Geliebte Diebin
die Menschenmenge bahnte, den Leuten zunickte, an denen er vorüberging, und dann die Gruppe erreichte, die sich am Kamin versammelt hatte. Er war nicht der Einzige, der mit der Unbekannten tanzen wollte. Mehr als ein Mann verschlang sie mit wollüstigen Blicken.
»Entschuldigung«, sagte er, als er näher kam.
»Lord Devlynn.« Sie neigte grüßend den Kopf. »
»Darf ich Euch um diesen Tanz bitten?«, fragte er, als ein Musiker begann, a u f der Harfe zu spielen.
Sie lächelte, und ihre Lippen öffneten sich ein wenig und sie zeigte eine Reihe perlweißer Zähne. Goldene Augen blitzten ihn an, dennoch lag etwas Abweisendes in ihrem Blick, sorgfältig verborgen unter der Oberfläche.. Sie zog eine honigfarbene Augenbraue hoch. »Aye, M'lord, es wäre mir eine Freude«, erklärte sie und lächelte. »Es sah schon ganz so aus, als würde ich Euch auffordern müssen.«
»Ihr wärt so kühn?« Überrascht musterte er sie.
»Auf den Lord des Schlosses zuzugehen?«, fragte sie und ein wenig ihrer Fröhlichkeit schwand. »Aye, ich versichere Euch, das würde ich tun.«
Wer war sie nur, dass sie so offen mit ihm flirtete? »Und wenn ich abgelehnt hätte?«
»Dann hätte ich Euren Bruder um den Tanz gebeten.« Er zog sie leicht in seine Arme. »Er hätte nicht nein gesagt.«
Devlynn zweifelte keine Sekunde lang daran. Selbst jetzt noch fühlte er Collins Blicke in seinem Rücken. »Wer seid Ihr?«
»Das wisst Ihr nicht?«, neckte sie ihn und bewegte sich mit feenhafter Leichtfüßigkeit, als der Rhythmus der Musik schneller wurde. Andere Paare wirbelten um sie herum und über der fröhlichen, lauten Musik hörte man das Gemurmel der lebhaften Unterhaltungen.
Es waren Jahre vergangen, seit er zum letzten Mal getanzt hatte, eine Ewigkeit, dass er sich danach sehnte, eine Frau in seinen Armen zu halten und sie über den Tanzboden zu wirbeln. Diese Frau hier schmiegte sich eng an ihn und folgte geschickt seinen Schritten, sie hielt seinem Blick stand, wenn sie sich kurz voneinander lösten, ihr schneeweißes, glattes Kleid betonte jede ihrer Bewegungen. Sie duftete nach Lavendel und Rosen und der leichte Schweißfilm, der sich auf ihrer Haut gebildet hatte, glänzte im Licht der Kerzen. Sie legte den Kopf ein wenig schräg, als wolle sie ihn schweigend herausfordern, als verberge sich unter ihrer Höflichkeit ein wilder, rebellischer Geist, der sich in den Tiefen ihrer Seele versteckte.
Zum ersten Mal seit dem Tod seiner Frau fühlte der Lord von Black Thorn eine Hitze in seinem Blut, Lust in seinen Adern, ein Pulsieren in einem Teil seines Körpers, was er alles schon lange für tot gehalten hatte.
Sie drehte den Kopf etwas zur Seite und er betrachtete die Rundung ihres Halses, lang und schl ank, dabei musste er den Wunsch unterdrücken, seine Lippen auf diese Stelle zu pressen. Es war Wahnsinn. Nichts mehr. Zu viel Wein und Collins verfluchter Vorschlag, dass er in dieser Nacht mit einer Frau schlafen sollte. Das war alles. Und dennoch, als er auf den Ansatz ihrer Brüste spähte, runde weiße Kissen, die sich verlockend aus dem Ausschnitt des Kleides drängten, rauschte das Blut in seinen Ohren und seine Männlichkeit, die so lange geschlafen hatte, erwachte zu neuem Leben.
Sie war eine unschuldige Schönheit und gleichzeitig eine verdorbene Sirene. Unter ihren honigfarbenen Wimpern sah sie zu ihm auf, ihre Blicke trafen sich. Als könne sie seine Gedanken lesen, schwand ihr Lächeln und ihre Augen verdunkelten sich.
Bei den Göttern, er wollte sie haben.
Er sehnte sich danach, sie einfach hochzuheben und sie die gewundene Treppe hinaufzutragen, ihr das glänzende weiße Kleid vom Körper zu ziehen, sie in sein Bett zu legen und seinen heißen, pulsierenen Körper an ihren zu pressen.
Oh, um der Lie b e Jesu willen!
Insgeheim verfluchte er seine Seele in die Hölle für seine abwegigen, verruchten Gedanken. Es war ein leichtsinniges Verlangen, das durch zu viel Wein hervorgerufen wurde, durch den Geist der Feierlichkeiten, dem Zauber der Nacht und der Tatsache, dass er schon viel zu lange keine Frau mehr gehabt hatte. Nicht mehr.
»Wir sind einander nie begegnet«, sagte er. »Ich hätte mich daran erinnert.«
»Ich auch«, entgegnete sie, und aus ihrer Stimme klang kein Anflug von Neckerei. »Apryll von Serennog.« Sie nannte ihren Namen, als hätte er für ihn von Bedeutung sein müssen. Dennoch weckte er in ihm nur den vagen Gedanken an ein Schloss, von dem einige sagten, es sei nur noch eine Ruine.
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