Geisterkrieg
befände sich etwas von Wert. Lady Lakewood hätte mich nicht mitten in der Nacht verhaften lassen. Reis schon, aber der hätte daraus eine öffentliche Polizeiaktion gemacht.
Blieb die Gaia-Guerilla-Front. Für die GGF ergab es einen Sinn, mich zu holen. Wie man so sagt: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Und ich hatte wenig Zweifel daran gelassen, dass ich Reis knapp diesseits von Stefan Amaris einordnete. Und bei ihrem Hinterhalt hatte ich bewiesen, dass ich ziemlich mörderisch sein konnte.
Dieser Gedanke ließ mich stocken. Unter Umständen wollten sie mich nur für eine Art Fehmeprozess lebend haben, um mich danach umzubringen. Andererseits war ich ein Niemand. Falls sie für ihre Sache Aufmerksamkeit erregen wollten, indem sie mich für Verbrechen gegen die Natur und ihre Organisation aburteilten, hätten sie mehr erreicht, wenn sie mich erst öffentlich ermordet und dann eine
Pressemitteilung verschickt hätten, in der sie erklärten, warum ich zum Ziel des Anschlags geworden war.
Der Schweber hielt an und ich hörte das Quietschen eines sich schließenden Garagentors. Der Kofferraumdeckel sprang auf und ich wurde ins Freie gezerrt. Der Rand des Kofferraums zerkratzte mir die Schienbeine. Ich schrie auf und kassierte dafür einen Fausthieb. Es war kein Schlag von der Qualität, wie Reis ihn austeilte, doch er war schmerzhaft genug, mich zum Schweigen zu bringen.
Sie setzten mich auf einen Stuhl und nahmen mir die Kapuze ab. Grelles Licht blendete mich. Ich schreckte zurück, dann sog ich so viel frische Luft in die Lunge, wie ich nur konnte. Wobei die Bezeichnung frisch nur bedingt wörtlich zu nehmen ist, denn wir befanden uns in einer großen Lagerhalle, die ursprünglich für Mechs gebaut worden, aber offensichtlich schon seit längerem unbenutzt geblieben war. Löcher im Dach hatten Pfützen hinterlassen, die von Rosträndern eingeschlossen wurden.
Nachdem sich meine Augen an das Licht gewöhnt hatten, sah ich mich um. Fünf Personen standen um mich herum und sofort bemerkte ich das erste schlechte Zeichen: Keiner der fünf trug eine Maske. Bei einer Entführung ist das übel. Es bedeutet: Deinen Entführern ist es gleichgültig, ob du sie identifizieren kannst. Und die einfachste Methode, das zu verhindern, besteht darin, dich umzubringen.
Eine von ihnen erkannte ich sofort. Der Rotschopf stand da und kochte vor Wut. Sie hatte immer noch zwei blaue Augen und ihr Kiefer war verdrahtet. Sie verschränkte die Arme unter den Brüsten und klopfte mit der Schuhspitze. Ich war mir ziemlich sicher, dass sie mir mit dieser Schuhspitze dorthin treten wollte, wo ich es gar nicht gern hatte.
Die anderen vier waren nicht weiter bemerkenswert, abgesehen davon, dass sie alle ziemlich fit und braun gebrannt wirkten. Offenbar verbrachten sie viel Zeit im Freien, was zu Anhängern der GGF-Philosophie passte, die ihren Planeten liebten und die metallenen
Maden hassten, die sich hineinfraßen oder die Bäume auf seiner Oberfläche fällten. Zwei von ihnen beobachteten mich sehr genau, was auf militärische Erfahrung hindeutete. Doch ich sah nirgends eine Tätowierung, an der sich hätte erkennen lassen, wo sie die gesammelt hatten.
Ich bemerkte allerdings, dass alle vier Jacken mit ZVET-Abzeichen trugen. Ohne Zweifel würde sich die Geschichte meiner Entführung wie ein Lauffeuer durch die Slums von Overton ausbreiten und zusätzlich Angst vor Reis und Hass auf ihn säen. In den Medien würde der Zwischenfall keine Erwähnung finden, aber die ehrbaren Bürger Overtons hätten ohnehin Mühe gehabt, irgendetwas Negatives über Reis zu glauben.
Ein weiterer Mann trat aus einem kleinen Büro in die Lagerhalle. Er hielt sich weitgehend im Schatten, doch in seiner Brille spiegelte sich das Licht. Ich war mir nicht sicher, ob er sie wirklich brauchte oder sie nur als Verkleidung trug, aber es spielte keine Rolle. Ich konnte ohnehin nicht genug von seinem Gesicht erkennen, um ihn später zu identifizieren.
Als er sprach, drang seine Stimme brummend aus einem Verzerrer an seinem Hals. »Guten Abend, Mister Donelly. Wie nett von Ihnen, uns Gesellschaft zu leisten.«
»Normalerweise bin ich eher scheu, aber Ihre Leute waren sehr überzeugend.« Ich zog die Nase hoch und versuchte, sie mir an der rechten Schulter abzuwischen. »Also, ist das hier das Treffen des Ichabod-Reis-Fanclubs?«
»Bitte, Mister Donelly. Beleidigen Sie nicht meine Intelligenz. Ich habe die Ihre auch nicht beleidigt. Letitia hier kennen Sie
Weitere Kostenlose Bücher