sie sein? Vielleicht konnte sie nicht länger warten. Vielleicht hätte ich ihren Mann nicht anrufen sollen. Oder ich hätte, anstatt deinen dürren Hintern aus dem Bett zu zerren, lieber gleich losfahren sollen.«
»Wie bitte?«
»Oh, Mann, ihr ist was passiert. Ich weiß es. Ich spüre das.«
»Cookie, du musst dich beruhigen. Ernsthaft. Lass uns ein bisschen ermitteln, bevor wir die Nationalgarde rufen, okay?«
»Okay. Hab verstanden.« Sie legte eine Hand an die Brust und zwang sich zur Ruhe.
»Geht’s denn? Oder brauchst du Valium?« Ich konnte mir nicht verkneifen, sie ein bisschen aufzuziehen.
»Nein, es geht schon.« Sie griff auf die Atemtechnik zurück, die wir zusammen geübt hatten, als wir uns ein Video über Unterwassergeburten ansahen. »Klugschwätzerin.«
Das war unangebracht. »Apropos, wir müssen uns mal ernsthaft darüber unterhalten, wie du zu dieser Ansicht über meinen Hintern kommst.« Wir gingen zur Theke. »Dürr, ja?« Das Retro-Diner war mit runden, türkisen Barhockern und rosafarbenen Tischen eingerichtet. Die Bluse der Kellnerin hatte dieselbe Farbe wie die Barhocker: türkis. »Ich sag dir –«
»Hallo, Mädels.«
Ich drehte mich zu der Kellnerin um und lächelte. Auf ihrem Namensschild stand Norma.
»Hättet ihr gern einen
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