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Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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aufbewahrt hatte, aus dem Schließfach zu holen, in das ich sie kürzlich transferiert hatte, verwarf ich. Weder bares Geld noch Pulver und Blei würden mir was nützen, wenn das Department hinter mir her war. Ich ließ auch den österreichischen Pass im Futter des Koffers in dem möblierten Zimmer in Marienfelde. Zwar konnte ich mich in einen Österreicher verwandeln, wenn ich meine Stimme eine Oktave anhob und mir beim Sprechen die Nase zuhielt. Aber wozu. Spätestens am Montag würden allen Polizeistellen gute Fotos von mir vorliegen, und dann war es egal, ob ich Österreicher war oder nicht.
    Ein Taxi lieferte Werners Porzellankiste im Hotel ab mit einer Nachricht für Ingrid Winter, dass Werner und ich noch zusammen ins Kino gegangen seien.
    Jeder, der uns kannte, würde allein eine solche Vorstellung für absurd halten. Aber Ingrid kannte uns noch nicht so gut, und mir fiel kein besserer Vorwand ein, der sie wenigstens zwei, drei Stunden davon abhalten könnte, Nachforschungen anzustellen.
    Nicht alles, was ich tat, war so wohlüberlegt. Wie von einem Dämon aus meiner wildbewegten Vergangenheit gehetzt, nahm ich ein zweites Taxi und ließ mich zum Checkpoint Charlie fahren. Es war schon fast Nacht, aber meine Welt neigte sich zur Sonne und war nicht dunkel. Mein Taxi kroch in der Budapester Straße durch die Horden von müden Touristen, die, Popcorn und Curry-Wurst mampfend, um das längst nicht mehr sensationelle Neon- und Betonwunder des Europa Center herumschlenderten.
    »Checkpoint Charlie?« fragte der Fahrer sicherheitshalber noch einmal nach.
»Ja«, sagte ich.
Wir fuhren am Landwehrkanal entlang nach Osten. Das Ufer war menschenleer, obwohl hier mehr geschichtsträchtige Bauten standen als am Kurfürstendamm. Hinter jener dunklen Fassade saß vor noch nicht allzu vielen Jahren der Chef der deutschen Spionageabwehr, Admiral Canaris, und sann darauf, seinen Herrn und Meister zu stürzen. In einem der größtenteils noch zu wilhelminischen Zeiten errichteten neobarocken Paläste, die hier den Zweiten Weltkrieg überstanden hatten, befand sich das Oberkommando des Heeres, und auf einem der Höfe darin wurde Stauffenberg nach dem gescheiterten Putsch erschossen.
Bald hatten wir das dunkle Kanalufer hinter uns gelassen und waren in Kreuzberg. Beim Anhalter Bahnhof fuhr das Taxi am Café Leuschner vorbei, ein Stück die Kochstraße entlang – Berlins Fleet Street – und bog schließlich in die Friedrichstraße ein, von der man geradeaus ins Herz von Ost-Berlin sehen kann. Ich bezahlte das Taxi und erkundigte mich umständlich bei dem amerikanischen Soldaten in der nun schon seit vierzig Jahren behelfsmäßig aufgestellten Wachbaracke, zu welcher Zeit der Grenzübergang geschlossen würde. Durchgehend geöffnet sei der Checkpoint Charlie, bekam ich zur Antwort, Tag und Nacht! Er würde sich später bestimmt an mich erinnern. Wenn ich für die britische Militärpolizei eine Spur hinterlassen wollte, musste ich dafür sorgen, dass sie deutlich war. Das Department würde zwar auf meine Finten nicht hereinfallen, aber ehe die sich der Sache annahmen, konnte noch einige Zeit vergehen. Es war Freitag abend. Und so musste Dicky Cruyer irgendwo aufgetrieben werden, wo Jagd und Fischfang ausgezeichnet, die Telefonverbindungen aber miserabel waren.
Auf der Westseite lungerten am Checkpoint Charlie nur ein paar westalliierte Soldaten herum, aber jenseits der Mauer wimmelte es von Bewaffneten, deren Uniformen an diejenigen der einstigen Deutschen Wehrmacht erinnerten. Ich gab meinen Pass einem mürrischen Grenzposten, der ihn einem Vorgesetzten reichte, welcher ihn durch einen Spalt in eine den Blicken der Reisenden verborgene Kammer schob. Dort wurde das Dokument mit Sicherheit fotografiert und auf etwaige geheime Markierungen untersucht. Diese besitzergreifende Haltung gegenüber Ausweispapieren ist typisch für Bürokraten. Ich glaube, Grenzkontrollbeamte betrachten Pässe und Dokumente als Botschaften von anderen Bürokraten in anderen Ländern. Die Inhaber dieser Papiere sind nur die unwürdigen Überbringer.
Ich tauschte den vorgeschriebenen Betrag Westgeld zum amtlichen Wechselkurs in Ostgeld um, was jedesmal ein schlechtes Geschäft war. Wachhabende gingen auf und ab. Touristen standen Schlange. Spiegel auf Rädern wurden unter die Autobusse und Privatwagen gerollt, die den Schlagbaum passierten. Ein neuer glänzender schwarzer Mercedes mit dem Stander einer entlegenen und verarmten afrikanischen Nation stand an

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