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Geisterschiff Vallona

Titel: Geisterschiff Vallona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Ursula. »Zu zweit schaffen wir es leichter.«
    Sie drehte sich um und schaute Karl und Sara ernst an.
    »Aber ihr beiden bleibt hier!«

Kapitel 9

    Schweigend saßen Karl und Sara am Tisch. Das Monopoly-Spiel lag unangetastet vor ihnen. Es schien, als wäre die ganze Welt
     draußen vor dem Fenster auf einmal verschwunden. Als wären sie die letzten Menschen auf Erden.
    »Wie lange sind sie jetzt schon weg?«
    Sara sah auf die Uhr.
    »Eine halbe Stunde.«
    Karl kam es vor wie eine Ewigkeit. Er ließ seinen Blick durch das Lager schweifen, über alte Lampen, Angelgeräte und Bücher.
     Alles hier drinnen stammte aus einer anderen Zeit, einer anderen Welt. Und was draußen vor der Tür lauerte, darüber wollte
     er gar nicht erst nachdenken.
    »Hast du das gehört?«, fragte Sara plötzlich.
    »Was denn?«
    Aber da hörte er es auch. Einen klagenden, durchdringenden Laut, der durch Türritzen undFensterspalte kroch. Karl schnürte es den Hals zu und das Atmen fiel ihm schwer. Es waren die verlorenen Seelen des Grauen,
     die zu ihnen sprachen. Es war das Schiff aus der Spukgeschichte, das immer näher kam.
    Das Geisterschiff Vallona.
    »Das sind sicher nur ein paar Seevögel«, sagte Sara schnell und schluckte. »Eisenten vielleicht. Die finden sich im Nebel
     sicher auch nicht zurecht.«
    Für einen Augenblick verstummte das Klagen, aber dann kehrte es zurück. Und es wurde immer lauter, als käme es näher. Sara
     und Karl sahen sich an. Dann spähten sie vorsichtig aus dem Fenster, aber noch immer war dort draußen nichts als Dunkelheit
     und Nebel.
    »Was war das, was du da vorhin aus der Tasche gezogen hast?«, fragte Sara leise. »Diese Puppe oder was es war.«
    »Äh   …«, hob Karl an.
    Da ging die Außenbeleuchtung plötzlich an. Draußen hatte sich etwas bewegt. Waren Jansson und Ursula zurückgekommen? Oder   …
    »Was, wenn er es ist   … Was, wenn es der Lotse ist«, murmelte Karl.
    »Schscht!«, machte Sara. »Hör mal!«
    Karl lauschte. Und da war es. Dunk. Dunk.Dunk   … Ein dumpfes, regelmäßiges Klopfen klang von der Brücke zu ihnen. Sara stand auf und ging mit zusammengepressten Lippen zur
     Tür. Sie holte ein paarmal tief Luft, dann legte sie die Hand auf die Klinke und drückte sie hinunter.
     
    Die Tür schlug sperrangelweit auf. Die klagenden Stimmen jagten durch die Nebelbänke über das Wasser, geradewegs auf sie zu,
     aber nichts war zu sehen.
    Sara machte einen Schritt nach draußen auf die Planken.
    »Alles okay, Karl. Hier ist niemand.«
    Draußen in der Dunkelheit wirkte die Lampe fast wie ein Scheinwerfer. Karl ging hinaus und stellte sich neben Sara auf die
     Brücke. Jäh verstummten die Laute. Das Einzige, was ihnen jetzt noch in den Ohren hallte, war die Stille. Die Luft war von
     Meer und Salz ganz feucht und klebrig, wie ein schwarzer Teppich lag das Wasser vor ihnen.
    Aber dann hörten sie das Klopfen erneut. Es kam von unten, zusammen mit dem leisen Glucksen der Wellen. Karl ging in die Hocke
     und versuchte, etwas zu erkennen. Es war dunkel unter dem Anleger, aber dennoch konnte er einenUmriss ausmachen. Auf dem Wasser schaukelte ein Boot und stieß rhythmisch gegen die Pfeiler der Brücke.
    Eilig machten sie sich daran, es ins Licht zu ziehen. Beide hielten den Atem an. Es durfte nicht das Plastikboot sein, mit
     dem Schrott-Jansson und Ursula zum Leuchtturm aufgebrochen waren. Aber es war Schrott-Janssons Boot. Und jetzt war es leer.
    Von Ursula und Schrott-Jansson war weit und breit keine Spur zu sehen.
    »Opa!?«, rief Sara in den Grauen hinaus. »Opa?!«
    Sie war bleich wie ein Gespenst und jetzt hatte sie wirklich Angst.
    »Oh Gott«, murmelte sie. »Sie sind verschwunden!«
    »Was ist nur   …«, hob Karl an.
    Dann verstummten sie beide. Keiner von ihnen wollte den Satz zu Ende denken. Stattdessen gingen sie ins Bootshaus zurück.
     Schweigend saßen sie am Tisch und starrten vor sich hin. Was sonst sollten sie auch tun? Was können zwei Kinder ausrichten,
     wenn die ganze Welt um sie herum zusammenbricht?
    Ausgerechnet hier, in Krabbsjögrund. Dem Sommerparadies. Hier sollte immer die Sonnescheinen, die Kinder immer lachen und die Möwen schreien, während das Eis in den Waffeln schmolz und man dem Seewetterbericht
     zuhörte.
    Aber all das schien Karl sehr weit entfernt. Unendlich weit.
    Das hier war ein anderer Ort. Eine andere Zeit. Er befand sich mitten in einer Spukgeschichte und das Schlimmste daran war,
     dass offenbar er selbst all das in Gang

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