Geliebte Nanny
meinem Einrichtungsstil an, wie Sören sich meinem Lebensstil angepasst hat, also weg damit. Keine Minute später empfange ich eine bitterböse SMS von Sören.
SMS an Mel B.
Von Sören F.
So einfach gebbe ich nich auf!
Mach dich auf was gefast. Du wilst Krig?
bite schön, kanst du haben!
Man achte auf die Rechtschreibfehler. (Na gut, jetzt bin ich gemein. Ich habe vergessen zu erwähnen, dass er Legastheniker ist.) Trotzdem ist er erbärmlich, dieser Typ. Solche lächerlichen Drohungen ziehen bei mir nicht. Da muss ihm schon was Besseres einfallen, um mich einzuschüchtern.
Zur verabredeten Zeit sitze ich mit Yasi auf der Terrasse unseres Stammcafés. Das Wetter ist herrlich.
Wie immer schlürfen wir eine extra große Latte Macchiato, während ich Yasi haarklein von der irren Sache mit der Verkleidung als türkische Nanny, namens Semra oder Ayse erzähle. Sie kriegt sich kaum ein vor Lachen.
Als sie sich wieder beruhigt hat, zündet sie sich eine Zigarette an und nimmt einen kräftigen Zug.
»Und …? Willst du bei diesem Blödsinn etwa mitmachen?«,
»Hmm…ich muss sagen, es reizt mich«, antworte ich nachdenklich. »Immerhin ist die Bezahlung mordsmäßig. Außerdem dürfte ich dort umsonst wohnen. Ich könnte meine Wohnung aufgeben.« Ich mache eine kurze Pause, denn mir kommt gerade eine grandiose Idee.
» Du könntest solange in meine Wohnung einziehen Yasi«, rufe ich enthusiastisch. »Sozusagen als Mitbewohnerin.«
Grüblerisch bläst Yasi den Zigarettenqualm in meine Richtung. In ihren Augen erkenne ich einen Anflug von Verzückung. Ich weiß, dass sie schon seit geraumer Zeit nach einer passenden Wohnung sucht, um endlich ihrem Kinderzimmer in der elterlichen Wohnung zu entkommen.
»Meinst du wirklich…?«
»Das wäre perfekt«, antworte ich. »Wir könnten uns die Miete teilen. Du wohnst dort und hältst alles in Schuss, und ich komme an meinen freien Wochenenden nach Hause.«
»Und du hast wirklich nur jedes zweite Wochenende frei?«, hakt sie noch einmal nach. Die Idee scheint ihr mehr und mehr zu gefallen. Ich ahne welche Pläne sich in ihrem Kopf zusammenbrauen.
»Ich hätte also jeden Abend sturmfreie Bude?«
Ich nicke verführerisch.
»Also könnte Cengiz bei mir übernachten; wir könnten nächtelang unanständige Dinge tun und niemand würde uns stören?« Ein kesses Grinsen formt sich auf ihrem Gesicht.
»Genau. Aber nur solange du deinen Eltern und deinen Brüdern nicht deine neue Adresse verrätst«, scherze ich.
Ich öffne die Mappe mit dem Arbeitsvertrag, die Claudia von Degenhausen mir mitgegeben hat und überfliege ihn noch einmal. Nachdenklich tippe ich mit dem Kulli auf dem Papier herum.
»Du solltest dir einen besseren Namen aussuchen. Ayse und Semra sind out«, bemerkt meine Freundin.
»Dann schlag mir einen passenden Namen vor«, bitte ich sie. Über den aktuellen Trend weiblicher türkischer Vornamen bin ich derzeit nicht im Bilde.
» Der perfekte türkische Name für dich ist Melek!«, meint sie mit überzeugter Stimme.
»Warum gerade Melek? Klingt ja wie ein Männername.«
»Quatsch. Melek bedeutet Engel«, erläutert sie. »Passt zu dir, wie Arsch auf Eimer!«
Ich bleibe skeptisch, doch Yasi lässt sich nicht beirren.
»Ich finde Melek super. Außerdem musst du dich mit diesem Namen nicht komplett umgewöhnen. Sieh’s mal so, du kannst dich immer noch Mel nennen.«
Da hat sie auch wieder Recht.
»Wenn du meinst. Dann heiße ich eben ab heute Melek. In beruflicher Hinsicht.« Ganz überzeugt bin ich davon nicht. »Und wie heiße ich weiter?«, erkundige ich mich bei Yasi.
»Ähm…Melek Yildiz«, sprüht sie freudestrahlend hervor.
»Yildiz?... Genau wie du?«
»Ja. Warum die Sache unnötig kompliziert machen? Wenn ich bei dir einziehe, dann steht da schließlich Yildiz an der Wohnungstür. So kommen wenigstens keine Verwirrungen auf. Nachher schickt uns noch jemand die Ausländerbehörde auf den Hals, weil plötzlich tausend verschiedene türkische Familiennamen auf deinem Schild stehen.«
»Das fehlt noch«, ächze ich, nehme den Kulli wieder zur Hand und trage zaghaft den Namen Melek Yildiz in einer freien Zeile des Vertrags ein. Bei meinem Geburtsdatum und meiner Adresse bleibe ich lieber bei der Wahrheit.
Yasemins Mittagspause neigt sich dem Ende zu. Sie schaut auf die Uhr und leert ihr Latte Macchiato Glas in einem Zug.
»Mach’s gut, Süße. Lass uns heute Abend weiterreden.
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