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Geliebte Widersacher 03 - Zaertlicher Winter

Geliebte Widersacher 03 - Zaertlicher Winter

Titel: Geliebte Widersacher 03 - Zaertlicher Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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Lachen, wie sie es eigentlich in dem hellen Läuten der Weihnachtsglocken zu hören erwartete. Es war nicht fair, dass ausgerechnet Dr. Jonas Grantham so lachen konnte. Dennoch folgte der Klang ihr, und sie sah noch im Geiste, wie er dagestanden hatte, den Kopf in den Nacken geworfen – bis der Wind auf der Straße sein Lachen verwehte.

Kapitel Drei

    N ACH DEM T REFFEN BEGAB SICH J ONAS nicht zu seinem komfortablen Haus in Belvoir Street, sondern wählte den viel weiteren Weg in einen anderen Stadtteil. Die Fosse Road hinauf suchte er sich vorsichtig seinen Weg auf dem eisglatten Pflaster. Die Häuser wurden kleiner und bescheidener, je weiter er sich von der Stadtmitte entfernte. In einer Reihe zusammengezwängt standen sie dicht an dicht: erst vierstöckige Gebäude, dann dreistöckige und schließlich flache zweistöckige Häuschen, die von Ziegelmauern umgeben waren, die nur winzige Küchengärten erlaubten.
    Die einzige Unterbrechung der Tristesse dieser kleinen bedrückenden Behausungen war ein Platz trockener Erde, eingezäunt von einer niedrigen Steinmauer. Im Sommer diente er als Park, in dem Kinder spielten. Im Winter, wenn es kalt war, lag er meist verlassen. In der Mitte war vor ein paar Jahren ein einfaches Podest mit Dach errichtet worden, das auf drei Seiten von Wänden umgeben war und vor dem hölzerne Bänke standen, sodass es eine behelfsmäßige Bühne abgab. Es wurde gelegentlich für Aufführungen benutzt, meistens von Laien oder Kindern. Die Mauern um die Bühne herum waren vor Langem verputzt worden, sodass sie in schmutzigem Weiß die Eintönigkeit des Drecks unterbrachen.
    Jetzt gerade waren ein paar Männer damit beschäftigt, einen Tannenbaum darin aufzustellen, der viel zu hoch war – er passte kaum unter das Dach. Es war ein Monster von einem Baum, vielleicht sechzehn oder siebzehn Fuß hoch, und Gelächter erklang, während die Männer ihn aufrichteten.
    Julklötze und Stechpalmen, die Weihnachtstraditionen aus Jonas' Kindheit, waren aus der Mode geraten, während sich die deutschen Bräuche, die der verstorbene Prinz Albert ins Land gebracht hatte, wachsender Beliebtheit erfreuten. Für seinen Geschmack war der Baum zu groß, fiel zu sehr ins Auge, fast aufdringlich. Wenn die Tanne erst einmal mit Glaskugeln und Holzsternen geschmückt war, würde sie sich in etwas verwandeln, was sich fremd anfühlte. Irgendwie sorgte es dafür, dass er sich von der Freude der nahe Festtage ausgeschlossen fühlte. Vielleicht war es trotzdem noch Weihnachten, wenn es Bäume statt Stechpalmenzweigen gab, wenn Boxing-Day dem Besuch des Christkindes wich, wenn die Geschenke schon Heiligabend und nicht erst am ersten Weihnachtstag ausgepackt wurden, aber ihm kam es nicht mehr so vor.
    Es würde nie wieder dasselbe sein, nicht ohne seinen Vater, der um sechs Uhr morgens Glöckchen an seiner Schlafzimmertür läutete. Nicht ohne seinen Vater, der sich Handschuhe anzog und ihn mit vor die Tür zerrte, um sich den Schnee anzusehen – wenn es welchen gab – oder ihm die Landschaft zu zeigen. Dieses Weihnachten versprach nichts von den Sachen, an die er sich aus seiner Kindheit erinnerte. Sein Vater konnte sein Bett nicht länger verlassen, und Jonas war sich nicht sicher, ob er es ertrug, die Glöckchen zu hören, wenn er wusste, dass sein Vater sie nicht läutete. Er wandte den Blick ab, weg von dem Baum und den Männern, die ihn aufstellten, und von den Frauen, die zuschauten und unter viel Gelächter Becher mit dampfendem Inhalt herumreichten. Sie standen nur dreißig Schritt entfernt, aber es fühlte sich an wie eine Meile.
    Das Haus, das er suchte, stand an der nächsten Ecke. Eine dünne Rauchsäule stieg aus dem Schornstein auf. Der Vorgarten bestand aus Matsch, Steinen und verwelktem Unkraut. Als Jonas das Eisentor öffnete, hielt er nach einem anderen Lebenszeichen als dem Rauch Ausschau. Aber die Vorhänge waren wie immer zugezogen.
    Er bückte sich, hob ein zerknülltes Stück Papier auf, das der Wind durch das Tor geweht hatte, und ballte es zusammen, um es später wegzuwerfen.
    Dann klopfte er an die Tür.
    Wie immer dauerte es mehrere Minuten, bis jemand auf sein Klopfen reagierte.
    Das Stück Papier war nass und schmutzig, und seine Hände waren kalt. In letzter Zeit waren seine Hände immer kalt. Er rieb sie aneinander, um sie zu wärmen, erinnerte sich aber im letzten Moment daran, dass er nicht in sie blasen sollte. Er wollte gerade wieder anklopfen, als die Tür schließlich doch

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