Geliebte Nanny
ist.«
Ich schlucke.
»Eigentlich habe ich es schon viel früher gewusst, wollte es aber nicht wahr haben, weil du doch Muslima bist und du mir andauernd von deinem strengen Vater erzählt hast. Ich wollte nicht, dass du Schwierigkeiten bekommst.« Seine Augen glänzen wie flüssiges Karamell.
Ein gebrechliches Räuspern entfährt mir. Mich einfach mit seinen Gefühlen zu überrumpeln. Und nun?
Die unabsichtliche Schweigeminute zerrt an meinen Nerven. Und David sieht aus, als warte er darauf, dass ich mich zu meinem Standpunkt äußere. Wenn ich den mal kennen würde! Ich bin völlig durcheinander. Vor einiger Zeit noch, habe ich mir nichts sehnlicher gewünscht, als dass David sich in die unscheinbare türkische Nanny mit dem herzensguten Charakter verliebt. Ein hoffnungsloses Hirngespinst – dachte ich zumindest. Aber jetzt...
Ich kann schließlich nicht für immer Melek Yildiz bleiben, nur damit er nicht merkt, dass ich ihm alles nur vorgeschwindelt habe und in Wahrheit eine absolut unaufrichtige Person bin, die er ohnehin nicht leiden kann. Eine Beziehung zwischen uns beiden, kann unmöglich auf einem Fundament aus Unwahrheiten aufgebaut werden. Allerdings habe ich auch nicht vor, ihm gerade jetzt – in dem emotionalen Moment seiner Liebesbekundung, was ihn sicherlich einiges an Überwindung gekostet haben muss – die Wahrheit zu sagen. Ich jämmerlicher Feigling!
Wieder muss ich ihm eine Lüge auftischen. Die Tausend und zweite. Aus diesem Lügen - Sumpf komme ich unmöglich wieder heraus.
»Ähm… tja, weißt du David, das geht mir alles ein bisschen schnell. Wir könnten doch erstmal Freunde sein, um uns besser kennenzulernen«, schlage ich ihm vor. Falls er darauf eingeht, habe ich wenigstens mehr Zeit um meinen Plan, nicht als Betrügerin vor ihm zu stehen zu konkretisieren. Außerdem sind Männer ja besonders passioniert, wenn man sie eine Weile zappeln lässt.
David schweigt einen Augenblick. Dann nickt er.
»Du hast Recht. Das kommt sicher alles total überraschend für dich, stimmt’s?«
O ja!
»Kann man so sagen.«
»Darf ich dich wenigstens ins Kino einladen? Freitagabend. Such’ du dir den Film aus.«
Hm, was soll schon bei einem harmlosen Kinobesuch dabei sein?
»Okay…«, willige ich ein.
***
Ich sitze in meinem Zimmer und wähle Yasis Handynummer. Ich bin unschlüssig. Noch bevor das Freizeichen ertönt, lege ich auf. Seit ihrem letzten telefonischen Wutausbruch, hat sie sich nicht mehr bei mir gemeldet. Ich schätze sie ist immer noch sauer auf mich, wegen Cengiz.
Sie versteht sich hervorragend darin, die beleidigte Leberwurst zu spielen. Dabei bin ich ja wohl völlig unschuldig. Ich bin hier nicht das Problem. Was kann ich dafür, dass sie nicht sein Typ ist?
Undenkbar, ihr das ins Gesicht zu sagen. Sie kann ziemlich ungemütlich werden, wenn man sie mit Tatsachen konfrontiert, die sie nicht wahrhaben will – o ja, wirklich so was von ungemütlich. Da wird einem gleich wieder bewusst, dass sie Südländerin ist.
Nach langem Zaudern, rufe ich sie schließlich doch an. Zwangsläufig würden wir uns am Wochenende über den Weg laufen. Immerhin wohnt sie in meiner Wohnung. Da gestaltet es sich außerordentlich schwierig, sich aus dem Weg zu gehen.
Es tutet. Ich höre meinen Herzschlag.
»Was willst du!?«, erkundigt Yasemin sich ruppig.
»Hallo Yasi. Ich brauche dringend deinen Rat.«
»Wie kommst du darauf, dass ich dir helfe? Du, du hinterlistige Männerverhexerin.«
Wie reizend von ihr. Natürlich gehe ich nicht im Geringsten auf Yasis Beleidigung ein.
»Jetzt hör doch mal mit diesem Mist auf. Du weißt genau, dass ich nicht auf deine Schmalzlocke stehe. Den kannst du mir nackig um den Bauch binden. Ich müsste mich wahrscheinlich ins Koma saufen, um Cengiz jemals anziehend zu finden. Aber ganz ehrlich, da werde ich lieber lesbisch.«
»Keine schlechte Idee. Dann werd’ von mir aus lesbisch. Je eher, desto besser«, erwidert sie kratzbürstig.
»Yasi!«, rufe ich rigoros in den Hörer. »Ich glaube, ich bin doch in David verliebt.«
Kurzes Schweigen am anderen Ende der Leitung, bevor sie in sarkastischem Ton fragt: »Ach, jetzt doch? Wie kommt’s?«
»Lange Geschichte. Und noch mehr Probleme«, seufze ich und beginne, ihr von dem Vorfall mit David zu berichten.
»Am besten du hörst endlich mit diesem dämlichen Schwindel auf und sagst ihm die Wahrheit«, äußert sie besonnen, nachdem ich ihr alles haarklein erzählt
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