Geisterzorn: Der Fluch von Lost Haven (German Edition)
schlugen. Schreiend sei sie ins Freie gerannt und beschwor, von draußen eine unheimliche feinstoffliche Erscheinung an einem der Fenster gesehen zu haben. Ein Anblick, der ihr für den Rest ihres Lebens schwere Schlafstörungen bereiten sollte.
Waren der Hafenarbeiter, Mr. Harper und Emily Miller noch mit dem Schrecken davongekommen, nahm das Schicksal mit der Witwe Marodith eine traurige Wendung:
Immer öfter erschien ihr der Geist in ihrem Schlafzimmer. Sie fühlte sich bedroht, fürchtete gar um ihr Leben, weil sie überzeugt war, dass der Geist ihres Mannes ihr nach dem Leben trachtete. Sie hielt es eines Tages nicht mehr aus und stürzte sich aus dem Fenster des ersten Stockwerks ihres Hauses.
Es vergingen ein paar Monate und die Einwohner von Lost Haven hofften stillschweigend, dass die merkwürdigen Geistererscheinungen ein Ende gefunden hatten. Doch sie sollten sich irren.
Allein bis einschließlich 1889 verzeichnete Arthur Farrel über neunzig weitere Poltergeistphänomene. Dabei unterschieden sich die Darstellungen erheblich voneinander. Die Berichte reichten von merkwürdigen Geräuschen wie Flüstern, sich bewegenden Gegenständen bis hin zu Geistern, die vornehmlich in den Wohnhäusern in Erscheinung traten und dabei die Bewohner in Angst und Schrecken versetzten.
Dabei sollte die Witwe Marodith nicht das einzige Todesopfer gewesen sein, das in Zusammenhang mit den Erscheinungen gebracht wurde. Sechs weitere Personen sollen den Poltergeistern zum Opfer gefallen sein. Drei Fälle davon sind allerdings eher vage beschreiben und stammen nicht aus Farrels Aufzeichnungen. Daher sind jene Todesfälle bei einer halbwegs objektivierten Betrachtung aus der Beweiskette herauszunehmen.
Die Umstände der anderen drei Todesfälle jedoch, sind an Kuriosität wahrlich kaum zu überbieten.
3
Den wohl seltsamsten Fall, der allen voran bis heute besonders kontrovers diskutiert und interpretiert wird, schildert der unermüdliche Farrel im Spätsommer 1890.
Es war die wohl eindrucksvollste Schilderung einer Poltergeistheimsuchung, die es jemals gegeben hat. Keinem anderen Fall wurde jemals mehr Glauben aber gleichzeitig auch mehr Ablehnung entgegengebracht.
Er ereignete sich in der 1722 gebauten Kirche von Lost Haven und wurde erzählt von Reverend Sasusa.
Ebenezer Sasusa war in jenem Jahr ein 61 Jahre alter Mann, von dem nur bekannt ist, dass er 1872 aus Massaschuschets nach Lost Haven kam.
Er galt als ruhiger und ausgeglichener Mensch, der nicht gerade als Frohnatur bekannt war. Die Einwohner achteten ihren Reverend für seine viel gelobten Sonntagsmessen, die praktisch nie jemand versäumte.
Auch in diesen schwierigen Jahren war Reverend Sasusa ein wichtiger Pfeiler für seine Gemeinde. Viele fragten sich, ob sie Gott verlassen hätte. Ob Gott gar ganz Lost Haven einer Strafe unterziehen würde. Doch Sasusa bemühte sich unentwegt, beruhigend auf die Menschen einzuwirken. Er verstand die unerklärlichen Geschehnisse als eine Art Prüfung von Gott, der man sich stellen müsse. Nichts, was Gott tat, war ohne Zweck. Davon war er zutiefst überzeugt. Er betete jeden Tag für Erleuchtung, suchte in der Bibel nach Trost und in Alten Schriften nach Lösungsmöglichkeiten, doch auch er vermochte nicht, den Bann zu brechen. Er klammerte sich an seine Gebete und seinen Glauben.
So auch eines Abends im September 1890. Es war ein Freitag. Reverend Sasusa saß in seiner kleinen Sakristei der Kirche. Wie schon hunderte Male zuvor bereitete er sich gewissenhaft auf seine Sonntagsmesse vor, auch wenn es ihm in diesen Tagen kaum Freude bereitete. Wusste er doch, dass er wieder auf die Phänomene der letzten Jahre eingehen musste. Dennoch, so berichtete er es Farrel, der alles detailverliebt und lückenlos protokollierte, keimte im Reverend ein kleiner Funken Hoffnung auf. Denn die Geistererscheinungen schienen sich in den letzten Monaten beruhigt zu haben. Vielleicht wäre bald alles überstanden, so dachte er.
Es war kurz vor Mitternacht, als Sasusa aus dem Kirchenschiff plötzlich einen donnernden Lärm hörte. Es sei so gewesen, als wäre eine der Sitzbänke hochgeworfen worden, um dann berstend auf dem Steinboden zu krachen.
Starr vor Angst und mit der zermürbenden Sorge, dass die Geister nun auch in das Haus Gottes eingedrungen waren, betete der Reverend das Vaterunser.
Doch brachte er es nicht zu Ende. Weitere tumultartige Geräusche drangen auf der anderen Seite der Tür an seine Ohren. Geräusche
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