Geisterstunde in Los Angeles
großer Höhe. Urplötzlich aber teilten sie sich. Zu verschiedenen Seiten hin platzten sie weg, als wäre dort oben ein Feuerwerk abgebrannt worden. Sie sahen aus wie gewaltige Blumenarme, breiteten sich aus, ihre Gesichter an den Spitzen waren bereits zu erkennen, und sie beschrieben einen gewaltigen Halbbogen, der sie in die Tiefe brachte. Von vier verschiedenen Seiten her rasten sie aufeinanderzu, so daß sie schließlich parallel flogen, dabei noch an Höhe verloren und sich vor dem Sunset Boulevard so versammelten, daß sie hineinjagen konnten. Was sie auch taten.
Und das sahen auch die zahlreichen Zeugen. Sie erinnerten sich wieder an den Horror, den sie durchgemacht hatten, als die Geister den Hubschrauber zerstörten. Jetzt kamen die unheimlichen Wesen geradewegs auf sie zu. Sie hörten das Heulen und Fauchen, als sie dicht über die Autodächer und zwischen den Hausfronten phantomhaft einherjagten, aber trotzdem ein Ziel hatten.
Tudor Buckly hatte es erkannt. »Die wollen uns!« schrie er.
»Bill!« brüllte Suko.
»Okay.« Der Reporter wußte, was er zu tun hatte. Die goldene Pistole hielt er in der Hand. Mit einem Sprung flankte er auf den Kofferraum des Prachtwagens. Der nächste Schritt brachte ihn bis auf das Dach, wo er geduckt stehenblieb und den rechten Arm vorschob. Er stütze sein Handgelenk noch mit der freien Hand ab und konzentrierte sich allein auf die heranjagenden Geistwesen.
Bill schaute direkt in die widerlichen, fratzenhaften Gesichter, die ihn an verzerrte Tierschnautzen erinnerten und auch das die Schädel widerlicher Gerippe.
»Schieß doch!« schrie Suko.
Und Bill drückte ab!
***
Laurie hatte mir gesagt, wie ich zu fahren hatte, und ich hatte mich streng nach ihren Angaben gerichtet. Noch immer konnte ich nicht fassen, was hier vor sich ging. Ich saß mit einer Zwergin im Auto, die einmal ein normaler Mensch gewesen war. Ich hörte ihre Stimme, und wenn ich sie nicht anschaute, konnte ich mir ihr Gesicht vorstellen. Ein apartes Gesicht mit großen dunklen Augen, die auch zu den schwarzen Haaren paßten. Diese Augen waren stets so lebendig gewesen. Laurie war immer auf der Suche nach etwas Neuem. Sie wollte die heiße Reportage, die Leser von den Frühstückstühlen riß. Manches Mal hatte sie sich in die Brennpunkte geworfen und hatte es auch immer geschafft, mit heiler Haut davonzukommen. Bis auf das eine Mal in New York. Da war ihr der Broadway zum Schicksal geworden.
Wir mußten in das Gebiet hinein, wo die Studios lagen und hatten den Hollywood Freeway genommen. Hier lief der Verkehr normal, nur auf dem Sunset Boulevard war er gestoppt worden. Achtspurige Fahrbahnen machten das Fahren zu einem zweifelhaften Vergnügen, aber meine Gedanken drehten sich um andere Themen.
Als Kind hatte ich schon davon geträumt, einmal das am Berg hängende Signet der Filmstadt zu sehen. In riesigen, nicht zu übersehenden Leuchtbuchstaben strahlte das Wort Hollywood auf und machte jedem Besucher klar, wo er sich befand.
Zu den einzelnen Studios in Hollywood gab es Abfahrten vom Freeway. Wir bogen in Höhe des Hollywood Memorial Park ab. Den Santa Monica Boulevard ließen wir links liegen. Auch in der Nacht waren die Studios der großen Filmgesellschaften hell erleuchtet. Sie lagen alle zusammen, die von Paramount, 20th Century Fox, Columbia Pictures und nördlich davon die Hallen der großen TV-Gesellschaft CBS.
»Wohin?« fragte ich.
»Nicht geradeaus.«
»Gehört die Sun Production nicht zu den ganz Großen?«
»Nein, noch nicht.«
»Mehr weißt du nicht?«
»Ich brauche es nicht zu wissen.«
Tja, dachte ich, das war früher anders. Da warst du so neugierig gewesen, Mädchen.
Was Giesen von mir wollte und was er genau mit mir vorhatte, darüber hatte Laurie keine Auskunft geben können. Vielleicht wollte sie auch nichts sagen. Zudem war sie es, die mich in diese Falle hineinführte. Andererseits war sie auch nicht eben wehrlos. Einfach würde ich es Giesen nicht machen.
Mir fiel wieder der Regisseur Abel Lamotte ein, der verschleppt worden war. Auf ihn sprach ich Laurie an. Sie hob nur die Schultern. »Ich weiß nicht viel über ihn«, erklärte sie. »Fast gar nichts.«
»So?«
»Ja. Ich bin nicht kompetent. Dr. Horror ist der Mann, der die Fäden zieht. Über Lamotte wollte er ins Geschäft kommen, das ist alles, was mir bekannt ist.«
»Nun ja«, sagte ich und fuhr weiter.
»Bei der nächsten Abfahrt links raus«, erklärte sie mir. Ich ordnete mich schon ein. Hin und
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