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Geisterstadt

Geisterstadt

Titel: Geisterstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
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sein. »Ist die Maschine startklar?«, fragte er Sammy.
    Das Mädchen nickte. »Das schon. Aber nicht angemeldet.«
    »Also kann sie auch nicht starten?«
    »Kann sie schon. Aber am Zielflughafen würde sie einiges Aufsehen erregen.« Sammy senkte die Stimme. »Und das tun richtige Verbrecher doch selten freiwillig, oder?«
    Peter bereute inzwischen, das Mädchen eingeweiht zu haben. »Bringst du mich zur Emerald Bay?«, fragte er knapp.
    »Klar«, antwortete Sammy.
    Im selben Moment tauchte am breiten Tor der Flugzeughalle der Techniker auf. Im Gegenlicht sah Peter seine Silhouette, dann sein Profil. Er schrak zusammen. Er kannte den Mann doch.
    »Wir müssen weg«, zischte er zu dem Mädchen hinüber. »Aber ohne dass er uns sieht. Und dann brauch’ ich ein Telefon.«
    Sammy nickte bloß. Mit den Augen dirigierte sie ihn zu einer schmalen Tür, die nur ein paar Schritte entfernt war.

High Noon
    Die Gruppe kam immer langsamer voran. Die beiden Frauen schimpften gehörig über den anstrengenden Aufstieg. Henry machte einen nervösen Eindruck. Justus und Bob konnten beobachten, wie er die pralle blaue Tasche mal unter den einen und mal unter den anderen Arm klemmte.
    »Und da sollen zweieinhalb Millionen Dollar drin sein?«,
    murmelte Justus ungläubig und überschlug, wie viel Raum 25.000 Hundert-Dollar-Noten einnehmen würden.
    »Warum hast du diesem Übergabeort zugestimmt?«, hörte er, bevor er mit seiner Rechnung zu Ende war, die schrille Stimme von Oames’ Schwiegertochter.
    Bob warf Justus einen triumphierenden Blick zu, der soviel bedeuten sollte wie: Siehst du, diesmal hab’ ich Recht behalten.
    »Halt doch den Mund«, zischte Henry zurück. Das Klima zwischen den beiden hatte sich in den vergangenen drei Tagen offenbar nicht verbessert. »Es geht um Vaters Leben, und du meckerst wegen zehn Minuten Fußweg.«
    »Fußweg«, äffte ihn seine Frau nach. »Kletterei ist das, Kletterei wie in den Alpen.«
    Vom Hochsitz aus sah Bob Silvies zornige Geste. Sie ging am Ende des kleinen Zugs, der nur noch einen Steinwurf entfernt vorbeizog. »Und jetzt?«, flüsterte er.
    Mit dem Kopf deutete Justus zu dem Schlangenweg hinüber, und hintereinander liefen sie los. Nach drei Serpentinen konnten sie den Aussichtsturm zum ersten Mal sehen. Bob ging voran. Ab und zu drehte er sich nach Justus um. Der ärgerte sich darüber. Als ob ich eine Schnecke wäre, dachte er. Ohne Zwischenfall erreichten sie den Vorplatz. Justus deutete auf den Turm. Bob verstand sofort und klopfte leise kurz-lang-lang-kurz an die kleine Metalltür. Das Signal wurde unverzüglich erwidert. Oames war also da.
    Sie stiegen auf die Plattform. Der gemauerte Ausgang der Wendeltreppe bot ihnen ein praktisches Versteck. Justus spürte wieder dieses Kribbeln im Bauch, als er sich den Augenblick vorstellte, in dem Henry und die beiden Frauen auf der Bildfläche erscheinen würden.
    Sie drückten sich zwischen die Treppe und das Geländer des Turms. Dann lauschten sie angestrengt in den Wald. Sanft strich der Wind durch die Bäume, und das tropfende Geräusch tauender Eiszapfen machte die Idylle perfekt.
    »Sie kommen«, raunte Justus.
    Jetzt hörte auch Bob das Schnaufen. »Die müssten unbedingt mehr Sport treiben«, sagte er leise. »Stattdessen wollen sie ihren alten Herrn verschaukeln.«
    Die Gruppe hatte den Vorplatz erreicht.
    »Und wo soll das jetzt sein?«, fragte Henrys Frau atemlos.
    »Oben«, lautete die knappe Antwort. »Ganz oben auf der Plattform.«
    »Dann also hinauf«, übernahm Silvie das Kommando.
    Justus merkte, dass er kalte Hände bekam. Was, wenn Henry durchdrehen und gewalttätig werden würde? Aber dann rief er sich selbst zur Ordnung. Nicht schon wieder einen von diesen Wenn-Sätzen, dachte er. Auf der Wendeltreppe klapperten Schuhe. Der Erste Detektiv spürte, wie Bob neben ihm die Schultern anspannte. Sie sahen den Schatten einer Gestalt auf der Aussichtsfläche auftauchen. Er mischte sich mit einem zweiten und kurz danach mit einem dritten.
    Justus tippte Bob auf die Schulter, dann sprangen sie gleichzeitig aus ihrem Versteck. »Guten Tag, Mr Oames«, sagte Justus mit fester Stimme. Bob baute sich breitbeinig vor dem Abgang auf.
    Verblüfft starrten die drei auf sie. Henry öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber es kam kein Laut heraus.
    »Verschwindet!« Die Blondine fasste sich als Erste. Ihre Stimme überschlug sich. »Macht, dass ihr hier wegkommt!«
    »Das werden wir nicht«, erwiderte Justus. Er war jetzt ganz kühl.

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