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Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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sie?«
»Ja, ich mag sie.«
»Sie war nie verheiratet. Vielleicht wird’s ihr schwerfallen, sich in ihrem Alter noch an die Ehe zu gewöhnen.«
»Ihr seid doch beide noch jung, Werner, was zum Teufel …«
»Das sagt Ingrid auch«, warf Werner ein.
»Gatwick Airport«, sagte die Stimme des Zugführers über die Lautsprecher. Der Zug verlangsamte die Fahrt. »Danke, Bernie«, sagte Werner. »Du hast mir geholfen.«
»War mir ein Vergnügen, Werner.«
Das Flugzeug startete planmäßig. Wir flogen mit einer kleinen Gesellschaft, Dan-Air, die Stewardessen lächelten, und es wurde echter Kaffee serviert. Über der Wolkendecke leuchtete die Sonne. Obwohl der Zug fast leer gewesen war, war das Flugzeug bis auf den letzten Platz besetzt. Ich fragte Werner nach den Fortschritten in Lisls Hotel und bekam einen langen, enthusiastischen Bericht über seine Pläne und die harte Arbeit zu hören. Werner war nicht so eitel, Ingrids Beitrag zu verschweigen. Im Gegenteil, er lobte sie über den grünen Klee. Manchmal schien er mir dabei ein bisschen zu übertreiben, aber ich hörte geduldig zu und gab an den passenden Stellen die richtigen Geräusche von mir. Werner war verliebt, und Verliebte fallen nur denen, die in sie verliebt sind, nicht auf die Nerven.
Ich warf einen Blick aus dem Fenster auf die jetzt sichtbare Landschaft unter uns. Deutschland. Das war unverkennbar. Es mag sein, dass die Europäer sich immer ähnlicher werden in der Wahl ihrer Autos, ihrer Kleider, ihrer Fernsehprogramme und ihrer Fertigmahlzeiten, aber unsere Landschaften verraten, wie wir wirklich sind. Die Bundesrepublik Deutschland ist nirgends mehr ländlich. Die deutsche Landschaft ist überall aufgeräumt, rechtwinklig eingeteilt und bebaut, so dass die Kühe ihren Lebensraum mit Mietshäusern teilen und die Bäume des deutschen Waldes überall den Vergleich mit Fabrikschornsteinen aushalten müssen. Den Städten wird ein gewisses Maß an Begrünung zugeteilt, damit die hässlichen Einkaufszentren nicht so auffallen, aber der Jäger muss sein Wild zwischen den Parkplätzen und Swimmingpools endlos sich erstreckender Vorstädte anpirschen.
Hat man jedoch einmal die Grenze nach Osten passiert, wird die Landschaft einsam und friedlich. In der Deutschen Demokratischen Republik ist das Land noch ländlich, man sieht nicht so viele Autos und Neubauten. Hier sind die Bauernhäuser alt und malerisch, und auf den Äckern werden statt Traktoren oft noch Pferde eingesetzt.
Es war ein wunderschöner Abend, an dem wir da in Berlin (West) landeten, auf dieser glitzernden kleinen kapitalistischen Insel inmitten der grünen See kommunistischer Wiesen. Die rote Sonne stand schon tief. Am östlichen Himmel türmten sich hohe Kumuluswolken, während im Westen graue Gewitterwolken über den Horizont verschmiert waren, als habe ein zorniger Gott versucht, sie auszuradieren.
Als wir die Treppe zum Rollfeld hinabstiegen, trug ich Werners Aktentasche, während er unter der Last seiner Porzellankiste schwitzte. Die übrigen Passagiere waren schon unterwegs zur Pass- und Zollkontrolle.
Berlin-Tegel liegt im französischen Sektor von Berlin. So war die Anwesenheit von vier britischen Militärpolizisten am Rande des Rollfelds auffällig, um nicht zu sagen beunruhigend. Sie waren alle vier auf die unnatürlich tadellose Weise angezogen, die man nur bei der Militärpolizei findet. Ihre Schuhe blitzten, ihre Messingknöpfe funkelten, und ihre Uniformen hatten messerscharfe Bügelfalten an allen Stellen, wo Bügelfalten hingehörten.
Als wäre diese ungewöhnliche Präsenz vier britischer »Redcaps« noch nicht genug, bemerkte ich nun auch noch, dass einer von ihnen ein Captain war. Solche Leute stehen selten in der Öffentlichkeit herum, denn ein Captain der Militärpolizei braucht keinen Streifendienst auf Flughäfen, um aufzupassen, dass seine Rekruten nicht schlampig herumlaufen. Auf dem Vorfeld entdeckte ich zwei britische Armeefahrzeuge, einen khakifarbenen Pkw und einen kleinen Lastwagen. Dahinter stand ein blauer Mannschaftswagen mit dem Wappen der Armee de l’Air. Ein paar Meter weiter war auch noch ein Auto der Berliner Polizei. Die Männer, die wartend darin saßen, trugen Sommeruniformen. Ein ganz nettes Polizeiaufgebot für einen praktisch leeren Flughafen.
Als wir das Vorfeld überquerten, nahmen die vier britischen Militärpolizisten Haltung an und starrten zu uns herüber. Der Captain setzte sich in Marsch und schnitt uns den Weg ab.
»Entschuldigen Sie,

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