Geliebt, begehrt, verwoehnt
darf ich dir helfen?" erkundigte sie sich. Das würde ihr viel mehr Spaß machen, als Herbstlaub von den Bäumen zu pusten. Denn das war alles, was ihr normalerweise erlaubt war.
"Nein, auf keinen Fall", lehnte der Liebesengel-Lehrling ab. Als er sah, wie die Windsbraut schon wieder Luft holte, überlegte er es sich allerdings anders. Der erste Schritt war, die erste Begegnung des füreinander bestimmten Paars herbeizuführen. Und dabei konnte die Windsbraut ihm helfen. Er hatte auch schon eine Idee, wie.
1. KAPITEL
Ungläubig blickte Melly auf die Straße, die der wolkenbruchartige Regen innerhalb von Minuten in einen See verwandelt hatte. Das Fahren erforderte bei diesem Wetter so viel Konzentration, dass ihr vor Anstrengung schon der Kopf wehtat.
Von dem Moment an, als sie die Anzeige für das Haus auf dem Land gelesen hatte, war sie fest entschlossen gewesen, es zu kaufen. Es war genau das Richtige, um ihrer Großmutter den Lebensmut wiederzugeben.
Natürlich würde nichts der alten Dame ihren geliebten Mann ersetzen können, der kürzlich verstorben war. Doch Melly war davon überzeugt, dass es ihrer Großmutter gut tun würde, wieder in dem Haus zu leben, in dem sie und ihr Mann als frisch verheiratetes Paar für einige Zeit gewohnt hatten. Die vielen schönen Erinnerungen, die mit dem Haus verbunden waren, würden sie sicher aufheitern.
Wenn Melly Russell einmal einen Entschluss gefasst hatte, konnte sie gewöhnlich nichts mehr davon abbringen. Darum war sie auch geschäftlich so erfolgreich. Sie war vermögend genug, um bei der Versteigerung des großen Guts in Shropshire für das kleine Haus zu bieten, in dem ihre Großeltern einst ihr gemeinsames Leben begonnen hatten. Das Haus gehörte zu dem Gut Shopeutte und hatte früher als Altenteil gedient. Jetzt wurde es zusammen mit dem gesamten Anwesen versteigert.
Sie hatte während ihrer Kindheit viele Geschichten über Shropshire und das fruchtbare Bauernland dort gehört, aber sie war ein echtes Stadtkind. Für Regen, Matsch, Tiere und Landwirtschaft hatte sie nichts übrig. Ihr Herz schlug für die Headhunter-Agentur, deren Inhaberin und alleinige Geschäftsführerin sie war, für ihre elegante Stadtwohnung und ihren Freundeskreis. Ihre Freundinnen waren allein stehende Karrierefrauen wie sie. Am meisten hatte sie immer ihre Großeltern geliebt, die ihr nach der Scheidung ihrer Eltern Geborgenheit und ein Zuhause gegeben hatten. Die beiden hatten sie als Kind umsorgt und unterstützt.
Jetzt tat es ihr weh, zu sehen, wie traurig und verloren ihre früher so starke, lebenstüchtige Großmutter plötzlich wirkte.
Bevor sie die Verkaufsanzeige für das Gut Shopeutte mit dem Herrenhaus aus dem neunzehnten Jahrhundert, den Katen und dem Altenteil entdeckt hatte, war sie ratlos gewesen. Verzweifelt hatte sie nach einer Möglichkeit gesucht, den Schmerz ihrer Großmutter zu lindern. Manchmal hatte sie sogar gefürchtet, dass sie ihre geliebte Großmutter auch noch verlieren würde. Jetzt wusste sie allerdings, dass sie das Richtige gefunden hatte, um die alte Dame zu trösten.
Sie musste bei der Auktion unbedingt erfolgreich sein, und das würde sie auch.
Nichts konnte sie davon abhalten, das Haus zu ersteigern.
Wenn sie nicht in den sintflutartigen Wolkenbruch gekommen wäre, hätte sie ihr Ziel, das Städtchen Lampton in der Grafschaft Shropshire, längst erreicht.
Lampton lag in der Nähe des Guts, das versteigert werden sollte. Sie hatte im einzigen Hotel des Orts ein Zimmer reserviert. Aber seit der Regen eingesetzt hatte, kam sie nur noch im Schritttempo vorwärts. Der Himmel, der den ganzen Tag über blau und wolkenlos gewesen war, hatte sich jetzt fast schwarz gefärbt.
Sie war ganz allein auf der Straße, die immer schmaler wurde. War das wirklich die Hauptstraße, der sie bisher gefolgt war? Oder hatte sie irgendwo eine falsche Abzweigung genommen? Unmöglich, so etwas passierte ihr sonst nie. Sie war stolz darauf, dass sie ihr Leben stets im Griff hatte.
Von dem perfekt geschnittenen blonden Haar bis zu den pedikürten und lackierten Fußnägeln strahlte sie Eleganz und Selbstbewusstsein aus. Ihre Freundinnen beneideten sie um ihre von Natur aus zierliche Figur. Sie trug Kleidergröße sechsunddreißig, ohne je Diät halten zu müssen. Ihre Haut war makellos. In ihrem Leben war alles bestens organisiert. Gefühlsmäßige Verwicklungen kannte sie nicht.
Sie war eine Frau, die sich Respekt zu verschaffen wusste.
Kein Mann wagte es, ihr zu
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