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Geisterschiff Vallona

Titel: Geisterschiff Vallona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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kleinen Ästen, den
     allerdings niemand anzünden würde.
    Karl und seine Mutter warfen jeder einen Zweig und ein paar Öre auf den Haufen. Auf diese Weise, so hieß es, konnte man mögliches
     Unheil abwenden.
    »Früher stiegen die Pferde an dieser Stelle und weigerten sich so lange weiterzugehen, bis man vom Wagen sprang und einen
     Stock oder etwas Ähnliches auf den Haufen warf, sagt Großvater.«
    Mama lachte.
    »Du weißt doch, was er immer erzählt«, sagte sie. »Aber in diesem Fall hat er gar nicht mal unrecht, denn eigentlich legt
     man die Zweige dorthin, wo einer gestorben ist. Damit er dort unten bleibt und nicht hier oben herumspukt.«
    »Wer ist denn hier gestorben?«, fragte Karl mit Unschuldsmiene.
    Mama sah ihn augenzwinkernd an.
    »Versuch es gar nicht erst. Du kennst die Geschichte ebenso gut wie ich.«
    »Aber du erzählst sie so spannend.«
    Mama schaute kurz auf die Uhr, dachte nach und verzog das Gesicht.
    »Zum einen weiß ich überhaupt nicht, ob die Geschichte über diesen Reisighaufen hier wahr ist«, sagte sie schließlich, »und
     zum anderen erzählt dein Großvater sie viel besser als ich. Komm jetzt. Wir müssen uns langsam beeilen.«
    Sie setzten sich wieder ins Auto.
    »Bitte, Mama, erzähl sie doch, bis wir da sind«, bettelte Karl.
    »Ja, ja«, sagte sie und ließ den Motor an. »Ich fang ja schon an. Aber komm nachher nicht zu mir und heul mir die Ohren voll,
     weil du Albträume hast.«
    Und dann begann sie zu erzählen.

Gib mir mein Silber!
    »Vor sehr, sehr langer Zeit gab es noch keine Straße, die nach Krabbsjögrund führte, man kam nur mit dem Boot dorthin. Zwar
     gab es auch damals schon eine Landstraße, aber der kleine Ort auf der Landzunge war über diesen Weg nicht zu erreichen, denn
     dazwischen lag das Moor.
    Natürlich brauchten die Bewohner von Krabbsjögrund trotzdem eine Verbindung zur Landstraße und so legte man in einem Frühjahr
     vor vielen, vielen Jahren einen Weg aus Holzpfählen durch das Moor.
    Man erzählt sich, dass sie Pfähle einschlagen mussten, die wiederum auf Pfählen ruhten, um sicheren Grund zu erreichen. Und
     dennoch musste der Weg beinahe jedes Jahr verstärkt werden, damit er nicht im Moor versank. Aber schließlich hatte man doch
     eine ordentliche Verbindung zwischen dem Städtchen und der Landstraße geschaffen.
     
    Unzählige sind über die Jahre im Moor verschwunden. Auch dann noch, als der Weg längst fertiggestellt worden war, denn jede
     Jahreszeit barg ihre Gefahren.
    Im Winter dachten die Leute, sie könnten sicher über das Eis gehen, aber unter der Oberfläche lauerten Gase und warme Quellen,
     die das Eis tückisch machten. Im Frühling ließ all das Schmelzwasser den Sumpfboden anschwellen und der Grund, der sonst fest
     war, wurde plötzlich sumpfig und gefährlich. Im Sommer wuchsen Beeren und Früchte, die die Menschen ins Verderben lockten.
     Und im Herbst   … im Herbst kam der Nebel   …
    Der Nebel, der vom Meer heraufsteigt, wird der Graue genannt. Und wenn der Graue wie eine schwere, feuchte Decke heraufzieht
     und sich über Krabbsjögrund legt, dann wird es ernst. Denn dann erwacht auch das Kind des Grauen. So nennen sie den Nebel
     über dem Moor. Er ist grau und dicht und riecht modrig.
    Der Graue schneidet den Seeweg ab, das Kind des Grauen den Landweg. Und Krabbsjögrund ist in der Mitte gefangen.
     
    An einem späten Herbstabend vor vielen, vielen Jahren bemerkte der Kirchendiener von Krabbsjögrund, dass jemand das Kirchensilber
     gestohlenhatte. Es war kein großer Silberschatz, aber die Leute waren sehr aufgebracht, als sie davon hörten.
    Der Ort war so klein, dass binnen weniger Minuten alle zu wissen glaubten, wer der Schuldige war: ein Fremder, der vor mehr
     als einem Monat mit dem Schiff gekommen und dann geblieben war. Er selbst hatte gesagt, dass er der Seefahrt überdrüssig geworden
     sei und sich eine Arbeit an Land suchen wolle, aber den Gerüchten zufolge hatte er seinen Kapitän bestohlen und war ganz einfach
     geflohen und im Hafen zurückgeblieben.
    Zu dieser Zeit gab es keine Polizei in Krabbsjögrund. Wollten die Bewohner jemanden dingfest machen, mussten sie die Sache
     selbst in die Hand nehmen und dann warten, bis der Kreisrichter Zeit hatte, zu ihnen zu kommen. So war es auch jetzt. Der
     Kirchendiener trommelte eine Gruppe von Männern zusammen und ging mit ihnen zum Gasthof, wo der Fremde wohnte.
    Aber der Mann hatte schon gehört, dass man hinter ihm her war. Geschwind war

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