Geliebte Nanny
Aussage.
»Meine Tochter Pauline und ich, sind die einzigen weiblichen Personen in diesem Haus«, fängt sie an. »Sämtliches Personal vom Koch bis zum Gärtner ist männlich. Und das ist auch gut so. Dann kommt mein Gatte wenigstens nicht noch mal auf dumme Gedanken.«
Ihre Miene nimmt einen finsteren Ausdruck an.
Wieder spricht sie in ihrer auffallend dominanten Tonart.
»Um ehrlich zu sein, am liebsten hätte ich eine männliche Nanny. Aber leider hat Arndt recht. Er meint, Männer würden sich nicht für diesen Job eignen. Aber wie gesagt, mit den Frauen ist das so eine Sache.« Sie ächzt, dann schnalzt sie ärgerlich mit der Zunge. So langsam frage ich mich, worauf genau dies alles hinauslaufen soll. Sie versteht es wirklich, jemanden auf die Folter zu spannen.
Sie sieht mir entschieden in die Augen. Dann sagt sie: »Mein Mann rechnet natürlich nicht damit, dass es durchaus auch qualifizierte muslimische Kindermädchen gibt. Muslimische Kindermädchen, die ihre weiblichen Reize vor den Augen lüsterner Arbeitgeber gut zu verstecken wissen, hinter ihren langen Gewändern und den seidenen Kopftüchern.«
Ähm… Moment mal. Hier muss ein Irrtum vorliegen. Was für’n muslimisches Kindermädchen überhaupt?
»Bedauerlicherweise sind Nonnen heutzutage wahnsinnig schwer zu kriegen. Alle zu alt.«
Irritiert versuche ich ihrem unlogischen Geplänkel zu folgen, doch meine Ratlosigkeit erreicht gerade ihren Höhepunkt. Sie schaut mir erwartungsvoll ins Gesicht. Dann gleitet ihr Blick langsam an mir herunter.
»Wissen Sie, ich liebe meinen Mann. Und im Grunde liebt er mich auch. Diese Sache mit der tschechischen Au - Pair - Schlampe, war nur ein unbedachter Ausrutscher, soweit ich das beurteilen kann.« Missfällig rümpft sie die Nase und fährt fort. »Aber es ist nun mal meine Pflicht, meinen Ehemann in Zukunft vor der ständig lauernden Versuchung zu bewahren, indem ich gewisse Vorkehrungen und Maßnahmen ergreife. Verstehen Sie was ich meine, Frau Bogner?«
Sprachlos starre ich in ihre Miene, die mir fast ekstatisch erscheint. Irgendwie hat die nicht alle Tassen im Schrank. Aber egal. Diese Superreichen haben ja bekanntlich alle einen an der Waffel. Viel Geld vernebelt einem offensichtlich die Sinne. Es könnte natürlich auch daran liegen, dass sie sich einfach die besseren Drogen leisten können.
»Ich verstehe nicht so ganz, Frau von Degenhausen…«, sage ich, doch sogleich widerfährt mir ein Geistesblitz, der aber innerhalb eines Sekundenbruchteils wieder verschwimmt. Also nein, was für ein absurder Gedanke.
Ungeduldig kräuselt Klodia ihre Lippen und beginnt, mich über ihren engsten Familienkreis aufzuklären: »Pauline ist sechs. Vormittags geht sie in den Kindergarten. Im Spätsommer wird sie eingeschult. Gerald lernt gerade erst laufen, dabei ist er schon vierzehn Monate alt. Also, in meiner Familie konnten alle schon vor ihrem ersten Geburtstag laufen. Diese Verzögerung muss, genetisch bedingt, aus der Familie meines Mannes stammen. Arndt ist auch nicht der Pünktlichste.«
Sie kneift ihre Augen zusammen. »Arndt arbeitet täglich mindestens dreizehn Stunden in der Firma. Häufig auch an den Wochenenden, deshalb bekommt er die Kinder nur selten zu Gesicht.«
Volltreffer. Ein Workaholic.
»Und ich betreibe seit fünf Jahren erfolgreich ein luxuriöses Wellness - Center«, verrät sie mir stolz.
Ich tue natürlich so, als käme ich aus dem Staunen darüber gar nicht mehr heraus, dabei weiß ich das ja schon längst. Dank Internet.
»Die Hälfte des Tages verbringe ich dort. Manchmal auch länger. Und nebenbei habe ich alle Hände voll mit anderen Dingen zu tun«, – die sie jedoch nicht weiter erörtert.
»Wir brauchen dringend jemanden, der die Erziehung der Kinder in die Hand nimmt, während mein Mann und ich arbeiten. Jemand, dem man die beiden bedenkenlos anvertrauen kann. Und dabei denke ich zu allerletzt an meine Schwiegermutter, wenn Sie verstehen, was ich meine.« Sie klappt meine Bewerbungsmappe zu.
»Mhm«, mache ich und schildere ihr von meiner bisherigen Erfahrung mit Kindern dieses Alters. Und dass ich bislang nur in Kindergärten und Tageseinrichtungen gearbeitet habe, nicht aber in privaten Haushalten. Das sei kein Hindernis, bei meiner guten Ausbildung, versichert sie mir.
»Sie erhalten selbstverständlich vollständige Verpflegung und ein eigenes Zimmer mit Bad. Allerdings hätten Sie nur jedes zweite Wochenende frei. Leider lässt es sich
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